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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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Vorrede.
hung zu betrachten und, obgleich diese Erörterung in
Ansehung meines Hauptzwecks von grosser Wichtig-
keit ist, so gehöret sie doch nicht wesentlich zu demsel-
ben; weil die Hauptfrage immer bleibt, was und wie
viel kan Verstand und Vernunft, frey von aller Er-
fahrung, erkennen und nicht, wie ist das Vermögen
zu Denken
selbst möglich? Da das leztere gleichsam
eine Aufsuchung der Ursache zu einer gegebenen Wir-
kung ist, und in so fern etwas einer Hypothese Aehn-
liches an sich hat (ob es gleich, wie ich bey anderer
Gelegenheit zeigen werde, sich in der That nicht so
verhält), so scheint es, als sey hier der Fall, da ich
mir die Erlaubniß nehme, zu meinen, und dem Leser
also auch frey stehen müsse, anders zu meinen. In
Betracht dessen muß ich dem Leser mit der Erinnerung
zuvorkommen: daß, im Fall meine subiective De-
duction nicht die ganze Ueberzeugung, die ich erwarte,
bey ihm gewirkt hätte, doch die obiective, um die es
mir hier vornemlich zu thun ist, ihre ganze Stärke be-
komme, wozu allenfals dasienige, was Seite 92 bis
93 gesagt wird, allein hinreichend seyn kan.

Was endlich die Deutlichkeit betrift, so hat der
Leser ein Recht, zuerst die discursive (logische) Deut-
lichkeit, durch Begriffe
, denn aber auch eine in-

tuiti-
b

Vorrede.
hung zu betrachten und, obgleich dieſe Eroͤrterung in
Anſehung meines Hauptzwecks von groſſer Wichtig-
keit iſt, ſo gehoͤret ſie doch nicht weſentlich zu demſel-
ben; weil die Hauptfrage immer bleibt, was und wie
viel kan Verſtand und Vernunft, frey von aller Er-
fahrung, erkennen und nicht, wie iſt das Vermoͤgen
zu Denken
ſelbſt moͤglich? Da das leztere gleichſam
eine Aufſuchung der Urſache zu einer gegebenen Wir-
kung iſt, und in ſo fern etwas einer Hypotheſe Aehn-
liches an ſich hat (ob es gleich, wie ich bey anderer
Gelegenheit zeigen werde, ſich in der That nicht ſo
verhaͤlt), ſo ſcheint es, als ſey hier der Fall, da ich
mir die Erlaubniß nehme, zu meinen, und dem Leſer
alſo auch frey ſtehen muͤſſe, anders zu meinen. In
Betracht deſſen muß ich dem Leſer mit der Erinnerung
zuvorkommen: daß, im Fall meine ſubiective De-
duction nicht die ganze Ueberzeugung, die ich erwarte,
bey ihm gewirkt haͤtte, doch die obiective, um die es
mir hier vornemlich zu thun iſt, ihre ganze Staͤrke be-
komme, wozu allenfals dasienige, was Seite 92 bis
93 geſagt wird, allein hinreichend ſeyn kan.

Was endlich die Deutlichkeit betrift, ſo hat der
Leſer ein Recht, zuerſt die diſcurſive (logiſche) Deut-
lichkeit, durch Begriffe
, denn aber auch eine in-

tuiti-
b
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[0023] Vorrede. hung zu betrachten und, obgleich dieſe Eroͤrterung in Anſehung meines Hauptzwecks von groſſer Wichtig- keit iſt, ſo gehoͤret ſie doch nicht weſentlich zu demſel- ben; weil die Hauptfrage immer bleibt, was und wie viel kan Verſtand und Vernunft, frey von aller Er- fahrung, erkennen und nicht, wie iſt das Vermoͤgen zu Denken ſelbſt moͤglich? Da das leztere gleichſam eine Aufſuchung der Urſache zu einer gegebenen Wir- kung iſt, und in ſo fern etwas einer Hypotheſe Aehn- liches an ſich hat (ob es gleich, wie ich bey anderer Gelegenheit zeigen werde, ſich in der That nicht ſo verhaͤlt), ſo ſcheint es, als ſey hier der Fall, da ich mir die Erlaubniß nehme, zu meinen, und dem Leſer alſo auch frey ſtehen muͤſſe, anders zu meinen. In Betracht deſſen muß ich dem Leſer mit der Erinnerung zuvorkommen: daß, im Fall meine ſubiective De- duction nicht die ganze Ueberzeugung, die ich erwarte, bey ihm gewirkt haͤtte, doch die obiective, um die es mir hier vornemlich zu thun iſt, ihre ganze Staͤrke be- komme, wozu allenfals dasienige, was Seite 92 bis 93 geſagt wird, allein hinreichend ſeyn kan. Was endlich die Deutlichkeit betrift, ſo hat der Leſer ein Recht, zuerſt die diſcurſive (logiſche) Deut- lichkeit, durch Begriffe, denn aber auch eine in- tuiti- b

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/23>, abgerufen am 21.11.2024.