Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst.
führen, welches alles durch ein solches Schema, als ob es ein wirkliches Wesen wäre, am besten, ia so gar einzig und allein, bewirkt wird. Die psychologische Idee kan auch nichts anders als das Schema eines regulativen Be- griffs bedeuten. Denn wolte ich auch nur fragen: ob die Seele nicht an sich geistiger Natur sey, so hätte diese Frage gar keinen Sinn. Denn durch einen solchen Be- griff nehme ich nicht blos die körperliche Natur, sondern überhaupt alle Natur weg, d. i. alle Prädicate irgend ei- ner möglichen Erfahrung, mithin alle Bedingungen zu einem solchen Begriffe einen Gegenstand zu denken, als welches doch einzig und allein es macht, daß man sagt, er habe einen Sinn.
Die zweite regulative Idee der blos speculativen Ver- nunft ist der Weltbegriff überhaupt. Denn Natur ist ei- gentlich nur das einzige gegebene Obiect, in Ansehung dessen die Vernunft regulative Principien bedarf. Diese Natur ist zwiefach, entweder die denkende, oder die kör- perliche Natur. Allein zu der lezteren, um sie ihrer inne- ren Möglichkeit nach zu denken, d. i. die Anwendung der Categorien auf dieselbe zu bestimmen, bedürfen wir keiner Idee, d. i. einer die Erfahrung übersteigenden Vorstellung; es ist auch keine in Ansehung derselben möglich, weil wir darin blos durch sinnliche Anschauung geleitet werden und nicht, wie in dem psychologischen Grundbegriffe (Ich), welcher eine gewisse Form des Denkens, nemlich die Ein- heit desselben, a priori enthält. Also bleibt uns vor die
reine
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
fuͤhren, welches alles durch ein ſolches Schema, als ob es ein wirkliches Weſen waͤre, am beſten, ia ſo gar einzig und allein, bewirkt wird. Die pſychologiſche Idee kan auch nichts anders als das Schema eines regulativen Be- griffs bedeuten. Denn wolte ich auch nur fragen: ob die Seele nicht an ſich geiſtiger Natur ſey, ſo haͤtte dieſe Frage gar keinen Sinn. Denn durch einen ſolchen Be- griff nehme ich nicht blos die koͤrperliche Natur, ſondern uͤberhaupt alle Natur weg, d. i. alle Praͤdicate irgend ei- ner moͤglichen Erfahrung, mithin alle Bedingungen zu einem ſolchen Begriffe einen Gegenſtand zu denken, als welches doch einzig und allein es macht, daß man ſagt, er habe einen Sinn.
Die zweite regulative Idee der blos ſpeculativen Ver- nunft iſt der Weltbegriff uͤberhaupt. Denn Natur iſt ei- gentlich nur das einzige gegebene Obiect, in Anſehung deſſen die Vernunft regulative Principien bedarf. Dieſe Natur iſt zwiefach, entweder die denkende, oder die koͤr- perliche Natur. Allein zu der lezteren, um ſie ihrer inne- ren Moͤglichkeit nach zu denken, d. i. die Anwendung der Categorien auf dieſelbe zu beſtimmen, beduͤrfen wir keiner Idee, d. i. einer die Erfahrung uͤberſteigenden Vorſtellung; es iſt auch keine in Anſehung derſelben moͤglich, weil wir darin blos durch ſinnliche Anſchauung geleitet werden und nicht, wie in dem pſychologiſchen Grundbegriffe (Ich), welcher eine gewiſſe Form des Denkens, nemlich die Ein- heit deſſelben, a priori enthaͤlt. Alſo bleibt uns vor die
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
fuͤhren, welches alles durch ein ſolches Schema, als ob
es ein wirkliches Weſen waͤre, am beſten, ia ſo gar einzig
und allein, bewirkt wird. Die pſychologiſche Idee kan
auch nichts anders als das Schema eines regulativen Be-
griffs bedeuten. Denn wolte ich auch nur fragen: ob die
Seele nicht an ſich geiſtiger Natur ſey, ſo haͤtte dieſe
Frage gar keinen Sinn. Denn durch einen ſolchen Be-
griff nehme ich nicht blos die koͤrperliche Natur, ſondern
uͤberhaupt alle Natur weg, d. i. alle Praͤdicate irgend ei-
ner moͤglichen Erfahrung, mithin alle Bedingungen zu
einem ſolchen Begriffe einen Gegenſtand zu denken, als
welches doch einzig und allein es macht, daß man ſagt, er
habe einen Sinn.
Die zweite regulative Idee der blos ſpeculativen Ver-
nunft iſt der Weltbegriff uͤberhaupt. Denn Natur iſt ei-
gentlich nur das einzige gegebene Obiect, in Anſehung
deſſen die Vernunft regulative Principien bedarf. Dieſe
Natur iſt zwiefach, entweder die denkende, oder die koͤr-
perliche Natur. Allein zu der lezteren, um ſie ihrer inne-
ren Moͤglichkeit nach zu denken, d. i. die Anwendung der
Categorien auf dieſelbe zu beſtimmen, beduͤrfen wir keiner
Idee, d. i. einer die Erfahrung uͤberſteigenden Vorſtellung;
es iſt auch keine in Anſehung derſelben moͤglich, weil wir
darin blos durch ſinnliche Anſchauung geleitet werden und
nicht, wie in dem pſychologiſchen Grundbegriffe (Ich),
welcher eine gewiſſe Form des Denkens, nemlich die Ein-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/714>, abgerufen am 22.11.2024.
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