Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

Bild:
<< vorherige Seite

die sich damit beschäftigten, Photographien, Eigentum der Dame, zu betasten und in Unordnung zu bringen. Die Anwesenheit dieser Angestellten hatte natürlich noch einen andern Zweck, sie sollten, ebenso wie meine Vermieterin und ihr Dienstmädchen, die Nachricht von meiner Verhaftung verbreiten, mein öffentliches Ansehen schädigen und insbesondere in der Bank meine Stellung erschüttern. Nun ist nichts davon, auch nicht im geringsten, gelungen, selbst meine Vermieterin, eine ganz einfache Person - ich will ihren Namen hier in ehrendem Sinne nennen, sie heißt Frau Grubach - selbst Frau Grubach war verständig genug einzusehen, daß eine solche Verhaftung nicht mehr bedeutet als ein Anschlag, den nicht genügend beaufsichtigte Jungen auf der Gasse ausführen. Ich wiederhole, mir hat das Ganze nur Unannehmlichkeiten und vorübergehenden Ärger bereitet, hätte es aber nicht auch schlimmere Folgen haben können?"

Als K. sich hier unterbrach und nach dem stillen Untersuchungsrichter hinsah, glaubte er zu bemerken, daß dieser gerade mit einem Blick jemandem in der Menge ein Zeichen gab. K. lächelte und

die sich damit beschäftigten, Photographien, Eigentum der Dame, zu betasten und in Unordnung zu bringen. Die Anwesenheit dieser Angestellten hatte natürlich noch einen andern Zweck, sie sollten, ebenso wie meine Vermieterin und ihr Dienstmädchen, die Nachricht von meiner Verhaftung verbreiten, mein öffentliches Ansehen schädigen und insbesondere in der Bank meine Stellung erschüttern. Nun ist nichts davon, auch nicht im geringsten, gelungen, selbst meine Vermieterin, eine ganz einfache Person – ich will ihren Namen hier in ehrendem Sinne nennen, sie heißt Frau Grubach – selbst Frau Grubach war verständig genug einzusehen, daß eine solche Verhaftung nicht mehr bedeutet als ein Anschlag, den nicht genügend beaufsichtigte Jungen auf der Gasse ausführen. Ich wiederhole, mir hat das Ganze nur Unannehmlichkeiten und vorübergehenden Ärger bereitet, hätte es aber nicht auch schlimmere Folgen haben können?“

Als K. sich hier unterbrach und nach dem stillen Untersuchungsrichter hinsah, glaubte er zu bemerken, daß dieser gerade mit einem Blick jemandem in der Menge ein Zeichen gab. K. lächelte und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="76"/>
die sich damit beschäftigten, Photographien, Eigentum der Dame, zu betasten und in Unordnung zu bringen. Die Anwesenheit dieser Angestellten hatte natürlich noch einen andern Zweck, sie sollten, ebenso wie meine Vermieterin und ihr Dienstmädchen, die Nachricht von meiner Verhaftung verbreiten, mein öffentliches Ansehen schädigen und insbesondere in der Bank meine Stellung erschüttern. Nun ist nichts davon, auch nicht im geringsten, gelungen, selbst meine Vermieterin, eine ganz einfache Person &#x2013; ich will ihren Namen hier in ehrendem Sinne nennen, sie heißt Frau Grubach &#x2013; selbst Frau Grubach war verständig genug einzusehen, daß eine solche Verhaftung nicht mehr bedeutet als ein Anschlag, den nicht genügend beaufsichtigte Jungen auf der Gasse ausführen. Ich wiederhole, mir hat das Ganze nur Unannehmlichkeiten und vorübergehenden Ärger bereitet, hätte es aber nicht auch schlimmere Folgen haben können?&#x201C;</p>
        <p>Als K. sich hier unterbrach und nach dem stillen Untersuchungsrichter hinsah, glaubte er zu bemerken, daß dieser gerade mit einem Blick jemandem in der Menge ein Zeichen gab. K. lächelte und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0078] die sich damit beschäftigten, Photographien, Eigentum der Dame, zu betasten und in Unordnung zu bringen. Die Anwesenheit dieser Angestellten hatte natürlich noch einen andern Zweck, sie sollten, ebenso wie meine Vermieterin und ihr Dienstmädchen, die Nachricht von meiner Verhaftung verbreiten, mein öffentliches Ansehen schädigen und insbesondere in der Bank meine Stellung erschüttern. Nun ist nichts davon, auch nicht im geringsten, gelungen, selbst meine Vermieterin, eine ganz einfache Person – ich will ihren Namen hier in ehrendem Sinne nennen, sie heißt Frau Grubach – selbst Frau Grubach war verständig genug einzusehen, daß eine solche Verhaftung nicht mehr bedeutet als ein Anschlag, den nicht genügend beaufsichtigte Jungen auf der Gasse ausführen. Ich wiederhole, mir hat das Ganze nur Unannehmlichkeiten und vorübergehenden Ärger bereitet, hätte es aber nicht auch schlimmere Folgen haben können?“ Als K. sich hier unterbrach und nach dem stillen Untersuchungsrichter hinsah, glaubte er zu bemerken, daß dieser gerade mit einem Blick jemandem in der Menge ein Zeichen gab. K. lächelte und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-28T19:24:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-28T19:24:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat (2012-11-28T19:24:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Trennungen am Zeilen- und am Seitenende werden aufgelöst, der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/78
Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/78>, abgerufen am 25.11.2024.