Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Hauptst. Von dem Grunde d. Untersch.
übrig bleibt, wodurch es gedacht würde. Es ist also kein
Gegenstand der Erkentniß an sich selbst, sondern nur die
Vorstellung der Erscheinungen, unter dem Begriffe eines
Gegenstandes überhaupt, der durch das Mannigfaltige
derselben bestimbar ist.

Eben um deswillen stellen nun auch die Categorien
kein besonderes, dem Verstande allein gegebenes Obiect vor,
sondern dienen nur dazu, das transscendentale Obiect
(den Begriff von etwas überhaupt) durch das, was in
der Sinnlichkeit gegeben wird, zu bestimmen, um dadurch
Erscheinungen unter Begriffen von Gegenständen empirisch
zu erkennen.

Was aber die Ursache betrift, weswegen man, durch
das Substratum der Sinnlichkeit noch nicht befriedigt, den
Phaenomenis noch Noümena zugegeben hat, die nur der
reine Verstand denken kan, so beruhet sie lediglich darauf.
Die Sinnlichkeit, und ihr Feld, nemlich das der Erschei-
nungen, wird selbst durch den Verstand dahin eingeschränkt:
daß sie nicht auf Dinge an sich selbst, sondern nur auf die
Art gehe, wie uns, vermöge unserer subiectiven Beschaf-
fenheit, Dinge erscheinen. Dies war das Resultat der
ganzen transscendentalen Aesthetik, und es folgt auch na-
türlicher Weise aus dem Begriffe einer Erscheinung über-
haupt: daß ihr etwas entsprechen müsse, was an sich nicht
Erscheinung ist, weil Erscheinung nichts vor sich selbst, und
ausser unserer Vorstellungsart seyn kan, mithin, wo nicht

ein

III. Hauptſt. Von dem Grunde d. Unterſch.
uͤbrig bleibt, wodurch es gedacht wuͤrde. Es iſt alſo kein
Gegenſtand der Erkentniß an ſich ſelbſt, ſondern nur die
Vorſtellung der Erſcheinungen, unter dem Begriffe eines
Gegenſtandes uͤberhaupt, der durch das Mannigfaltige
derſelben beſtimbar iſt.

Eben um deswillen ſtellen nun auch die Categorien
kein beſonderes, dem Verſtande allein gegebenes Obiect vor,
ſondern dienen nur dazu, das transſcendentale Obiect
(den Begriff von etwas uͤberhaupt) durch das, was in
der Sinnlichkeit gegeben wird, zu beſtimmen, um dadurch
Erſcheinungen unter Begriffen von Gegenſtaͤnden empiriſch
zu erkennen.

Was aber die Urſache betrift, weswegen man, durch
das Subſtratum der Sinnlichkeit noch nicht befriedigt, den
Phænomenis noch Noümena zugegeben hat, die nur der
reine Verſtand denken kan, ſo beruhet ſie lediglich darauf.
Die Sinnlichkeit, und ihr Feld, nemlich das der Erſchei-
nungen, wird ſelbſt durch den Verſtand dahin eingeſchraͤnkt:
daß ſie nicht auf Dinge an ſich ſelbſt, ſondern nur auf die
Art gehe, wie uns, vermoͤge unſerer ſubiectiven Beſchaf-
fenheit, Dinge erſcheinen. Dies war das Reſultat der
ganzen transſcendentalen Aeſthetik, und es folgt auch na-
tuͤrlicher Weiſe aus dem Begriffe einer Erſcheinung uͤber-
haupt: daß ihr etwas entſprechen muͤſſe, was an ſich nicht
Erſcheinung iſt, weil Erſcheinung nichts vor ſich ſelbſt, und
auſſer unſerer Vorſtellungsart ſeyn kan, mithin, wo nicht

ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0281" n="251"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi> Haupt&#x017F;t. Von dem Grunde d. Unter&#x017F;ch.</fw><lb/>
u&#x0364;brig bleibt, wodurch es gedacht wu&#x0364;rde. Es i&#x017F;t al&#x017F;o kein<lb/>
Gegen&#x017F;tand der Erkentniß an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern nur die<lb/>
Vor&#x017F;tellung der Er&#x017F;cheinungen, unter dem Begriffe eines<lb/>
Gegen&#x017F;tandes u&#x0364;berhaupt, der durch das Mannigfaltige<lb/>
der&#x017F;elben be&#x017F;timbar i&#x017F;t.</p><lb/>
                <p>Eben um deswillen &#x017F;tellen nun auch die Categorien<lb/>
kein be&#x017F;onderes, dem Ver&#x017F;tande allein gegebenes Obiect vor,<lb/>
&#x017F;ondern dienen nur dazu, das trans&#x017F;cendentale Obiect<lb/>
(den Begriff von etwas u&#x0364;berhaupt) durch das, was in<lb/>
der Sinnlichkeit gegeben wird, zu be&#x017F;timmen, um dadurch<lb/>
Er&#x017F;cheinungen unter Begriffen von Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden empiri&#x017F;ch<lb/>
zu erkennen.</p><lb/>
                <p>Was aber die Ur&#x017F;ache betrift, weswegen man, durch<lb/>
das Sub&#x017F;tratum der Sinnlichkeit noch nicht befriedigt, den<lb/><hi rendition="#aq">Phænomenis</hi> noch <hi rendition="#aq">Noümena</hi> zugegeben hat, die nur der<lb/>
reine Ver&#x017F;tand denken kan, &#x017F;o beruhet &#x017F;ie lediglich darauf.<lb/>
Die Sinnlichkeit, und ihr Feld, nemlich das der Er&#x017F;chei-<lb/>
nungen, wird &#x017F;elb&#x017F;t durch den Ver&#x017F;tand dahin einge&#x017F;chra&#x0364;nkt:<lb/>
daß &#x017F;ie nicht auf Dinge an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern nur auf die<lb/>
Art gehe, wie uns, vermo&#x0364;ge un&#x017F;erer &#x017F;ubiectiven Be&#x017F;chaf-<lb/>
fenheit, Dinge er&#x017F;cheinen. Dies war das Re&#x017F;ultat der<lb/>
ganzen trans&#x017F;cendentalen Ae&#x017F;thetik, und es folgt auch na-<lb/>
tu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e aus dem Begriffe einer Er&#x017F;cheinung u&#x0364;ber-<lb/>
haupt: daß ihr etwas ent&#x017F;prechen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, was an &#x017F;ich nicht<lb/>
Er&#x017F;cheinung i&#x017F;t, weil Er&#x017F;cheinung nichts vor &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, und<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er un&#x017F;erer Vor&#x017F;tellungsart &#x017F;eyn kan, mithin, wo nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[251/0281] III. Hauptſt. Von dem Grunde d. Unterſch. uͤbrig bleibt, wodurch es gedacht wuͤrde. Es iſt alſo kein Gegenſtand der Erkentniß an ſich ſelbſt, ſondern nur die Vorſtellung der Erſcheinungen, unter dem Begriffe eines Gegenſtandes uͤberhaupt, der durch das Mannigfaltige derſelben beſtimbar iſt. Eben um deswillen ſtellen nun auch die Categorien kein beſonderes, dem Verſtande allein gegebenes Obiect vor, ſondern dienen nur dazu, das transſcendentale Obiect (den Begriff von etwas uͤberhaupt) durch das, was in der Sinnlichkeit gegeben wird, zu beſtimmen, um dadurch Erſcheinungen unter Begriffen von Gegenſtaͤnden empiriſch zu erkennen. Was aber die Urſache betrift, weswegen man, durch das Subſtratum der Sinnlichkeit noch nicht befriedigt, den Phænomenis noch Noümena zugegeben hat, die nur der reine Verſtand denken kan, ſo beruhet ſie lediglich darauf. Die Sinnlichkeit, und ihr Feld, nemlich das der Erſchei- nungen, wird ſelbſt durch den Verſtand dahin eingeſchraͤnkt: daß ſie nicht auf Dinge an ſich ſelbſt, ſondern nur auf die Art gehe, wie uns, vermoͤge unſerer ſubiectiven Beſchaf- fenheit, Dinge erſcheinen. Dies war das Reſultat der ganzen transſcendentalen Aeſthetik, und es folgt auch na- tuͤrlicher Weiſe aus dem Begriffe einer Erſcheinung uͤber- haupt: daß ihr etwas entſprechen muͤſſe, was an ſich nicht Erſcheinung iſt, weil Erſcheinung nichts vor ſich ſelbſt, und auſſer unſerer Vorſtellungsart ſeyn kan, mithin, wo nicht ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/281
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/281>, abgerufen am 22.11.2024.