Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst.
Reihe der Bedingungen zu einem gegebenen Bedingten an- geht, mithin nicht, wenn von der absteigenden Linie der Folgen, noch auch von dem Aggregat coordinirter Bedin- gungen zu diesen Folgen, die Rede ist. Denn Bedingun- gen sind in Ansehung des gegebenen Bedingten schon vor- ausgessezt und mit diesem auch als gegeben anzusehen, an- statt daß, da die Folgen ihre Bedingungen nicht möglich machen, sondern vielmehr voraussetzen, man im Fortgan- ge zu den Folgen (oder im Absteigen von der gegebenen Bedingung zu dem Bedingten) unbekümmert seyn kan, ob die Reihe aufhöre oder nicht, und überhaupt die Frage, wegen ihrer Totalität, gar keine Voraussetzung der Ver- nunft ist.
So denkt man sich nothwendig eine bis auf den ge- gebenen Augenblick völlig abgelaufene Zeit, auch als gege- ben, (wenn gleich nicht durch uns bestimbar). Was aber die künftige betrift, da sie die Bedingung nicht ist, zu der Gegenwart zu gelangen, so ist es, um diese zu begreiffen, ganz gleichgültig, wie wir es mit der künftigen Zeit halten wollen, ob man sie irgendwo aufhören, oder ins Unend- liche laufen lassen will. Es sey die Reihe m, n, o, wor- in n als bedingt in Ansehung m, aber zugleich als Be- dingung von o gegeben ist, die Reihe gehe aufwerts von dem bedingten n zu m (l, k, i etc.) imgleichen abwerts von der Bedingung n zum bedingten o (p, q, r etc.) so muß ich die erstere Reihe voraussetzen, um n als gegeben anzusehen, und n ist nach der Vernunft (der Totalität der Bedingungen)
nur
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
Reihe der Bedingungen zu einem gegebenen Bedingten an- geht, mithin nicht, wenn von der abſteigenden Linie der Folgen, noch auch von dem Aggregat coordinirter Bedin- gungen zu dieſen Folgen, die Rede iſt. Denn Bedingun- gen ſind in Anſehung des gegebenen Bedingten ſchon vor- ausgesſezt und mit dieſem auch als gegeben anzuſehen, an- ſtatt daß, da die Folgen ihre Bedingungen nicht moͤglich machen, ſondern vielmehr vorausſetzen, man im Fortgan- ge zu den Folgen (oder im Abſteigen von der gegebenen Bedingung zu dem Bedingten) unbekuͤmmert ſeyn kan, ob die Reihe aufhoͤre oder nicht, und uͤberhaupt die Frage, wegen ihrer Totalitaͤt, gar keine Vorausſetzung der Ver- nunft iſt.
So denkt man ſich nothwendig eine bis auf den ge- gebenen Augenblick voͤllig abgelaufene Zeit, auch als gege- ben, (wenn gleich nicht durch uns beſtimbar). Was aber die kuͤnftige betrift, da ſie die Bedingung nicht iſt, zu der Gegenwart zu gelangen, ſo iſt es, um dieſe zu begreiffen, ganz gleichguͤltig, wie wir es mit der kuͤnftigen Zeit halten wollen, ob man ſie irgendwo aufhoͤren, oder ins Unend- liche laufen laſſen will. Es ſey die Reihe m, n, o, wor- in n als bedingt in Anſehung m, aber zugleich als Be- dingung von o gegeben iſt, die Reihe gehe aufwerts von dem bedingten n zu m (l, k, i ꝛc.) imgleichen abwerts von der Bedingung n zum bedingten o (p, q, r ꝛc.) ſo muß ich die erſtere Reihe vorausſetzen, um n als gegeben anzuſehen, und n iſt nach der Vernunft (der Totalitaͤt der Bedingungen)
nur
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><p><pbfacs="#f0440"n="410"/><fwplace="top"type="header">Elementarl. <hirendition="#aq">II.</hi> Th. <hirendition="#aq">II.</hi> Abth. <hirendition="#aq">II.</hi> Buch. <hirendition="#aq">II.</hi> Hauptſt.</fw><lb/>
Reihe der Bedingungen zu einem gegebenen Bedingten an-<lb/>
geht, mithin nicht, wenn von der abſteigenden Linie der<lb/>
Folgen, noch auch von dem Aggregat coordinirter Bedin-<lb/>
gungen zu dieſen Folgen, die Rede iſt. Denn Bedingun-<lb/>
gen ſind in Anſehung des gegebenen Bedingten ſchon vor-<lb/><choice><sic>ausgefezt</sic><corr>ausgesſezt</corr></choice> und mit dieſem auch als gegeben anzuſehen, an-<lb/>ſtatt daß, da die Folgen ihre Bedingungen nicht moͤglich<lb/>
machen, ſondern vielmehr vorausſetzen, man im Fortgan-<lb/>
ge zu den Folgen (oder im Abſteigen von der gegebenen<lb/>
Bedingung zu dem Bedingten) unbekuͤmmert ſeyn kan, ob<lb/>
die Reihe aufhoͤre oder nicht, und uͤberhaupt die Frage,<lb/>
wegen ihrer Totalitaͤt, gar keine Vorausſetzung der Ver-<lb/>
nunft iſt.</p><lb/><p>So denkt man ſich nothwendig eine bis auf den ge-<lb/>
gebenen Augenblick voͤllig abgelaufene Zeit, auch als gege-<lb/>
ben, (wenn gleich nicht durch uns beſtimbar). Was aber<lb/>
die kuͤnftige betrift, da ſie die Bedingung nicht iſt, zu der<lb/>
Gegenwart zu gelangen, ſo iſt es, um dieſe zu begreiffen,<lb/>
ganz gleichguͤltig, wie wir es mit der kuͤnftigen Zeit halten<lb/>
wollen, ob man ſie irgendwo aufhoͤren, oder ins Unend-<lb/>
liche laufen laſſen will. Es ſey die Reihe <hirendition="#aq">m, n, o,</hi> wor-<lb/>
in <hirendition="#aq">n</hi> als bedingt in Anſehung <hirendition="#aq">m,</hi> aber zugleich als Be-<lb/>
dingung von <hirendition="#aq">o</hi> gegeben iſt, die Reihe gehe aufwerts von<lb/>
dem bedingten <hirendition="#aq">n</hi> zu <hirendition="#aq">m</hi> (<hirendition="#aq">l, k, i</hi>ꝛc.) imgleichen abwerts<lb/>
von der Bedingung <hirendition="#aq">n</hi> zum bedingten <hirendition="#aq">o</hi> (<hirendition="#aq">p, q, r</hi>ꝛc.) ſo muß ich<lb/>
die erſtere Reihe vorausſetzen, um <hirendition="#aq">n</hi> als gegeben anzuſehen,<lb/>
und <hirendition="#aq">n</hi> iſt nach der Vernunft (der Totalitaͤt der Bedingungen)<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nur</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[410/0440]
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
Reihe der Bedingungen zu einem gegebenen Bedingten an-
geht, mithin nicht, wenn von der abſteigenden Linie der
Folgen, noch auch von dem Aggregat coordinirter Bedin-
gungen zu dieſen Folgen, die Rede iſt. Denn Bedingun-
gen ſind in Anſehung des gegebenen Bedingten ſchon vor-
ausgesſezt und mit dieſem auch als gegeben anzuſehen, an-
ſtatt daß, da die Folgen ihre Bedingungen nicht moͤglich
machen, ſondern vielmehr vorausſetzen, man im Fortgan-
ge zu den Folgen (oder im Abſteigen von der gegebenen
Bedingung zu dem Bedingten) unbekuͤmmert ſeyn kan, ob
die Reihe aufhoͤre oder nicht, und uͤberhaupt die Frage,
wegen ihrer Totalitaͤt, gar keine Vorausſetzung der Ver-
nunft iſt.
So denkt man ſich nothwendig eine bis auf den ge-
gebenen Augenblick voͤllig abgelaufene Zeit, auch als gege-
ben, (wenn gleich nicht durch uns beſtimbar). Was aber
die kuͤnftige betrift, da ſie die Bedingung nicht iſt, zu der
Gegenwart zu gelangen, ſo iſt es, um dieſe zu begreiffen,
ganz gleichguͤltig, wie wir es mit der kuͤnftigen Zeit halten
wollen, ob man ſie irgendwo aufhoͤren, oder ins Unend-
liche laufen laſſen will. Es ſey die Reihe m, n, o, wor-
in n als bedingt in Anſehung m, aber zugleich als Be-
dingung von o gegeben iſt, die Reihe gehe aufwerts von
dem bedingten n zu m (l, k, i ꝛc.) imgleichen abwerts
von der Bedingung n zum bedingten o (p, q, r ꝛc.) ſo muß ich
die erſtere Reihe vorausſetzen, um n als gegeben anzuſehen,
und n iſt nach der Vernunft (der Totalitaͤt der Bedingungen)
nur
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/440>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.