sammenhang, wo er zutrift, einen mächtigen Grund ab- giebt, die hypothetischausgedachte Einheit vor gegründet zu halten und sie also auch in dieser Absicht ihren Nutzen haben, sondern man sieht es ihnen deutlich an: daß sie die Sparsamkeit der Grundursachen, die Mannigfaltigkeit der Wirkungen und eine daherrührende Verwandschaft der Glieder der Natur an sich selbst vor vernunftmäßig und der Natur angemessen urtheilen und diese Grundsätze also direct und nicht blos als Handgriffe der Methode ihre Empfehlung bey sich führen.
Man siehet aber leicht: daß diese Continuität der Formen eine blosse Idee sey, der ein congruirender Ge- genstand in der Erfahrung gar nicht aufgewiesen werden kan, nicht allein um deswillen, weil die Species in der Natur wirklich abgetheilt sind, und daher an sich ein quan- tum discretum ausmachen müssen und, wenn der stufen- artige Fortgang in der Verwandschaft derselben continuir- lich wäre, sie auch eine wahre Unendlichkeit der Zwischen- glieder, die innerhalb zweer gegebenen Arten lägen, ent- halten müßte, welches unmöglich ist: sondern auch, weil wir von diesem Gesetz gar keinen bestimten empirischen Gebrauch machen können, indem dadurch nicht das gering- ste Merkmal der Affinität angezeigt wird, nach welchem und wie weit wir die Gradfolge ihrer Verschiedenheit zu suchen, sondern nichts weiter, als eine allgemeine Anzeige, daß wir sie zu suchen haben.
Wenn
T t 3
VII. Abſch. Critik aller ſpeculativen Theologie.
ſammenhang, wo er zutrift, einen maͤchtigen Grund ab- giebt, die hypothetiſchausgedachte Einheit vor gegruͤndet zu halten und ſie alſo auch in dieſer Abſicht ihren Nutzen haben, ſondern man ſieht es ihnen deutlich an: daß ſie die Sparſamkeit der Grundurſachen, die Mannigfaltigkeit der Wirkungen und eine daherruͤhrende Verwandſchaft der Glieder der Natur an ſich ſelbſt vor vernunftmaͤßig und der Natur angemeſſen urtheilen und dieſe Grundſaͤtze alſo direct und nicht blos als Handgriffe der Methode ihre Empfehlung bey ſich fuͤhren.
Man ſiehet aber leicht: daß dieſe Continuitaͤt der Formen eine bloſſe Idee ſey, der ein congruirender Ge- genſtand in der Erfahrung gar nicht aufgewieſen werden kan, nicht allein um deswillen, weil die Species in der Natur wirklich abgetheilt ſind, und daher an ſich ein quan- tum discretum ausmachen muͤſſen und, wenn der ſtufen- artige Fortgang in der Verwandſchaft derſelben continuir- lich waͤre, ſie auch eine wahre Unendlichkeit der Zwiſchen- glieder, die innerhalb zweer gegebenen Arten laͤgen, ent- halten muͤßte, welches unmoͤglich iſt: ſondern auch, weil wir von dieſem Geſetz gar keinen beſtimten empiriſchen Gebrauch machen koͤnnen, indem dadurch nicht das gering- ſte Merkmal der Affinitaͤt angezeigt wird, nach welchem und wie weit wir die Gradfolge ihrer Verſchiedenheit zu ſuchen, ſondern nichts weiter, als eine allgemeine Anzeige, daß wir ſie zu ſuchen haben.
Wenn
T t 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><p><pbfacs="#f0691"n="661"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">VII.</hi> Abſch. Critik aller ſpeculativen Theologie.</fw><lb/>ſammenhang, wo er zutrift, einen maͤchtigen Grund ab-<lb/>
giebt, die hypothetiſchausgedachte Einheit vor gegruͤndet<lb/>
zu halten und ſie alſo auch in dieſer Abſicht ihren Nutzen<lb/>
haben, ſondern man ſieht es ihnen deutlich an: daß ſie<lb/>
die Sparſamkeit der Grundurſachen, die Mannigfaltigkeit<lb/>
der Wirkungen und eine daherruͤhrende Verwandſchaft<lb/>
der Glieder der Natur an ſich ſelbſt vor vernunftmaͤßig<lb/>
und der Natur angemeſſen urtheilen und dieſe Grundſaͤtze<lb/>
alſo direct und nicht blos als Handgriffe der Methode ihre<lb/>
Empfehlung bey ſich fuͤhren.</p><lb/><p>Man ſiehet aber leicht: daß dieſe Continuitaͤt der<lb/>
Formen eine bloſſe Idee ſey, der ein congruirender Ge-<lb/>
genſtand in der Erfahrung gar nicht aufgewieſen werden<lb/>
kan, nicht allein um deswillen, weil die Species in der<lb/>
Natur wirklich abgetheilt ſind, und daher an ſich ein <hirendition="#aq">quan-<lb/>
tum discretum</hi> ausmachen muͤſſen und, wenn der ſtufen-<lb/>
artige Fortgang in der Verwandſchaft derſelben continuir-<lb/>
lich waͤre, ſie auch eine wahre Unendlichkeit der Zwiſchen-<lb/>
glieder, die innerhalb zweer gegebenen Arten laͤgen, ent-<lb/>
halten muͤßte, welches unmoͤglich iſt: ſondern auch, weil<lb/>
wir von dieſem Geſetz gar keinen beſtimten empiriſchen<lb/>
Gebrauch machen koͤnnen, indem dadurch nicht das gering-<lb/>ſte Merkmal der Affinitaͤt angezeigt wird, nach welchem<lb/>
und wie weit wir die Gradfolge ihrer Verſchiedenheit zu<lb/>ſuchen, ſondern nichts weiter, als eine allgemeine Anzeige,<lb/>
daß wir ſie zu ſuchen haben.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">T t 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Wenn</fw><lb/></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[661/0691]
VII. Abſch. Critik aller ſpeculativen Theologie.
ſammenhang, wo er zutrift, einen maͤchtigen Grund ab-
giebt, die hypothetiſchausgedachte Einheit vor gegruͤndet
zu halten und ſie alſo auch in dieſer Abſicht ihren Nutzen
haben, ſondern man ſieht es ihnen deutlich an: daß ſie
die Sparſamkeit der Grundurſachen, die Mannigfaltigkeit
der Wirkungen und eine daherruͤhrende Verwandſchaft
der Glieder der Natur an ſich ſelbſt vor vernunftmaͤßig
und der Natur angemeſſen urtheilen und dieſe Grundſaͤtze
alſo direct und nicht blos als Handgriffe der Methode ihre
Empfehlung bey ſich fuͤhren.
Man ſiehet aber leicht: daß dieſe Continuitaͤt der
Formen eine bloſſe Idee ſey, der ein congruirender Ge-
genſtand in der Erfahrung gar nicht aufgewieſen werden
kan, nicht allein um deswillen, weil die Species in der
Natur wirklich abgetheilt ſind, und daher an ſich ein quan-
tum discretum ausmachen muͤſſen und, wenn der ſtufen-
artige Fortgang in der Verwandſchaft derſelben continuir-
lich waͤre, ſie auch eine wahre Unendlichkeit der Zwiſchen-
glieder, die innerhalb zweer gegebenen Arten laͤgen, ent-
halten muͤßte, welches unmoͤglich iſt: ſondern auch, weil
wir von dieſem Geſetz gar keinen beſtimten empiriſchen
Gebrauch machen koͤnnen, indem dadurch nicht das gering-
ſte Merkmal der Affinitaͤt angezeigt wird, nach welchem
und wie weit wir die Gradfolge ihrer Verſchiedenheit zu
ſuchen, ſondern nichts weiter, als eine allgemeine Anzeige,
daß wir ſie zu ſuchen haben.
Wenn
T t 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/691>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.