Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.I. Th. I. B. I. Hauptst. Von den Grundsätzen stellungen der Gegenstände mögen noch so ungleichartig, siemögen Verstandes-, selbst Vernunftvorstellungen im Gegensatze der Vorstellungen der Sinne seyn, so ist doch das Gefühl der Lust, wodurch jene doch eigentlich nur den Bestimmungsgrund des Willens ausmachen, (die Annehmlichkeit, das Vergnügen, das man davon erwartet, welches die Thätigkeit zur Hervor- bringung des Objects antreibt,) nicht allein so fern von einer- ley Art, daß es jederzeit blos empirisch erkannt werden kann, sondern auch so fern, als er eine und dieselbe Lebenskraft, die sich im Begehrungsvermögen äußert, afficirt, und in dieser Beziehung von jedem anderen Bestimmungsgrunde in nichts, als dem Grade, verschieden seyn kann. Wie würde man son- sten zwischen zwey der Vorstellungsart nach gänzlich verschiede- nen Bestimmungsgründen eine Vergleichung der Größe nach anstellen können, um den, der am meisten das Begehrungs- vermögen afficirt, vorzuziehen? Eben derselbe Mensch kann ein ihm lehrreiches Buch, das ihm nur einmal zu Händen kommt, ungelesen zurückgeben, um die Jagd nicht zu versäu- men, in der Mitte einer schönen Rede weggehen, um zur Mahlzeit nicht zu spät zu kommen, eine Unterhaltung durch vernünftige Gespräche, die er sonst sehr schätzt, verlassen, um sich an den Spieltisch zu setzen, so gar einen Armen, dem wohlzuthun ihm sonst Freude ist, abweisen, weil er jetzt eben nicht mehr Geld in der Tasche hat, als er braucht, um den Eintritt in die Comödie zu bezahlen. Beruht die Wil- lensbestimmung auf dem Gefühle der Annehmlichkeit oder Unannehmlichkeit, die er aus irgend einer Ursache erwartet, so ist es ihm gänzlich einerley, durch welche Vorstellungsart er afficirt werde. Nur wie stark, wie lange, wie leicht er- worben und oft wiederholt, diese Annehmlichkeit sey, daran liegt es ihm, um sich zur Wahl zu entschließen. So wie dem- jenigen,
I. Th. I. B. I. Hauptſt. Von den Grundſaͤtzen ſtellungen der Gegenſtaͤnde moͤgen noch ſo ungleichartig, ſiemoͤgen Verſtandes-, ſelbſt Vernunftvorſtellungen im Gegenſatze der Vorſtellungen der Sinne ſeyn, ſo iſt doch das Gefuͤhl der Luſt, wodurch jene doch eigentlich nur den Beſtimmungsgrund des Willens ausmachen, (die Annehmlichkeit, das Vergnuͤgen, das man davon erwartet, welches die Thaͤtigkeit zur Hervor- bringung des Objects antreibt,) nicht allein ſo fern von einer- ley Art, daß es jederzeit blos empiriſch erkannt werden kann, ſondern auch ſo fern, als er eine und dieſelbe Lebenskraft, die ſich im Begehrungsvermoͤgen aͤußert, afficirt, und in dieſer Beziehung von jedem anderen Beſtimmungsgrunde in nichts, als dem Grade, verſchieden ſeyn kann. Wie wuͤrde man ſon- ſten zwiſchen zwey der Vorſtellungsart nach gaͤnzlich verſchiede- nen Beſtimmungsgruͤnden eine Vergleichung der Groͤße nach anſtellen koͤnnen, um den, der am meiſten das Begehrungs- vermoͤgen afficirt, vorzuziehen? Eben derſelbe Menſch kann ein ihm lehrreiches Buch, das ihm nur einmal zu Haͤnden kommt, ungeleſen zuruͤckgeben, um die Jagd nicht zu verſaͤu- men, in der Mitte einer ſchoͤnen Rede weggehen, um zur Mahlzeit nicht zu ſpaͤt zu kommen, eine Unterhaltung durch vernuͤnftige Geſpraͤche, die er ſonſt ſehr ſchaͤtzt, verlaſſen, um ſich an den Spieltiſch zu ſetzen, ſo gar einen Armen, dem wohlzuthun ihm ſonſt Freude iſt, abweiſen, weil er jetzt eben nicht mehr Geld in der Taſche hat, als er braucht, um den Eintritt in die Comoͤdie zu bezahlen. Beruht die Wil- lensbeſtimmung auf dem Gefuͤhle der Annehmlichkeit oder Unannehmlichkeit, die er aus irgend einer Urſache erwartet, ſo iſt es ihm gaͤnzlich einerley, durch welche Vorſtellungsart er afficirt werde. Nur wie ſtark, wie lange, wie leicht er- worben und oft wiederholt, dieſe Annehmlichkeit ſey, daran liegt es ihm, um ſich zur Wahl zu entſchließen. So wie dem- jenigen,
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I. Th. I. B. I. Hauptſt. Von den Grundſaͤtzen
ſtellungen der Gegenſtaͤnde moͤgen noch ſo ungleichartig, ſie
moͤgen Verſtandes-, ſelbſt Vernunftvorſtellungen im Gegenſatze
der Vorſtellungen der Sinne ſeyn, ſo iſt doch das Gefuͤhl der
Luſt, wodurch jene doch eigentlich nur den Beſtimmungsgrund
des Willens ausmachen, (die Annehmlichkeit, das Vergnuͤgen,
das man davon erwartet, welches die Thaͤtigkeit zur Hervor-
bringung des Objects antreibt,) nicht allein ſo fern von einer-
ley Art, daß es jederzeit blos empiriſch erkannt werden kann,
ſondern auch ſo fern, als er eine und dieſelbe Lebenskraft, die
ſich im Begehrungsvermoͤgen aͤußert, afficirt, und in dieſer
Beziehung von jedem anderen Beſtimmungsgrunde in nichts,
als dem Grade, verſchieden ſeyn kann. Wie wuͤrde man ſon-
ſten zwiſchen zwey der Vorſtellungsart nach gaͤnzlich verſchiede-
nen Beſtimmungsgruͤnden eine Vergleichung der Groͤße nach
anſtellen koͤnnen, um den, der am meiſten das Begehrungs-
vermoͤgen afficirt, vorzuziehen? Eben derſelbe Menſch kann
ein ihm lehrreiches Buch, das ihm nur einmal zu Haͤnden
kommt, ungeleſen zuruͤckgeben, um die Jagd nicht zu verſaͤu-
men, in der Mitte einer ſchoͤnen Rede weggehen, um zur
Mahlzeit nicht zu ſpaͤt zu kommen, eine Unterhaltung durch
vernuͤnftige Geſpraͤche, die er ſonſt ſehr ſchaͤtzt, verlaſſen, um
ſich an den Spieltiſch zu ſetzen, ſo gar einen Armen, dem
wohlzuthun ihm ſonſt Freude iſt, abweiſen, weil er jetzt
eben nicht mehr Geld in der Taſche hat, als er braucht, um
den Eintritt in die Comoͤdie zu bezahlen. Beruht die Wil-
lensbeſtimmung auf dem Gefuͤhle der Annehmlichkeit oder
Unannehmlichkeit, die er aus irgend einer Urſache erwartet,
ſo iſt es ihm gaͤnzlich einerley, durch welche Vorſtellungsart
er afficirt werde. Nur wie ſtark, wie lange, wie leicht er-
worben und oft wiederholt, dieſe Annehmlichkeit ſey, daran
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