Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst.
zwischen seinen Gränzen eingeschlossenen Anschauung ganz gegeben ist, insgesamt auch mit gegeben sind. Der Re- gressus darf also nicht blos ein Rückgang in indefinitum genant werden, wie es die vorige cosmologische Idee allein erlaubete, da ich vom Bedingten zu seinen Bedingungen, die, ausser demselben, mithin nicht dadurch zugleich mit gegeben waren, sondern die im empirischen Regressus al- lererst hinzu kamen, fortgehen solte. Diesem ungeach- tet ist es doch keinesweges erlaubt, von einem solchen Ganzen, das ins Unendliche theilbar ist, zu sagen: es be- stehe aus unendlich viel Theilen. Denn obgleich alle Theile in der Anschauung des Ganzen enthalten sind, so ist doch darin nicht die ganze Theilung enthalten, welche nur in der fortgehenden Decomposition, oder dem Regres- sus selbst besteht, der die Reihe allererst wirklich macht. Da dieser Regressus nun unendlich ist, so sind zwar alle Glieder (Theile), zu denen er gelangt, in dem gegebenen Ganzen als Aggregate enthalten, aber nicht die ganze Reihe der Theilung, welche successivunendlich und nie- mals ganz ist, folglich keine unendliche Menge, und keine Zusammennehmung derselben in einem Ganzen darstellen kan.
Diese allgemeine Erinnerung läßt sich zuerst sehr leicht auf den Raum anwenden. Ein ieder in seinen Gränzen angeschauter Raum ist ein solches Ganze, dessen Theile bey aller Decomposition immer wiederum Räume sind, und ist daher ins Unendliche theilbar.
Hier
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
zwiſchen ſeinen Graͤnzen eingeſchloſſenen Anſchauung ganz gegeben iſt, insgeſamt auch mit gegeben ſind. Der Re- greſſus darf alſo nicht blos ein Ruͤckgang in indefinitum genant werden, wie es die vorige cosmologiſche Idee allein erlaubete, da ich vom Bedingten zu ſeinen Bedingungen, die, auſſer demſelben, mithin nicht dadurch zugleich mit gegeben waren, ſondern die im empiriſchen Regreſſus al- lererſt hinzu kamen, fortgehen ſolte. Dieſem ungeach- tet iſt es doch keinesweges erlaubt, von einem ſolchen Ganzen, das ins Unendliche theilbar iſt, zu ſagen: es be- ſtehe aus unendlich viel Theilen. Denn obgleich alle Theile in der Anſchauung des Ganzen enthalten ſind, ſo iſt doch darin nicht die ganze Theilung enthalten, welche nur in der fortgehenden Decompoſition, oder dem Regreſ- ſus ſelbſt beſteht, der die Reihe allererſt wirklich macht. Da dieſer Regreſſus nun unendlich iſt, ſo ſind zwar alle Glieder (Theile), zu denen er gelangt, in dem gegebenen Ganzen als Aggregate enthalten, aber nicht die ganze Reihe der Theilung, welche ſucceſſivunendlich und nie- mals ganz iſt, folglich keine unendliche Menge, und keine Zuſammennehmung derſelben in einem Ganzen darſtellen kan.
Dieſe allgemeine Erinnerung laͤßt ſich zuerſt ſehr leicht auf den Raum anwenden. Ein ieder in ſeinen Graͤnzen angeſchauter Raum iſt ein ſolches Ganze, deſſen Theile bey aller Decompoſition immer wiederum Raͤume ſind, und iſt daher ins Unendliche theilbar.
Hier
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
zwiſchen ſeinen Graͤnzen eingeſchloſſenen Anſchauung ganz
gegeben iſt, insgeſamt auch mit gegeben ſind. Der Re-
greſſus darf alſo nicht blos ein Ruͤckgang in indefinitum
genant werden, wie es die vorige cosmologiſche Idee allein
erlaubete, da ich vom Bedingten zu ſeinen Bedingungen,
die, auſſer demſelben, mithin nicht dadurch zugleich mit
gegeben waren, ſondern die im empiriſchen Regreſſus al-
lererſt hinzu kamen, fortgehen ſolte. Dieſem ungeach-
tet iſt es doch keinesweges erlaubt, von einem ſolchen
Ganzen, das ins Unendliche theilbar iſt, zu ſagen: es be-
ſtehe aus unendlich viel Theilen. Denn obgleich alle
Theile in der Anſchauung des Ganzen enthalten ſind, ſo
iſt doch darin nicht die ganze Theilung enthalten, welche
nur in der fortgehenden Decompoſition, oder dem Regreſ-
ſus ſelbſt beſteht, der die Reihe allererſt wirklich macht.
Da dieſer Regreſſus nun unendlich iſt, ſo ſind zwar alle
Glieder (Theile), zu denen er gelangt, in dem gegebenen
Ganzen als Aggregate enthalten, aber nicht die ganze
Reihe der Theilung, welche ſucceſſivunendlich und nie-
mals ganz iſt, folglich keine unendliche Menge, und keine
Zuſammennehmung derſelben in einem Ganzen darſtellen
kan.
Dieſe allgemeine Erinnerung laͤßt ſich zuerſt ſehr
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/554>, abgerufen am 22.11.2024.
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