Practische zu thun ist, und worüber in der Antinomie der reinen Vernunft schon hinreichende Erörterung zu fin- den ist.
Des Canons der reinen Vernunft Zweiter Abschnitt. Von dem Ideal des höchsten Guts als einem Bestimmungsgrunde des lezten Zwecks der reinen Vernunft.
Die Vernunft führete uns in ihrem speculativen Ge- brauche durch das Feld der Erfahrungen und, weil daselbst vor sie niemals völlige Befriedigung anzutreffen ist, von da zu speculativen Ideen, die uns aber am Ende wiederum auf Erfahrung zurück führeten und also ihre Ab- sicht auf eine zwar nützliche, aber unserer Erwartung gar nicht gemässe Art erfülleten. Nun bleibt uns noch ein Versuch übrig: ob nemlich auch reine Vernunft im practi- schen Gebrauche anzutreffen sey, ob sie in demselben zu den Ideen führe, welche die höchsten Zwecke der reinen Ver- nunft, die wir eben angeführt haben, erreichen und diese also aus dem Gesichtspuncte ihres practischen Interesse nicht dasienige gewähren könne, was sie uns in Ansehung des speculativen ganz und gar abschlägt.
Alles Interesse meiner Vernunft (das speculative so wol, als das practische) vereinigt sich in folgenden drey Fragen:
1. Was
Methodenlehre II. Haupſt. II. Abſch.
Practiſche zu thun iſt, und woruͤber in der Antinomie der reinen Vernunft ſchon hinreichende Eroͤrterung zu fin- den iſt.
Des Canons der reinen Vernunft Zweiter Abſchnitt. Von dem Ideal des hoͤchſten Guts als einem Beſtimmungsgrunde des lezten Zwecks der reinen Vernunft.
Die Vernunft fuͤhrete uns in ihrem ſpeculativen Ge- brauche durch das Feld der Erfahrungen und, weil daſelbſt vor ſie niemals voͤllige Befriedigung anzutreffen iſt, von da zu ſpeculativen Ideen, die uns aber am Ende wiederum auf Erfahrung zuruͤck fuͤhreten und alſo ihre Ab- ſicht auf eine zwar nuͤtzliche, aber unſerer Erwartung gar nicht gemaͤſſe Art erfuͤlleten. Nun bleibt uns noch ein Verſuch uͤbrig: ob nemlich auch reine Vernunft im practi- ſchen Gebrauche anzutreffen ſey, ob ſie in demſelben zu den Ideen fuͤhre, welche die hoͤchſten Zwecke der reinen Ver- nunft, die wir eben angefuͤhrt haben, erreichen und dieſe alſo aus dem Geſichtspuncte ihres practiſchen Intereſſe nicht dasienige gewaͤhren koͤnne, was ſie uns in Anſehung des ſpeculativen ganz und gar abſchlaͤgt.
Alles Intereſſe meiner Vernunft (das ſpeculative ſo wol, als das practiſche) vereinigt ſich in folgenden drey Fragen:
1. Was
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Methodenlehre II. Haupſt. II. Abſch.
Practiſche zu thun iſt, und woruͤber in der Antinomie der
reinen Vernunft ſchon hinreichende Eroͤrterung zu fin-
den iſt.
Des Canons der reinen Vernunft
Zweiter Abſchnitt.
Von dem
Ideal des hoͤchſten Guts als einem
Beſtimmungsgrunde des
lezten Zwecks der reinen Vernunft.
Die Vernunft fuͤhrete uns in ihrem ſpeculativen Ge-
brauche durch das Feld der Erfahrungen und, weil
daſelbſt vor ſie niemals voͤllige Befriedigung anzutreffen iſt,
von da zu ſpeculativen Ideen, die uns aber am Ende
wiederum auf Erfahrung zuruͤck fuͤhreten und alſo ihre Ab-
ſicht auf eine zwar nuͤtzliche, aber unſerer Erwartung gar
nicht gemaͤſſe Art erfuͤlleten. Nun bleibt uns noch ein
Verſuch uͤbrig: ob nemlich auch reine Vernunft im practi-
ſchen Gebrauche anzutreffen ſey, ob ſie in demſelben zu den
Ideen fuͤhre, welche die hoͤchſten Zwecke der reinen Ver-
nunft, die wir eben angefuͤhrt haben, erreichen und dieſe
alſo aus dem Geſichtspuncte ihres practiſchen Intereſſe nicht
dasienige gewaͤhren koͤnne, was ſie uns in Anſehung des
ſpeculativen ganz und gar abſchlaͤgt.
Alles Intereſſe meiner Vernunft (das ſpeculative ſo
wol, als das practiſche) vereinigt ſich in folgenden drey
Fragen:
1. Was
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 804. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/834>, abgerufen am 22.11.2024.
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