Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst.
Art zu ieder anderen durch stufenartiges Wachsthum der Verschiedenheit gebietet. Wir können sie die Principien der Homogenität, der Specification und der Conti- nuität der Formen nennen. Das leztere entspringt da- durch: daß man die zwey erstere vereinigt, nachdem man, sowol im Aufsteigen zu höheren Gattungen, als im Her- absteigen zu niederen Arten, den systematischen Zusammen- hang in der Idee vollendet hat; denn alsdenn sind alle Mannigfaltigkeiten unter einander verwandt, weil sie ins- gesamt durch alle Grade der erweiterten Bestimmung von einer einzigen obersten Gattung abstammen.
Man kan sich die systematische Einheit unter den drey logischen Principien auf folgende Art sinnlich machen. Man kan einen ieden Begriff als einen Punct ansehen, der, als der Standpunct eines Zuschauers, seinen Horizont hat, d. i. eine Menge von Dingen, die aus demselben kön- nen vorgestellet und gleichsam überschauet werden. Inner- halb diesem Horizonte muß eine Menge von Puncten ins Unendliche angegeben werden können, deren ieder wieder- um seinen engeren Gesichtskreis hat, d. i. iede Art ent- hält Unterarten, nach dem Princip der Specification und der logische Horizont besteht nur aus kleineren Horizonten (Unterarten), nicht aber aus Puncten, die keinen Umfang haben (Individuen). Aber zu verschiedenen Horizonten, d. i. Gattungen, die aus eben so viel Begriffen bestimt werden, läßt sich ein gemeinschaftlicher Horizont, daraus man sie insgesamt als aus einem Mittelpuncte überschauet,
gezo-
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
Art zu ieder anderen durch ſtufenartiges Wachsthum der Verſchiedenheit gebietet. Wir koͤnnen ſie die Principien der Homogenitaͤt, der Specification und der Conti- nuitaͤt der Formen nennen. Das leztere entſpringt da- durch: daß man die zwey erſtere vereinigt, nachdem man, ſowol im Aufſteigen zu hoͤheren Gattungen, als im Her- abſteigen zu niederen Arten, den ſyſtematiſchen Zuſammen- hang in der Idee vollendet hat; denn alsdenn ſind alle Mannigfaltigkeiten unter einander verwandt, weil ſie ins- geſamt durch alle Grade der erweiterten Beſtimmung von einer einzigen oberſten Gattung abſtammen.
Man kan ſich die ſyſtematiſche Einheit unter den drey logiſchen Principien auf folgende Art ſinnlich machen. Man kan einen ieden Begriff als einen Punct anſehen, der, als der Standpunct eines Zuſchauers, ſeinen Horizont hat, d. i. eine Menge von Dingen, die aus demſelben koͤn- nen vorgeſtellet und gleichſam uͤberſchauet werden. Inner- halb dieſem Horizonte muß eine Menge von Puncten ins Unendliche angegeben werden koͤnnen, deren ieder wieder- um ſeinen engeren Geſichtskreis hat, d. i. iede Art ent- haͤlt Unterarten, nach dem Princip der Specification und der logiſche Horizont beſteht nur aus kleineren Horizonten (Unterarten), nicht aber aus Puncten, die keinen Umfang haben (Individuen). Aber zu verſchiedenen Horizonten, d. i. Gattungen, die aus eben ſo viel Begriffen beſtimt werden, laͤßt ſich ein gemeinſchaftlicher Horizont, daraus man ſie insgeſamt als aus einem Mittelpuncte uͤberſchauet,
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
Art zu ieder anderen durch ſtufenartiges Wachsthum der
Verſchiedenheit gebietet. Wir koͤnnen ſie die Principien
der Homogenitaͤt, der Specification und der Conti-
nuitaͤt der Formen nennen. Das leztere entſpringt da-
durch: daß man die zwey erſtere vereinigt, nachdem man,
ſowol im Aufſteigen zu hoͤheren Gattungen, als im Her-
abſteigen zu niederen Arten, den ſyſtematiſchen Zuſammen-
hang in der Idee vollendet hat; denn alsdenn ſind alle
Mannigfaltigkeiten unter einander verwandt, weil ſie ins-
geſamt durch alle Grade der erweiterten Beſtimmung von
einer einzigen oberſten Gattung abſtammen.
Man kan ſich die ſyſtematiſche Einheit unter den
drey logiſchen Principien auf folgende Art ſinnlich machen.
Man kan einen ieden Begriff als einen Punct anſehen, der,
als der Standpunct eines Zuſchauers, ſeinen Horizont
hat, d. i. eine Menge von Dingen, die aus demſelben koͤn-
nen vorgeſtellet und gleichſam uͤberſchauet werden. Inner-
halb dieſem Horizonte muß eine Menge von Puncten ins
Unendliche angegeben werden koͤnnen, deren ieder wieder-
um ſeinen engeren Geſichtskreis hat, d. i. iede Art ent-
haͤlt Unterarten, nach dem Princip der Specification und
der logiſche Horizont beſteht nur aus kleineren Horizonten
(Unterarten), nicht aber aus Puncten, die keinen Umfang
haben (Individuen). Aber zu verſchiedenen Horizonten,
d. i. Gattungen, die aus eben ſo viel Begriffen beſtimt
werden, laͤßt ſich ein gemeinſchaftlicher Horizont, daraus
man ſie insgeſamt als aus einem Mittelpuncte uͤberſchauet,
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/688>, abgerufen am 22.11.2024.
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