Wirst du so jung als jetzt, von deinem Tod gleich weit, Gleich ewig kunftig seyn, wie heut.
v. Haller.
O glücklich wenn sie unter dem Tumult der Elemente und den Träumen der Natur jederzeit auf eine Höhe gesetzet ist, von da sie die Verhee- rungen, die die Hinfälligkeit den Dingen der Welt verursacht, gleichsam unter ihren Füssen kan vorbey rauschen sehen. Eine Glückseligkeit, welche die Ver- nunft nicht einmal zu erwünschen sich erkühnen darf, lehret uns die Offenbarung mit Ueberzeugung hoffen. Wenn denn die Fesseln, welche uns an die Eitelkeit der Creaturen geknüpft halten, in dem Augenblicke, wel- cher zu der Verwandelung unsers Wesens bestimmt worden, abgefallen seyn, so wird der unsterbli- che Geist von der Abhängigkeit der endlichen Dinge befreyet, in der Gemeinschaft mit dem unendlichen Wesen, den Genuß der wahren Glückseligkeit fin- den. Die ganze Natur, welche eine allgemeine harmonische Beziehung zu dem Wohlgefallen der Gottheit hat, kan diejenige vernünftige Creatur nicht anders als mit immerwährender Zufrieden- heit erfüllen, die sich mit dieser Urquelle aller Voll- kommenheit vereint befindet. Die Natur von die- sem Mittelpunkte aus gesehen, wird von allen Sei- ten lauter Sicherheit, lauter Wohlanständigkeit zeigen. Die veränderlichen Scenen der Natur ver- mögen nicht, den Ruhestand der Glückseligkeit ei- nes Geistes zu verrücken, der einmal zu solcher
Höhe
und Theorie des Himmels.
Wirſt du ſo jung als jetzt, von deinem Tod gleich weit, Gleich ewig kunftig ſeyn, wie heut.
v. Haller.
O gluͤcklich wenn ſie unter dem Tumult der Elemente und den Traͤumen der Natur jederzeit auf eine Hoͤhe geſetzet iſt, von da ſie die Verhee- rungen, die die Hinfaͤlligkeit den Dingen der Welt verurſacht, gleichſam unter ihren Fuͤſſen kan vorbey rauſchen ſehen. Eine Gluͤckſeligkeit, welche die Ver- nunft nicht einmal zu erwuͤnſchen ſich erkuͤhnen darf, lehret uns die Offenbarung mit Ueberzeugung hoffen. Wenn denn die Feſſeln, welche uns an die Eitelkeit der Creaturen geknuͤpft halten, in dem Augenblicke, wel- cher zu der Verwandelung unſers Weſens beſtimmt worden, abgefallen ſeyn, ſo wird der unſterbli- che Geiſt von der Abhaͤngigkeit der endlichen Dinge befreyet, in der Gemeinſchaft mit dem unendlichen Weſen, den Genuß der wahren Gluͤckſeligkeit fin- den. Die ganze Natur, welche eine allgemeine harmoniſche Beziehung zu dem Wohlgefallen der Gottheit hat, kan diejenige vernuͤnftige Creatur nicht anders als mit immerwaͤhrender Zufrieden- heit erfuͤllen, die ſich mit dieſer Urquelle aller Voll- kommenheit vereint befindet. Die Natur von die- ſem Mittelpunkte aus geſehen, wird von allen Sei- ten lauter Sicherheit, lauter Wohlanſtaͤndigkeit zeigen. Die veraͤnderlichen Scenen der Natur ver- moͤgen nicht, den Ruheſtand der Gluͤckſeligkeit ei- nes Geiſtes zu verruͤcken, der einmal zu ſolcher
Hoͤhe
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und Theorie des Himmels.
Wirſt du ſo jung als jetzt, von deinem Tod
gleich weit,
Gleich ewig kunftig ſeyn, wie heut.
v. Haller.
O gluͤcklich wenn ſie unter dem Tumult der
Elemente und den Traͤumen der Natur jederzeit
auf eine Hoͤhe geſetzet iſt, von da ſie die Verhee-
rungen, die die Hinfaͤlligkeit den Dingen der Welt
verurſacht, gleichſam unter ihren Fuͤſſen kan vorbey
rauſchen ſehen. Eine Gluͤckſeligkeit, welche die Ver-
nunft nicht einmal zu erwuͤnſchen ſich erkuͤhnen darf,
lehret uns die Offenbarung mit Ueberzeugung hoffen.
Wenn denn die Feſſeln, welche uns an die Eitelkeit der
Creaturen geknuͤpft halten, in dem Augenblicke, wel-
cher zu der Verwandelung unſers Weſens beſtimmt
worden, abgefallen ſeyn, ſo wird der unſterbli-
che Geiſt von der Abhaͤngigkeit der endlichen Dinge
befreyet, in der Gemeinſchaft mit dem unendlichen
Weſen, den Genuß der wahren Gluͤckſeligkeit fin-
den. Die ganze Natur, welche eine allgemeine
harmoniſche Beziehung zu dem Wohlgefallen der
Gottheit hat, kan diejenige vernuͤnftige Creatur
nicht anders als mit immerwaͤhrender Zufrieden-
heit erfuͤllen, die ſich mit dieſer Urquelle aller Voll-
kommenheit vereint befindet. Die Natur von die-
ſem Mittelpunkte aus geſehen, wird von allen Sei-
ten lauter Sicherheit, lauter Wohlanſtaͤndigkeit
zeigen. Die veraͤnderlichen Scenen der Natur ver-
moͤgen nicht, den Ruheſtand der Gluͤckſeligkeit ei-
nes Geiſtes zu verruͤcken, der einmal zu ſolcher
Hoͤhe
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Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/195>, abgerufen am 16.02.2025.
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