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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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IV. Absch. Unmöglichkeit eines ontolog. Beweises etc.
rung enthalten gedacht; da denn durch die Verknüpfung
mit dem Inhalte der gesamten Erfahrung der Begriff vom
Gegenstande nicht im mindesten vermehrt wird, unser
Denken aber durch denselben eine mögliche Wahrnehmung
mehr bekomt. Wollen wir dagegen die Existenz durch die
reine Categorie allein denken, so ist kein Wunder, daß
wir kein Merkmal angeben können, sie von der blossen
Möglichkeit zu unterscheiden.

Unser Begriff von einem Gegenstande mag also ent-
halten, was und wie viel er wolle, so müssen wir doch aus
ihm herausgehen, um diesem die Existenz zu ertheilen. Bey
Gegenständen der Sinne geschieht dieses durch den Zusam-
menhang mit irgend einer meiner Wahrnehmungen nach
empirischen Gesetzen; aber vor Obiecte des reinen Denkens
in ganz und gar kein Mittel, ihr Daseyn zu erkennen, weil
es gänzlich a priori erkant werden müßte, unser Bewust-
seyn aller Existenz aber, (es sey durch Wahrnehmung un-
mittelbar, oder durch Schlüsse, die etwas mit der Wahr-
nehmung verknüpfen,) gehöret ganz und gar zur Einheit
der Erfahrung und eine Existenz ausser diesem Felde kan
zwar nicht schlechterdings vor unmöglich erklärt werden,
sie ist aber eine Voraussetzung, die wir durch nichts recht-
fertigen können.

Der Begriff eines höchsten Wesens ist eine in man-
cher Absicht sehr nützliche Idee, sie ist aber eben darum,
weil sie blos Idee ist, ganz unfähig, um vermittelst ihrer
allein unsere Erkentniß in Ansehung dessen, was existirt,

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IV. Abſch. Unmoͤglichkeit eines ontolog. Beweiſes ꝛc.
rung enthalten gedacht; da denn durch die Verknuͤpfung
mit dem Inhalte der geſamten Erfahrung der Begriff vom
Gegenſtande nicht im mindeſten vermehrt wird, unſer
Denken aber durch denſelben eine moͤgliche Wahrnehmung
mehr bekomt. Wollen wir dagegen die Exiſtenz durch die
reine Categorie allein denken, ſo iſt kein Wunder, daß
wir kein Merkmal angeben koͤnnen, ſie von der bloſſen
Moͤglichkeit zu unterſcheiden.

Unſer Begriff von einem Gegenſtande mag alſo ent-
halten, was und wie viel er wolle, ſo muͤſſen wir doch aus
ihm herausgehen, um dieſem die Exiſtenz zu ertheilen. Bey
Gegenſtaͤnden der Sinne geſchieht dieſes durch den Zuſam-
menhang mit irgend einer meiner Wahrnehmungen nach
empiriſchen Geſetzen; aber vor Obiecte des reinen Denkens
in ganz und gar kein Mittel, ihr Daſeyn zu erkennen, weil
es gaͤnzlich a priori erkant werden muͤßte, unſer Bewuſt-
ſeyn aller Exiſtenz aber, (es ſey durch Wahrnehmung un-
mittelbar, oder durch Schluͤſſe, die etwas mit der Wahr-
nehmung verknuͤpfen,) gehoͤret ganz und gar zur Einheit
der Erfahrung und eine Exiſtenz auſſer dieſem Felde kan
zwar nicht ſchlechterdings vor unmoͤglich erklaͤrt werden,
ſie iſt aber eine Vorausſetzung, die wir durch nichts recht-
fertigen koͤnnen.

Der Begriff eines hoͤchſten Weſens iſt eine in man-
cher Abſicht ſehr nuͤtzliche Idee, ſie iſt aber eben darum,
weil ſie blos Idee iſt, ganz unfaͤhig, um vermittelſt ihrer
allein unſere Erkentniß in Anſehung deſſen, was exiſtirt,

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[601/0631] IV. Abſch. Unmoͤglichkeit eines ontolog. Beweiſes ꝛc. rung enthalten gedacht; da denn durch die Verknuͤpfung mit dem Inhalte der geſamten Erfahrung der Begriff vom Gegenſtande nicht im mindeſten vermehrt wird, unſer Denken aber durch denſelben eine moͤgliche Wahrnehmung mehr bekomt. Wollen wir dagegen die Exiſtenz durch die reine Categorie allein denken, ſo iſt kein Wunder, daß wir kein Merkmal angeben koͤnnen, ſie von der bloſſen Moͤglichkeit zu unterſcheiden. Unſer Begriff von einem Gegenſtande mag alſo ent- halten, was und wie viel er wolle, ſo muͤſſen wir doch aus ihm herausgehen, um dieſem die Exiſtenz zu ertheilen. Bey Gegenſtaͤnden der Sinne geſchieht dieſes durch den Zuſam- menhang mit irgend einer meiner Wahrnehmungen nach empiriſchen Geſetzen; aber vor Obiecte des reinen Denkens in ganz und gar kein Mittel, ihr Daſeyn zu erkennen, weil es gaͤnzlich a priori erkant werden muͤßte, unſer Bewuſt- ſeyn aller Exiſtenz aber, (es ſey durch Wahrnehmung un- mittelbar, oder durch Schluͤſſe, die etwas mit der Wahr- nehmung verknuͤpfen,) gehoͤret ganz und gar zur Einheit der Erfahrung und eine Exiſtenz auſſer dieſem Felde kan zwar nicht ſchlechterdings vor unmoͤglich erklaͤrt werden, ſie iſt aber eine Vorausſetzung, die wir durch nichts recht- fertigen koͤnnen. Der Begriff eines hoͤchſten Weſens iſt eine in man- cher Abſicht ſehr nuͤtzliche Idee, ſie iſt aber eben darum, weil ſie blos Idee iſt, ganz unfaͤhig, um vermittelſt ihrer allein unſere Erkentniß in Anſehung deſſen, was exiſtirt, zu P p 5

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/631>, abgerufen am 22.11.2024.