so fern er nicht den Gegenständen zugeschrieben werden kan; dahingegen die allgemeine Logik mit diesem Ursprunge der Erkentniß nichts zu thun hat, sondern die Vorstellun- gen, sie mögen uranfänglich a priori in uns selbst, oder nur empirisch gegeben seyn, blos nach den Gesetzen betrachtet, nach welchen der Verstand sie im Verhältniß gegen einander braucht, wenn er denkt und also nur von der Verstandes- form handelt, die den Vorstellungen verschaft werden kan, woher sie auch sonst entsprungen seyn mögen.
Und hier mache ich eine Anmerkung, die ihren Ein- fluß auf alle nachfolgende Betrachtungen erstreckt, und die man wol vor Augen haben muß, nemlich: daß nicht eine iede Erkentniß a priori, sondern nur die, dadurch wir er- kennen, daß und wie gewisse Vorstellungen (Anschauungen oder Begriffe) lediglich a priori angewandt werden, oder möglich seyn, transscendental (d. i. die Möglichkeit der Erkentniß oder der Gebrauch derselben a priori) heissen müsse. Daher ist weder der Raum, noch irgend eine geo- metrische Bestimmung desselben a priori eine transscenden- tale Vorstellung, sondern nur die Erkentniß, daß diese Vorstellungen gar nicht empirischen Ursprungs seyn, und die Möglichkeit, wie sie sich gleichwol a priori auf Ge- genstände der Erfahrung beziehen könne, kan trans- scendental heissen. Imgleichen würde der Gebrauch des Raumes von Gegenständen überhaupt auch trans- scendental seyn: aber ist er lediglich auf Gegenstän- de der Sinne eingeschränkt, so heißt er empirisch. Der
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Elementarlehre. II. Th. Transſc. Logik.
ſo fern er nicht den Gegenſtaͤnden zugeſchrieben werden kan; dahingegen die allgemeine Logik mit dieſem Urſprunge der Erkentniß nichts zu thun hat, ſondern die Vorſtellun- gen, ſie moͤgen uranfaͤnglich a priori in uns ſelbſt, oder nur empiriſch gegeben ſeyn, blos nach den Geſetzen betrachtet, nach welchen der Verſtand ſie im Verhaͤltniß gegen einander braucht, wenn er denkt und alſo nur von der Verſtandes- form handelt, die den Vorſtellungen verſchaft werden kan, woher ſie auch ſonſt entſprungen ſeyn moͤgen.
Und hier mache ich eine Anmerkung, die ihren Ein- fluß auf alle nachfolgende Betrachtungen erſtreckt, und die man wol vor Augen haben muß, nemlich: daß nicht eine iede Erkentniß a priori, ſondern nur die, dadurch wir er- kennen, daß und wie gewiſſe Vorſtellungen (Anſchauungen oder Begriffe) lediglich a priori angewandt werden, oder moͤglich ſeyn, transſcendental (d. i. die Moͤglichkeit der Erkentniß oder der Gebrauch derſelben a priori) heiſſen muͤſſe. Daher iſt weder der Raum, noch irgend eine geo- metriſche Beſtimmung deſſelben a priori eine transſcenden- tale Vorſtellung, ſondern nur die Erkentniß, daß dieſe Vorſtellungen gar nicht empiriſchen Urſprungs ſeyn, und die Moͤglichkeit, wie ſie ſich gleichwol a priori auf Ge- genſtaͤnde der Erfahrung beziehen koͤnne, kan trans- ſcendental heiſſen. Imgleichen wuͤrde der Gebrauch des Raumes von Gegenſtaͤnden uͤberhaupt auch trans- ſcendental ſeyn: aber iſt er lediglich auf Gegenſtaͤn- de der Sinne eingeſchraͤnkt, ſo heißt er empiriſch. Der
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Elementarlehre. II. Th. Transſc. Logik.
ſo fern er nicht den Gegenſtaͤnden zugeſchrieben werden
kan; dahingegen die allgemeine Logik mit dieſem Urſprunge
der Erkentniß nichts zu thun hat, ſondern die Vorſtellun-
gen, ſie moͤgen uranfaͤnglich a priori in uns ſelbſt, oder
nur empiriſch gegeben ſeyn, blos nach den Geſetzen betrachtet,
nach welchen der Verſtand ſie im Verhaͤltniß gegen einander
braucht, wenn er denkt und alſo nur von der Verſtandes-
form handelt, die den Vorſtellungen verſchaft werden
kan, woher ſie auch ſonſt entſprungen ſeyn moͤgen.
Und hier mache ich eine Anmerkung, die ihren Ein-
fluß auf alle nachfolgende Betrachtungen erſtreckt, und die
man wol vor Augen haben muß, nemlich: daß nicht eine
iede Erkentniß a priori, ſondern nur die, dadurch wir er-
kennen, daß und wie gewiſſe Vorſtellungen (Anſchauungen
oder Begriffe) lediglich a priori angewandt werden, oder
moͤglich ſeyn, transſcendental (d. i. die Moͤglichkeit der
Erkentniß oder der Gebrauch derſelben a priori) heiſſen
muͤſſe. Daher iſt weder der Raum, noch irgend eine geo-
metriſche Beſtimmung deſſelben a priori eine transſcenden-
tale Vorſtellung, ſondern nur die Erkentniß, daß dieſe
Vorſtellungen gar nicht empiriſchen Urſprungs ſeyn, und
die Moͤglichkeit, wie ſie ſich gleichwol a priori auf Ge-
genſtaͤnde der Erfahrung beziehen koͤnne, kan trans-
ſcendental heiſſen. Imgleichen wuͤrde der Gebrauch
des Raumes von Gegenſtaͤnden uͤberhaupt auch trans-
ſcendental ſeyn: aber iſt er lediglich auf Gegenſtaͤn-
de der Sinne eingeſchraͤnkt, ſo heißt er empiriſch. Der
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/86>, abgerufen am 23.11.2024.
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