V. Absch. Unmöglichkeit eines cosmol. Beweises etc.
einzige Bestimmung, die die Existenz der Dinge betrift, vor einen solchen obersten Grund, d. i. als absolutnothwen- dig anzunehmen, sondern euch noch immer den Weg zur ferneren Ableitung offen zu erhalten und sie daher iederzeit noch als bedingt zu behandeln. Wenn aber vor uns alles, was an den Dingen wahrgenommen wird, als bedingtnoth- wendig betrachtet werden muß: so kan auch kein Ding (das empirisch gegeben seyn mag) als absolutnothwendig angesehen werden.
Es folgt aber hieraus: daß ihr das Absolutnothwen- dige ausserhalb der Welt annehmen müßt; weil es nur zu einem Princip der größtmöglichen Einheit der Erschei- nungen, als deren oberster Grund, dienen soll und ihr in der Welt niemals dahin gelangen könt, weil die zweite Regel euch gebietet, alle empirische Ursachen der Einheit iederzeit als abgeleitet anzusehen.
Die Philosophen des Alterthums sahen alle Form der Natur als zufällig, die Materie aber, nach dem Urtheile der gemeinen Vernunft, als ursprünglich und nothwendig an. Würden sie aber die Materie nicht als Substratum der Erscheinungen respectiv, sondern an sich selbst ihrem Daseyn nach betrachtet haben, so wäre die Idee der abso- luten Nothwendigkeit so gleich verschwunden. Denn es ist nichts, was die Vernunft an dieses Daseyn schlecht- hin bindet, sondern sie kan solches, iederzeit und ohne Widerstreit, in Gedanken aufheben; in Gedan- ken aber lag auch allein die absolute Nothwendigkeit.
Es
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V. Abſch. Unmoͤglichkeit eines cosmol. Beweiſes ꝛc.
einzige Beſtimmung, die die Exiſtenz der Dinge betrift, vor einen ſolchen oberſten Grund, d. i. als abſolutnothwen- dig anzunehmen, ſondern euch noch immer den Weg zur ferneren Ableitung offen zu erhalten und ſie daher iederzeit noch als bedingt zu behandeln. Wenn aber vor uns alles, was an den Dingen wahrgenommen wird, als bedingtnoth- wendig betrachtet werden muß: ſo kan auch kein Ding (das empiriſch gegeben ſeyn mag) als abſolutnothwendig angeſehen werden.
Es folgt aber hieraus: daß ihr das Abſolutnothwen- dige auſſerhalb der Welt annehmen muͤßt; weil es nur zu einem Princip der groͤßtmoͤglichen Einheit der Erſchei- nungen, als deren oberſter Grund, dienen ſoll und ihr in der Welt niemals dahin gelangen koͤnt, weil die zweite Regel euch gebietet, alle empiriſche Urſachen der Einheit iederzeit als abgeleitet anzuſehen.
Die Philoſophen des Alterthums ſahen alle Form der Natur als zufaͤllig, die Materie aber, nach dem Urtheile der gemeinen Vernunft, als urſpruͤnglich und nothwendig an. Wuͤrden ſie aber die Materie nicht als Subſtratum der Erſcheinungen reſpectiv, ſondern an ſich ſelbſt ihrem Daſeyn nach betrachtet haben, ſo waͤre die Idee der abſo- luten Nothwendigkeit ſo gleich verſchwunden. Denn es iſt nichts, was die Vernunft an dieſes Daſeyn ſchlecht- hin bindet, ſondern ſie kan ſolches, iederzeit und ohne Widerſtreit, in Gedanken aufheben; in Gedan- ken aber lag auch allein die abſolute Nothwendigkeit.
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V. Abſch. Unmoͤglichkeit eines cosmol. Beweiſes ꝛc.
einzige Beſtimmung, die die Exiſtenz der Dinge betrift,
vor einen ſolchen oberſten Grund, d. i. als abſolutnothwen-
dig anzunehmen, ſondern euch noch immer den Weg zur
ferneren Ableitung offen zu erhalten und ſie daher iederzeit
noch als bedingt zu behandeln. Wenn aber vor uns alles,
was an den Dingen wahrgenommen wird, als bedingtnoth-
wendig betrachtet werden muß: ſo kan auch kein Ding
(das empiriſch gegeben ſeyn mag) als abſolutnothwendig
angeſehen werden.
Es folgt aber hieraus: daß ihr das Abſolutnothwen-
dige auſſerhalb der Welt annehmen muͤßt; weil es nur
zu einem Princip der groͤßtmoͤglichen Einheit der Erſchei-
nungen, als deren oberſter Grund, dienen ſoll und ihr
in der Welt niemals dahin gelangen koͤnt, weil die zweite
Regel euch gebietet, alle empiriſche Urſachen der Einheit
iederzeit als abgeleitet anzuſehen.
Die Philoſophen des Alterthums ſahen alle Form der
Natur als zufaͤllig, die Materie aber, nach dem Urtheile
der gemeinen Vernunft, als urſpruͤnglich und nothwendig
an. Wuͤrden ſie aber die Materie nicht als Subſtratum
der Erſcheinungen reſpectiv, ſondern an ſich ſelbſt ihrem
Daſeyn nach betrachtet haben, ſo waͤre die Idee der abſo-
luten Nothwendigkeit ſo gleich verſchwunden. Denn es
iſt nichts, was die Vernunft an dieſes Daſeyn ſchlecht-
hin bindet, ſondern ſie kan ſolches, iederzeit und
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ken aber lag auch allein die abſolute Nothwendigkeit.
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/647>, abgerufen am 22.11.2024.
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