Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.Wand. "Es ist eben hier alles viel zu klein für ein Atelier," sagte der Maler, als wolle er einem Tadel K.s zuvorkommen. "Ich mußte mich einrichten so gut es ging. Das Bett vor der Tür steht natürlich an einem sehr schlechten Platz. Der Richter z. B., den ich jetzt male, kommt immer durch die Tür beim Bett und ich habe ihm auch einen Schlüssel von dieser Tür gegeben, damit er, auch wenn ich nicht zu Hause bin, hier im Atelier auf mich warten kann. Nun kommt er aber gewöhnlich früh am Morgen, während ich noch schlafe. Es reißt mich natürlich immer aus dem tiefsten Schlaf, wenn sich neben dem Bett die Türe öffnet. Sie würden jede Ehrfurcht vor den Richtern verlieren, wenn Sie die Flüche hören würden, mit denen ich ihn empfange, wenn er früh über mein Bett steigt. Ich könnte ihm allerdings den Schlüssel wegnehmen, aber es würde dadurch nur ärger werden. Man kann hier alle Türen mit der geringsten Anstrengung aus den Angeln brechen." Während dieser ganzen Rede überlegte K., ob er den Rock ausziehn sollte, er sah aber schließlich ein, daß er, wenn er es nicht tat, unfähig war, hier noch länger zu bleiben, er zog daher den Rock Wand. „Es ist eben hier alles viel zu klein für ein Atelier,“ sagte der Maler, als wolle er einem Tadel K.s zuvorkommen. „Ich mußte mich einrichten so gut es ging. Das Bett vor der Tür steht natürlich an einem sehr schlechten Platz. Der Richter z. B., den ich jetzt male, kommt immer durch die Tür beim Bett und ich habe ihm auch einen Schlüssel von dieser Tür gegeben, damit er, auch wenn ich nicht zu Hause bin, hier im Atelier auf mich warten kann. Nun kommt er aber gewöhnlich früh am Morgen, während ich noch schlafe. Es reißt mich natürlich immer aus dem tiefsten Schlaf, wenn sich neben dem Bett die Türe öffnet. Sie würden jede Ehrfurcht vor den Richtern verlieren, wenn Sie die Flüche hören würden, mit denen ich ihn empfange, wenn er früh über mein Bett steigt. Ich könnte ihm allerdings den Schlüssel wegnehmen, aber es würde dadurch nur ärger werden. Man kann hier alle Türen mit der geringsten Anstrengung aus den Angeln brechen.“ Während dieser ganzen Rede überlegte K., ob er den Rock ausziehn sollte, er sah aber schließlich ein, daß er, wenn er es nicht tat, unfähig war, hier noch länger zu bleiben, er zog daher den Rock <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0274" n="272"/> Wand. „Es ist eben hier alles viel zu klein für ein Atelier,“ sagte der Maler, als wolle er einem Tadel K.s zuvorkommen. „Ich mußte mich einrichten so gut es ging. Das Bett vor der Tür steht natürlich an einem sehr schlechten Platz. Der Richter z. B., den ich jetzt male, kommt immer durch die Tür beim Bett und ich habe ihm auch einen Schlüssel von dieser Tür gegeben, damit er, auch wenn ich nicht zu Hause bin, hier im Atelier auf mich warten kann. Nun kommt er aber gewöhnlich früh am Morgen, während ich noch schlafe. Es reißt mich natürlich immer aus dem tiefsten Schlaf, wenn sich neben dem Bett die Türe öffnet. Sie würden jede Ehrfurcht vor den Richtern verlieren, wenn Sie die Flüche hören würden, mit denen ich ihn empfange, wenn er früh über mein Bett steigt. Ich könnte ihm allerdings den Schlüssel wegnehmen, aber es würde dadurch nur ärger werden. Man kann hier alle Türen mit der geringsten Anstrengung aus den Angeln brechen.“ Während dieser ganzen Rede überlegte K., ob er den Rock ausziehn sollte, er sah aber schließlich ein, daß er, wenn er es nicht tat, unfähig war, hier noch länger zu bleiben, er zog daher den Rock </p> </div> </body> </text> </TEI> [272/0274]
Wand. „Es ist eben hier alles viel zu klein für ein Atelier,“ sagte der Maler, als wolle er einem Tadel K.s zuvorkommen. „Ich mußte mich einrichten so gut es ging. Das Bett vor der Tür steht natürlich an einem sehr schlechten Platz. Der Richter z. B., den ich jetzt male, kommt immer durch die Tür beim Bett und ich habe ihm auch einen Schlüssel von dieser Tür gegeben, damit er, auch wenn ich nicht zu Hause bin, hier im Atelier auf mich warten kann. Nun kommt er aber gewöhnlich früh am Morgen, während ich noch schlafe. Es reißt mich natürlich immer aus dem tiefsten Schlaf, wenn sich neben dem Bett die Türe öffnet. Sie würden jede Ehrfurcht vor den Richtern verlieren, wenn Sie die Flüche hören würden, mit denen ich ihn empfange, wenn er früh über mein Bett steigt. Ich könnte ihm allerdings den Schlüssel wegnehmen, aber es würde dadurch nur ärger werden. Man kann hier alle Türen mit der geringsten Anstrengung aus den Angeln brechen.“ Während dieser ganzen Rede überlegte K., ob er den Rock ausziehn sollte, er sah aber schließlich ein, daß er, wenn er es nicht tat, unfähig war, hier noch länger zu bleiben, er zog daher den Rock
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