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Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.

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und Theorie des Himmels.
higkeit der Natur zu beweisen, vor eine Wirkung
zur Ueberführung des Epikurers thun. Wenn die
Naturen der Dinge, durch die ewigen Gesetze ihrer
Wesen, nichts als Unordnung und Ungereimtheit
zuwege bringen; so werden sie eben dadurch den
Charakter ihrer Unabhängigkeit von GOtt bewei-
sen: und was vor einen Begriff wird man sich von
einer Gottheit machen können, welcher die allge-
meinen Naturgesetze nur durch eine Art von Zwange
gehorchen, und an und vor sich dessen weisesten Ent-
würfen widerstreiten? Wird der Feind der Vor-
sehung nicht eben so viel Siege über diese falschen
Grundsätze davon tragen, als er Uebereinstimmun-
gen aufweisen kan, welche die allgemeinen Wirkungs-
gesetze der Natur, ohne alle besondere Einschrän-
kungen, hervorbringen? und wird es ihm wohl an
solchen Beyspielen fehlen können? Dagegen lasset
uns mit grösserer Anständigkeit und Richtigkeit also
schliessen: Die Natur, ihren allgemeinen Eigen-
schaften überlassen, ist an lauter schönen und voll-
kommenen Früchten fruchtbar, welche nicht allein
an sich Uebereinstimmung und Treflichkeit zeigen,
sondern auch mit dem ganzen Umfange ihrer We-
sen, mit dem Nutzen der Menschen, und der Ver-
herrlichung der göttlichen Eigenschaften, wohl har-
moniren. Hieraus folget, daß ihre wesentlichen Ei-
genschaften keine unabhängige Nothwendigkeit ha-
ben können; sondern, daß sie ihren Ursprung in ei-
nem eiuzigen Verstande, als dem Grunde und der
Quelle aller Wesen, haben müssen, in welchem sie,
unter, gemeinschaftlichen Beziehungen, entworfen

sind.
K 2

und Theorie des Himmels.
higkeit der Natur zu beweiſen, vor eine Wirkung
zur Ueberfuͤhrung des Epikurers thun. Wenn die
Naturen der Dinge, durch die ewigen Geſetze ihrer
Weſen, nichts als Unordnung und Ungereimtheit
zuwege bringen; ſo werden ſie eben dadurch den
Charakter ihrer Unabhaͤngigkeit von GOtt bewei-
ſen: und was vor einen Begriff wird man ſich von
einer Gottheit machen koͤnnen, welcher die allge-
meinen Naturgeſetze nur durch eine Art von Zwange
gehorchen, und an und vor ſich deſſen weiſeſten Ent-
wuͤrfen widerſtreiten? Wird der Feind der Vor-
ſehung nicht eben ſo viel Siege uͤber dieſe falſchen
Grundſaͤtze davon tragen, als er Uebereinſtimmun-
gen aufweiſen kan, welche die allgemeinen Wirkungs-
geſetze der Natur, ohne alle beſondere Einſchraͤn-
kungen, hervorbringen? und wird es ihm wohl an
ſolchen Beyſpielen fehlen koͤnnen? Dagegen laſſet
uns mit groͤſſerer Anſtaͤndigkeit und Richtigkeit alſo
ſchlieſſen: Die Natur, ihren allgemeinen Eigen-
ſchaften uͤberlaſſen, iſt an lauter ſchoͤnen und voll-
kommenen Fruͤchten fruchtbar, welche nicht allein
an ſich Uebereinſtimmung und Treflichkeit zeigen,
ſondern auch mit dem ganzen Umfange ihrer We-
ſen, mit dem Nutzen der Menſchen, und der Ver-
herrlichung der goͤttlichen Eigenſchaften, wohl har-
moniren. Hieraus folget, daß ihre weſentlichen Ei-
genſchaften keine unabhaͤngige Nothwendigkeit ha-
ben koͤnnen; ſondern, daß ſie ihren Urſprung in ei-
nem eiuzigen Verſtande, als dem Grunde und der
Quelle aller Weſen, haben muͤſſen, in welchem ſie,
unter, gemeinſchaftlichen Beziehungen, entworfen

ſind.
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[147/0215] und Theorie des Himmels. higkeit der Natur zu beweiſen, vor eine Wirkung zur Ueberfuͤhrung des Epikurers thun. Wenn die Naturen der Dinge, durch die ewigen Geſetze ihrer Weſen, nichts als Unordnung und Ungereimtheit zuwege bringen; ſo werden ſie eben dadurch den Charakter ihrer Unabhaͤngigkeit von GOtt bewei- ſen: und was vor einen Begriff wird man ſich von einer Gottheit machen koͤnnen, welcher die allge- meinen Naturgeſetze nur durch eine Art von Zwange gehorchen, und an und vor ſich deſſen weiſeſten Ent- wuͤrfen widerſtreiten? Wird der Feind der Vor- ſehung nicht eben ſo viel Siege uͤber dieſe falſchen Grundſaͤtze davon tragen, als er Uebereinſtimmun- gen aufweiſen kan, welche die allgemeinen Wirkungs- geſetze der Natur, ohne alle beſondere Einſchraͤn- kungen, hervorbringen? und wird es ihm wohl an ſolchen Beyſpielen fehlen koͤnnen? Dagegen laſſet uns mit groͤſſerer Anſtaͤndigkeit und Richtigkeit alſo ſchlieſſen: Die Natur, ihren allgemeinen Eigen- ſchaften uͤberlaſſen, iſt an lauter ſchoͤnen und voll- kommenen Fruͤchten fruchtbar, welche nicht allein an ſich Uebereinſtimmung und Treflichkeit zeigen, ſondern auch mit dem ganzen Umfange ihrer We- ſen, mit dem Nutzen der Menſchen, und der Ver- herrlichung der goͤttlichen Eigenſchaften, wohl har- moniren. Hieraus folget, daß ihre weſentlichen Ei- genſchaften keine unabhaͤngige Nothwendigkeit ha- ben koͤnnen; ſondern, daß ſie ihren Urſprung in ei- nem eiuzigen Verſtande, als dem Grunde und der Quelle aller Weſen, haben muͤſſen, in welchem ſie, unter, gemeinſchaftlichen Beziehungen, entworfen ſind. K 2

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/215>, abgerufen am 27.11.2024.