Es ist also auch erlaubt, die Natur der Sinnen- welt als Typus einer intelligibelen Natur zu brau- chen, so lange ich nur nicht die Anschauungen, und was davon abhängig ist, auf diese übertrage, sondern blos die Form der Gesetzmäßigkeit überhaupt (deren Be- griff auch im reinsten Vernunftgebrauche stattfindet, aber in keiner anderen Absicht, als blos zum reinen prac- tischen Gebrauche der Vernunft, a priori bestimmt er- kannt werden kann,) darauf beziehe. Denn Gesetze, als solche, sind so fern einerley, sie mögen ihre Bestim- mungsgründe hernehmen, woher sie wollen.
Uebrigens, da von allem Intelligibelen schlechter- dings nichts als (vermittelst des moralischen Gesetzes) die Freyheit, und auch diese nur so fern sie eine von jenem unzertrennliche Voraussetzung ist, und ferner alle intelligibele Gegenstände, auf welche uns die Vernunft, nach Anleitung jenes Gesetzes, etwa noch führen möchte, wiederum für uns keine Realität weiter haben, als zum Behuf desselben Gesetzes und des Gebrauches der reinen practischen Vernunft, diese aber zum Typus der Ur- theilskraft die Natur (der reinen Verstandesform der- selben nach) zu gebrauchen berechtigt und auch benö- thigt ist: so dient die gegenwärtige Anmerkung dazu, um zu verhüten, daß, was blos zur Typik der Be- griffe gehört, nicht zu den Begriffen selbst gezählt wer- de. Diese also, als Typik der Urtheilskraft, bewahrt für dem Empirism der practischen Vernunft, der die
pra-
I. Th. I. B. II. Hauptſt. Von dem Begriffe
Es iſt alſo auch erlaubt, die Natur der Sinnen- welt als Typus einer intelligibelen Natur zu brau- chen, ſo lange ich nur nicht die Anſchauungen, und was davon abhaͤngig iſt, auf dieſe uͤbertrage, ſondern blos die Form der Geſetzmaͤßigkeit uͤberhaupt (deren Be- griff auch im reinſten Vernunftgebrauche ſtattfindet, aber in keiner anderen Abſicht, als blos zum reinen prac- tiſchen Gebrauche der Vernunft, a priori beſtimmt er- kannt werden kann,) darauf beziehe. Denn Geſetze, als ſolche, ſind ſo fern einerley, ſie moͤgen ihre Beſtim- mungsgruͤnde hernehmen, woher ſie wollen.
Uebrigens, da von allem Intelligibelen ſchlechter- dings nichts als (vermittelſt des moraliſchen Geſetzes) die Freyheit, und auch dieſe nur ſo fern ſie eine von jenem unzertrennliche Vorausſetzung iſt, und ferner alle intelligibele Gegenſtaͤnde, auf welche uns die Vernunft, nach Anleitung jenes Geſetzes, etwa noch fuͤhren moͤchte, wiederum fuͤr uns keine Realitaͤt weiter haben, als zum Behuf deſſelben Geſetzes und des Gebrauches der reinen practiſchen Vernunft, dieſe aber zum Typus der Ur- theilskraft die Natur (der reinen Verſtandesform der- ſelben nach) zu gebrauchen berechtigt und auch benoͤ- thigt iſt: ſo dient die gegenwaͤrtige Anmerkung dazu, um zu verhuͤten, daß, was blos zur Typik der Be- griffe gehoͤrt, nicht zu den Begriffen ſelbſt gezaͤhlt wer- de. Dieſe alſo, als Typik der Urtheilskraft, bewahrt fuͤr dem Empirism der practiſchen Vernunft, der die
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I. Th. I. B. II. Hauptſt. Von dem Begriffe
Es iſt alſo auch erlaubt, die Natur der Sinnen-
welt als Typus einer intelligibelen Natur zu brau-
chen, ſo lange ich nur nicht die Anſchauungen, und was
davon abhaͤngig iſt, auf dieſe uͤbertrage, ſondern blos
die Form der Geſetzmaͤßigkeit uͤberhaupt (deren Be-
griff auch im reinſten Vernunftgebrauche ſtattfindet,
aber in keiner anderen Abſicht, als blos zum reinen prac-
tiſchen Gebrauche der Vernunft, a priori beſtimmt er-
kannt werden kann,) darauf beziehe. Denn Geſetze, als
ſolche, ſind ſo fern einerley, ſie moͤgen ihre Beſtim-
mungsgruͤnde hernehmen, woher ſie wollen.
Uebrigens, da von allem Intelligibelen ſchlechter-
dings nichts als (vermittelſt des moraliſchen Geſetzes)
die Freyheit, und auch dieſe nur ſo fern ſie eine von
jenem unzertrennliche Vorausſetzung iſt, und ferner alle
intelligibele Gegenſtaͤnde, auf welche uns die Vernunft,
nach Anleitung jenes Geſetzes, etwa noch fuͤhren moͤchte,
wiederum fuͤr uns keine Realitaͤt weiter haben, als zum
Behuf deſſelben Geſetzes und des Gebrauches der reinen
practiſchen Vernunft, dieſe aber zum Typus der Ur-
theilskraft die Natur (der reinen Verſtandesform der-
ſelben nach) zu gebrauchen berechtigt und auch benoͤ-
thigt iſt: ſo dient die gegenwaͤrtige Anmerkung dazu,
um zu verhuͤten, daß, was blos zur Typik der Be-
griffe gehoͤrt, nicht zu den Begriffen ſelbſt gezaͤhlt wer-
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Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/132>, abgerufen am 16.02.2025.
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