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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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III. Absch. Systemat. Vorstellung aller etc.
Zugleichseyns nicht in der Erfahrung statt finden könte.
Durch dieses Commercium machen die Erscheinungen, so
fern sie ausser einander, und doch in Verknüpfung stehen,
ein zusammengeseztes aus (compositum reale) und der-
gleichen Composita werden auf mancherley Art möglich.
Die drey dynamische Verhältnisse, daraus alle übrige ent-
springen, sind daher das der Inhärenz, der Consequenz
und der Composition.



Dies sind denn also die drey Analogien der Erfah-
rung. Sie sind nichts anders, als Grundsätze der Bestim-
mung des Daseyns der Erscheinungen in der Zeit, nach
allen drey modis derselben, dem Verhältnisse zu der Zeit
selbst, als einer Grösse (die Grösse des Daseyns, d. i. die
Dauer), dem Verhältnisse in der Zeit, als einer Reihe
(nach einander), endlich auch in ihr, als einem Inbegriff
alles Daseyns, (zugleich). Diese Einheit der Zeitbestim-
mung ist durch und durch dynamisch, d. i. die Zeit wird
nicht als dasienige angesehen, worin die Erfahrung un-
mittelbar iedem Daseyn seine Stelle bestimte, welches un-
möglich ist, weil die absolute Zeit kein Gegenstand der
Wahrnehmung ist, womit Erscheinungen könten zusam-
mengehalten werden; sondern die Regel des Verstandes,
durch welche allein das Daseyn der Erscheinungen synthe-
tische Einheit nach Zeitverhältnissen bekommen kan, be-
stimt ieder derselben ihre Stelle in der Zeit, mithin a
priori,
und gültig vor alle und iede Zeit.


Unter
O 4

III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
Zugleichſeyns nicht in der Erfahrung ſtatt finden koͤnte.
Durch dieſes Commercium machen die Erſcheinungen, ſo
fern ſie auſſer einander, und doch in Verknuͤpfung ſtehen,
ein zuſammengeſeztes aus (compoſitum reale) und der-
gleichen Compoſita werden auf mancherley Art moͤglich.
Die drey dynamiſche Verhaͤltniſſe, daraus alle uͤbrige ent-
ſpringen, ſind daher das der Inhaͤrenz, der Conſequenz
und der Compoſition.



Dies ſind denn alſo die drey Analogien der Erfah-
rung. Sie ſind nichts anders, als Grundſaͤtze der Beſtim-
mung des Daſeyns der Erſcheinungen in der Zeit, nach
allen drey modis derſelben, dem Verhaͤltniſſe zu der Zeit
ſelbſt, als einer Groͤſſe (die Groͤſſe des Daſeyns, d. i. die
Dauer), dem Verhaͤltniſſe in der Zeit, als einer Reihe
(nach einander), endlich auch in ihr, als einem Inbegriff
alles Daſeyns, (zugleich). Dieſe Einheit der Zeitbeſtim-
mung iſt durch und durch dynamiſch, d. i. die Zeit wird
nicht als dasienige angeſehen, worin die Erfahrung un-
mittelbar iedem Daſeyn ſeine Stelle beſtimte, welches un-
moͤglich iſt, weil die abſolute Zeit kein Gegenſtand der
Wahrnehmung iſt, womit Erſcheinungen koͤnten zuſam-
mengehalten werden; ſondern die Regel des Verſtandes,
durch welche allein das Daſeyn der Erſcheinungen ſynthe-
tiſche Einheit nach Zeitverhaͤltniſſen bekommen kan, be-
ſtimt ieder derſelben ihre Stelle in der Zeit, mithin a
priori,
und guͤltig vor alle und iede Zeit.


Unter
O 4
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[215/0245] III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc. Zugleichſeyns nicht in der Erfahrung ſtatt finden koͤnte. Durch dieſes Commercium machen die Erſcheinungen, ſo fern ſie auſſer einander, und doch in Verknuͤpfung ſtehen, ein zuſammengeſeztes aus (compoſitum reale) und der- gleichen Compoſita werden auf mancherley Art moͤglich. Die drey dynamiſche Verhaͤltniſſe, daraus alle uͤbrige ent- ſpringen, ſind daher das der Inhaͤrenz, der Conſequenz und der Compoſition. Dies ſind denn alſo die drey Analogien der Erfah- rung. Sie ſind nichts anders, als Grundſaͤtze der Beſtim- mung des Daſeyns der Erſcheinungen in der Zeit, nach allen drey modis derſelben, dem Verhaͤltniſſe zu der Zeit ſelbſt, als einer Groͤſſe (die Groͤſſe des Daſeyns, d. i. die Dauer), dem Verhaͤltniſſe in der Zeit, als einer Reihe (nach einander), endlich auch in ihr, als einem Inbegriff alles Daſeyns, (zugleich). Dieſe Einheit der Zeitbeſtim- mung iſt durch und durch dynamiſch, d. i. die Zeit wird nicht als dasienige angeſehen, worin die Erfahrung un- mittelbar iedem Daſeyn ſeine Stelle beſtimte, welches un- moͤglich iſt, weil die abſolute Zeit kein Gegenſtand der Wahrnehmung iſt, womit Erſcheinungen koͤnten zuſam- mengehalten werden; ſondern die Regel des Verſtandes, durch welche allein das Daſeyn der Erſcheinungen ſynthe- tiſche Einheit nach Zeitverhaͤltniſſen bekommen kan, be- ſtimt ieder derſelben ihre Stelle in der Zeit, mithin a priori, und guͤltig vor alle und iede Zeit. Unter O 4

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/245>, abgerufen am 23.11.2024.