Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.Rechtswissenschaften schien K. ungemein beruhigend. "Gewiß," sagte der Kaufmann und flüsterte dann K. zu: "Man sagt sogar, daß er in diesen Rechtssachen tüchtiger ist als in den andern." Aber dann schien er das Gesagte zu bereuen, er legte K. eine Hand auf die Schulter und sagte: "Ich bitte Sie sehr, verraten Sie mich nicht." K. klopfte ihm zur Beruhigung auf den Schenkel und sagte: "Nein, ich bin kein Verräter." "Er ist nämlich rachsüchtig," sagte der Kaufmann. "Gegen einen so treuen Klienten wird er gewiß nichts tun," sagte K. "O doch," sagte der Kaufmann, "wenn er aufgeregt ist, kennt er keine Unterschiede, übrigens bin ich ihm nicht eigentlich treu." "Wieso denn nicht?" fragte K. "Soll ich es Ihnen anvertrauen," fragte der Kaufmann zweifelnd. "Ich denke, Sie dürfen es," sagte K. "Nun," sagte der Kaufmann, "ich werde es Ihnen zum Teil anvertrauen, Sie müssen mir aber auch ein Geheimnis sagen, damit wir uns gegenüber dem Advokaten gegenseitig festhalten." "Sie sind sehr vorsichtig," sagte K., "aber ich werde Ihnen ein Geheimnis sagen, das Sie vollständig beruhigen wird. Worin besteht also Ihre Untreue Rechtswissenschaften schien K. ungemein beruhigend. „Gewiß,“ sagte der Kaufmann und flüsterte dann K. zu: „Man sagt sogar, daß er in diesen Rechtssachen tüchtiger ist als in den andern.“ Aber dann schien er das Gesagte zu bereuen, er legte K. eine Hand auf die Schulter und sagte: „Ich bitte Sie sehr, verraten Sie mich nicht.“ K. klopfte ihm zur Beruhigung auf den Schenkel und sagte: „Nein, ich bin kein Verräter.“ „Er ist nämlich rachsüchtig,“ sagte der Kaufmann. „Gegen einen so treuen Klienten wird er gewiß nichts tun,“ sagte K. „O doch,“ sagte der Kaufmann, „wenn er aufgeregt ist, kennt er keine Unterschiede, übrigens bin ich ihm nicht eigentlich treu.“ „Wieso denn nicht?“ fragte K. „Soll ich es Ihnen anvertrauen,“ fragte der Kaufmann zweifelnd. „Ich denke, Sie dürfen es,“ sagte K. „Nun,“ sagte der Kaufmann, „ich werde es Ihnen zum Teil anvertrauen, Sie müssen mir aber auch ein Geheimnis sagen, damit wir uns gegenüber dem Advokaten gegenseitig festhalten.“ „Sie sind sehr vorsichtig,“ sagte K., „aber ich werde Ihnen ein Geheimnis sagen, das Sie vollständig beruhigen wird. Worin besteht also Ihre Untreue <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0303" n="301"/> Rechtswissenschaften schien K. ungemein beruhigend. „Gewiß,“ sagte der Kaufmann und flüsterte dann K. zu: „Man sagt sogar, daß er in diesen Rechtssachen tüchtiger ist als in den andern.“ Aber dann schien er das Gesagte zu bereuen, er legte K. eine Hand auf die Schulter und sagte: „Ich bitte Sie sehr, verraten Sie mich nicht.“ K. klopfte ihm zur Beruhigung auf den Schenkel und sagte: „Nein, ich bin kein Verräter.“ „Er ist nämlich rachsüchtig,“ sagte der Kaufmann. „Gegen einen so treuen Klienten wird er gewiß nichts tun,“ sagte K. „O doch,“ sagte der Kaufmann, „wenn er aufgeregt ist, kennt er keine Unterschiede, übrigens bin ich ihm nicht eigentlich treu.“ „Wieso denn nicht?“ fragte K. „Soll ich es Ihnen anvertrauen,“ fragte der Kaufmann zweifelnd. „Ich denke, Sie dürfen es,“ sagte K. „Nun,“ sagte der Kaufmann, „ich werde es Ihnen zum Teil anvertrauen, Sie müssen mir aber auch ein Geheimnis sagen, damit wir uns gegenüber dem Advokaten gegenseitig festhalten.“ „Sie sind sehr vorsichtig,“ sagte K., „aber ich werde Ihnen ein Geheimnis sagen, das Sie vollständig beruhigen wird. Worin besteht also Ihre Untreue </p> </div> </body> </text> </TEI> [301/0303]
Rechtswissenschaften schien K. ungemein beruhigend. „Gewiß,“ sagte der Kaufmann und flüsterte dann K. zu: „Man sagt sogar, daß er in diesen Rechtssachen tüchtiger ist als in den andern.“ Aber dann schien er das Gesagte zu bereuen, er legte K. eine Hand auf die Schulter und sagte: „Ich bitte Sie sehr, verraten Sie mich nicht.“ K. klopfte ihm zur Beruhigung auf den Schenkel und sagte: „Nein, ich bin kein Verräter.“ „Er ist nämlich rachsüchtig,“ sagte der Kaufmann. „Gegen einen so treuen Klienten wird er gewiß nichts tun,“ sagte K. „O doch,“ sagte der Kaufmann, „wenn er aufgeregt ist, kennt er keine Unterschiede, übrigens bin ich ihm nicht eigentlich treu.“ „Wieso denn nicht?“ fragte K. „Soll ich es Ihnen anvertrauen,“ fragte der Kaufmann zweifelnd. „Ich denke, Sie dürfen es,“ sagte K. „Nun,“ sagte der Kaufmann, „ich werde es Ihnen zum Teil anvertrauen, Sie müssen mir aber auch ein Geheimnis sagen, damit wir uns gegenüber dem Advokaten gegenseitig festhalten.“ „Sie sind sehr vorsichtig,“ sagte K., „aber ich werde Ihnen ein Geheimnis sagen, das Sie vollständig beruhigen wird. Worin besteht also Ihre Untreue
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