Eine iede zusammengesezte Substanz in der Welt besteht aus einfachen Theilen, und es existiret überall nichts als das Einfache, oder das, was aus diesem zusammenge- sezt ist.
Beweis.
Denn nehmet an: die zusammengesezte Substanzen beständen nicht aus einfachen Theilen, so würde, wenn alle Zusammensetzung in Gedanken aufgehoben würde, kein zusammengesezter Theil, und (da es keine einfache Theile giebt) auch kein einfacher, mithin gar nichts übrig blei- ben, folglich keine Substanz seyn gegeben worden. Ent- weder also läßt sich unmöglich alle Zusammensetzung in Gedanken aufheben, oder es muß nach deren Aufhebung Etwas, ohne alle Zusammensetzung bestehendes, d. i. das Einfache, übrig bleiben. Im ersteren Falle aber würde das Zusammengesezte wiederum nicht aus Substanzen be- stehen (weil bey diesen die Zusammensetzung nur eine zu- fällige Relation der Substanzen ist, ohne welche diese, als vor sich beharrliche Wesen, bestehen müssen). Da nun
die
Der Antinomie
zweiter Widerſtreit
Theſis.
Eine iede zuſammengeſezte Subſtanz in der Welt beſteht aus einfachen Theilen, und es exiſtiret uͤberall nichts als das Einfache, oder das, was aus dieſem zuſammenge- ſezt iſt.
Beweis.
Denn nehmet an: die zuſammengeſezte Subſtanzen beſtaͤnden nicht aus einfachen Theilen, ſo wuͤrde, wenn alle Zuſammenſetzung in Gedanken aufgehoben wuͤrde, kein zuſammengeſezter Theil, und (da es keine einfache Theile giebt) auch kein einfacher, mithin gar nichts uͤbrig blei- ben, folglich keine Subſtanz ſeyn gegeben worden. Ent- weder alſo laͤßt ſich unmoͤglich alle Zuſammenſetzung in Gedanken aufheben, oder es muß nach deren Aufhebung Etwas, ohne alle Zuſammenſetzung beſtehendes, d. i. das Einfache, uͤbrig bleiben. Im erſteren Falle aber wuͤrde das Zuſammengeſezte wiederum nicht aus Subſtanzen be- ſtehen (weil bey dieſen die Zuſammenſetzung nur eine zu- faͤllige Relation der Subſtanzen iſt, ohne welche dieſe, als vor ſich beharrliche Weſen, beſtehen muͤſſen). Da nun
die
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Der Antinomie
zweiter Widerſtreit
Theſis.
Eine iede zuſammengeſezte Subſtanz in der Welt
beſteht aus einfachen Theilen, und es exiſtiret uͤberall nichts
als das Einfache, oder das, was aus dieſem zuſammenge-
ſezt iſt.
Beweis.
Denn nehmet an: die zuſammengeſezte Subſtanzen
beſtaͤnden nicht aus einfachen Theilen, ſo wuͤrde, wenn
alle Zuſammenſetzung in Gedanken aufgehoben wuͤrde, kein
zuſammengeſezter Theil, und (da es keine einfache Theile
giebt) auch kein einfacher, mithin gar nichts uͤbrig blei-
ben, folglich keine Subſtanz ſeyn gegeben worden. Ent-
weder alſo laͤßt ſich unmoͤglich alle Zuſammenſetzung in
Gedanken aufheben, oder es muß nach deren Aufhebung
Etwas, ohne alle Zuſammenſetzung beſtehendes, d. i. das
Einfache, uͤbrig bleiben. Im erſteren Falle aber wuͤrde
das Zuſammengeſezte wiederum nicht aus Subſtanzen be-
ſtehen (weil bey dieſen die Zuſammenſetzung nur eine zu-
faͤllige Relation der Subſtanzen iſt, ohne welche dieſe, als
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. [434]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/464>, abgerufen am 22.11.2024.
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