puncte ein entgegengesezter im andern folgen könne, davon haben wir a priori nicht den mindesten Begriff. Hierzu wird die Kentniß wirklicher Kräfte erfordert, welche nur empirisch gegeben werden kan, z. B. der bewegenden Kräfte, oder, welches einerley ist, gewisser succeßiven Erscheinun- gen, (als Bewegungen) welche solche Kräfte anzeigen. Aber die Form einer ieden Veränderung, die Bedingung, unter welcher sie, als ein Entstehen eines andern Zustan- des, allein vorgehen kan, (der Inhalt derselben, d. i. der Zustand, der verändert wird, mag seyn, welcher er wolle) mithin die Succeßion der Zustände selbst (das Ge- schehene) kan doch nach dem Gesetze der Caussalität und den Bedingungen der Zeit a priori erwogen werden.*)
Wenn eine Substanz aus einem Zustande a in einen andern b übergeht, so ist der Zeitpunct des zweiten vom Zeitpuncte des ersteren Zustandes unterschieden, und folgt demselben. Eben so ist auch der zweite Zustand als Rea- lität (in der Erscheinung) vom ersteren, darin diese nicht war, wie b vom Zero unterschieden, d. i. wenn der Zu- stand b sich auch von dem Zustande a nur der Größe nach unterschiede, so ist die Veränderung ein Entstehen von
b--a,
*) Man merke wol: daß ich nicht von der Veränderung gewisser Relationen überhaupt, sondern von Veränderung des Zustandes rede. Daher, wenn ein Cörper sich gleich- förmig bewegt, so verändert er seinen Zustand (der Be- wegung) gar nicht, aber wol, wenn seine Bewegung zu- oder abnimt.
III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
puncte ein entgegengeſezter im andern folgen koͤnne, davon haben wir a priori nicht den mindeſten Begriff. Hierzu wird die Kentniß wirklicher Kraͤfte erfordert, welche nur empiriſch gegeben werden kan, z. B. der bewegenden Kraͤfte, oder, welches einerley iſt, gewiſſer ſucceßiven Erſcheinun- gen, (als Bewegungen) welche ſolche Kraͤfte anzeigen. Aber die Form einer ieden Veraͤnderung, die Bedingung, unter welcher ſie, als ein Entſtehen eines andern Zuſtan- des, allein vorgehen kan, (der Inhalt derſelben, d. i. der Zuſtand, der veraͤndert wird, mag ſeyn, welcher er wolle) mithin die Succeßion der Zuſtaͤnde ſelbſt (das Ge- ſchehene) kan doch nach dem Geſetze der Cauſſalitaͤt und den Bedingungen der Zeit a priori erwogen werden.*)
Wenn eine Subſtanz aus einem Zuſtande a in einen andern b uͤbergeht, ſo iſt der Zeitpunct des zweiten vom Zeitpuncte des erſteren Zuſtandes unterſchieden, und folgt demſelben. Eben ſo iſt auch der zweite Zuſtand als Rea- litaͤt (in der Erſcheinung) vom erſteren, darin dieſe nicht war, wie b vom Zero unterſchieden, d. i. wenn der Zu- ſtand b ſich auch von dem Zuſtande a nur der Groͤße nach unterſchiede, ſo iſt die Veraͤnderung ein Entſtehen von
b—a,
*) Man merke wol: daß ich nicht von der Veraͤnderung gewiſſer Relationen uͤberhaupt, ſondern von Veraͤnderung des Zuſtandes rede. Daher, wenn ein Coͤrper ſich gleich- foͤrmig bewegt, ſo veraͤndert er ſeinen Zuſtand (der Be- wegung) gar nicht, aber wol, wenn ſeine Bewegung zu- oder abnimt.
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III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
puncte ein entgegengeſezter im andern folgen koͤnne, davon
haben wir a priori nicht den mindeſten Begriff. Hierzu
wird die Kentniß wirklicher Kraͤfte erfordert, welche nur
empiriſch gegeben werden kan, z. B. der bewegenden Kraͤfte,
oder, welches einerley iſt, gewiſſer ſucceßiven Erſcheinun-
gen, (als Bewegungen) welche ſolche Kraͤfte anzeigen.
Aber die Form einer ieden Veraͤnderung, die Bedingung,
unter welcher ſie, als ein Entſtehen eines andern Zuſtan-
des, allein vorgehen kan, (der Inhalt derſelben, d. i.
der Zuſtand, der veraͤndert wird, mag ſeyn, welcher er
wolle) mithin die Succeßion der Zuſtaͤnde ſelbſt (das Ge-
ſchehene) kan doch nach dem Geſetze der Cauſſalitaͤt und
den Bedingungen der Zeit a priori erwogen werden. *)
Wenn eine Subſtanz aus einem Zuſtande a in einen
andern b uͤbergeht, ſo iſt der Zeitpunct des zweiten vom
Zeitpuncte des erſteren Zuſtandes unterſchieden, und folgt
demſelben. Eben ſo iſt auch der zweite Zuſtand als Rea-
litaͤt (in der Erſcheinung) vom erſteren, darin dieſe nicht
war, wie b vom Zero unterſchieden, d. i. wenn der Zu-
ſtand b ſich auch von dem Zuſtande a nur der Groͤße nach
unterſchiede, ſo iſt die Veraͤnderung ein Entſtehen von
b—a,
*) Man merke wol: daß ich nicht von der Veraͤnderung
gewiſſer Relationen uͤberhaupt, ſondern von Veraͤnderung
des Zuſtandes rede. Daher, wenn ein Coͤrper ſich gleich-
foͤrmig bewegt, ſo veraͤndert er ſeinen Zuſtand (der Be-
wegung) gar nicht, aber wol, wenn ſeine Bewegung
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/237>, abgerufen am 24.11.2024.
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