Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst.
ges Wesen, als Bedingung des Daseyns der Erscheinun- gen der Sinnenwelt, niemals statt finden könte.
Es hat aber der dynamische Regressus dieses Eigen- thümliche und Unterscheidende von dem mathematischen an sich: daß, da dieser es eigentlich nur mit der Zusammen- setzung der Theile zu einem Ganzen, oder der Zerfällung eines Ganzen in seine Theile, zu thun hat, die Bedingun- gen dieser Reihe immer als Theile derselben, mithin als gleichartig, folglich als Erscheinungen angesehen werden müssen, an statt daß in ienem Regressus, da es nicht um die Möglichkeit eines unbedingten Ganzen aus gegebenen Theilen, oder eines unbedingten Theils zu einem gegebe- nen Ganzen, sondern um die Ableitung eines Zustandes von seiner Ursache, oder des zufälligen Daseyns der Sub- stanz selbst von der nothwendigen zu thun ist, die Bedin- gung nicht eben nothwendig mit dem Bedingten eine em- pirische Reihe ausmachen dürfe.
Also bleibt uns, bey der vor uns liegenden scheinba- ren Antinomie, noch ein Ausweg offen: da nemlich alle beide einander widerstreitende Sätze in verschiedener Be- ziehung zugleich wahr seyn können, so, daß alle Dinge der Sinnenwelt durchaus zufällig sind, mithin auch immer nur empirischbedingte Existenz haben, gleichwol von der ganzen Reihe, auch eine nichtempirische Bedingung, d. i. ein unbedingtnothwendiges Wesen statt finde. Denn die- ses würde, als intelligibele Bedingung, gar nicht zur Reihe als ein Glied derselben (nicht einmal als das oberste Glied)
gehö-
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
ges Weſen, als Bedingung des Daſeyns der Erſcheinun- gen der Sinnenwelt, niemals ſtatt finden koͤnte.
Es hat aber der dynamiſche Regreſſus dieſes Eigen- thuͤmliche und Unterſcheidende von dem mathematiſchen an ſich: daß, da dieſer es eigentlich nur mit der Zuſammen- ſetzung der Theile zu einem Ganzen, oder der Zerfaͤllung eines Ganzen in ſeine Theile, zu thun hat, die Bedingun- gen dieſer Reihe immer als Theile derſelben, mithin als gleichartig, folglich als Erſcheinungen angeſehen werden muͤſſen, an ſtatt daß in ienem Regreſſus, da es nicht um die Moͤglichkeit eines unbedingten Ganzen aus gegebenen Theilen, oder eines unbedingten Theils zu einem gegebe- nen Ganzen, ſondern um die Ableitung eines Zuſtandes von ſeiner Urſache, oder des zufaͤlligen Daſeyns der Sub- ſtanz ſelbſt von der nothwendigen zu thun iſt, die Bedin- gung nicht eben nothwendig mit dem Bedingten eine em- piriſche Reihe ausmachen duͤrfe.
Alſo bleibt uns, bey der vor uns liegenden ſcheinba- ren Antinomie, noch ein Ausweg offen: da nemlich alle beide einander widerſtreitende Saͤtze in verſchiedener Be- ziehung zugleich wahr ſeyn koͤnnen, ſo, daß alle Dinge der Sinnenwelt durchaus zufaͤllig ſind, mithin auch immer nur empiriſchbedingte Exiſtenz haben, gleichwol von der ganzen Reihe, auch eine nichtempiriſche Bedingung, d. i. ein unbedingtnothwendiges Weſen ſtatt finde. Denn die- ſes wuͤrde, als intelligibele Bedingung, gar nicht zur Reihe als ein Glied derſelben (nicht einmal als das oberſte Glied)
gehoͤ-
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
ges Weſen, als Bedingung des Daſeyns der Erſcheinun-
gen der Sinnenwelt, niemals ſtatt finden koͤnte.
Es hat aber der dynamiſche Regreſſus dieſes Eigen-
thuͤmliche und Unterſcheidende von dem mathematiſchen an
ſich: daß, da dieſer es eigentlich nur mit der Zuſammen-
ſetzung der Theile zu einem Ganzen, oder der Zerfaͤllung
eines Ganzen in ſeine Theile, zu thun hat, die Bedingun-
gen dieſer Reihe immer als Theile derſelben, mithin als
gleichartig, folglich als Erſcheinungen angeſehen werden
muͤſſen, an ſtatt daß in ienem Regreſſus, da es nicht um
die Moͤglichkeit eines unbedingten Ganzen aus gegebenen
Theilen, oder eines unbedingten Theils zu einem gegebe-
nen Ganzen, ſondern um die Ableitung eines Zuſtandes
von ſeiner Urſache, oder des zufaͤlligen Daſeyns der Sub-
ſtanz ſelbſt von der nothwendigen zu thun iſt, die Bedin-
gung nicht eben nothwendig mit dem Bedingten eine em-
piriſche Reihe ausmachen duͤrfe.
Alſo bleibt uns, bey der vor uns liegenden ſcheinba-
ren Antinomie, noch ein Ausweg offen: da nemlich alle
beide einander widerſtreitende Saͤtze in verſchiedener Be-
ziehung zugleich wahr ſeyn koͤnnen, ſo, daß alle Dinge
der Sinnenwelt durchaus zufaͤllig ſind, mithin auch immer
nur empiriſchbedingte Exiſtenz haben, gleichwol von der
ganzen Reihe, auch eine nichtempiriſche Bedingung, d. i.
ein unbedingtnothwendiges Weſen ſtatt finde. Denn die-
ſes wuͤrde, als intelligibele Bedingung, gar nicht zur Reihe
als ein Glied derſelben (nicht einmal als das oberſte Glied)
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/590>, abgerufen am 22.11.2024.
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