Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Th. Critik der ästhetischen Urtheilskraft.
mithin so fern an ihnen blos die logische Form betrach-
tet wird, uns zum Leitfaden dienen.

§. 36.
Von der Aufgabe einer Deduction der
Geschmacksurtheile
.

Mit der Wahrnehmung eines Gegenstandes kann
unmittelbar der Begrif von einem Objecte überhaupt,
von welchem jene die empirische Prädicate enthält, zu
einem Erkenntnisurtheile verbunden und dadurch ein
Erfahrungsurtheil erzeugt werden. Diesem liegen nun
Begriffe a priori von der synthetischen Einheit des Man-
nigfaltigen der Anschauung, um es als Bestimmung
eines Objects zu denken, zum Grunde und diese Begriffe
(die Categorien) erfordern eine Deduction, die auch in
der Critik d. r. V. gegeben worden, wodurch denn auch
die Auflösung der Aufgabe zu Stande kommen konnte:
Wie sind synthetische Erkenntnisurtheile a priori mög-
lich? Diese Aufgabe betraf also die Principien a priori
des reinen Verstandes und seiner theoretischen Urtheile.

Mit einer Wahrnehmung kann aber auch unmittel-
bar ein Gefühl der Lust (oder Unlust) und ein Wohlge-
fallen verbunden werden, welches die Vorstellung des
Objects begleitet und denselben statt Prädicats dient und
so ein ästhetisches Urtheil, welches kein Erkenntnisurtheil
ist, entspringen. Einem solchen, wenn es nicht bloßes
Empfindungs- sondern ein formales Reflexions-Urtheil

Kants Crit. d. Urtheilskr. K

I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
mithin ſo fern an ihnen blos die logiſche Form betrach-
tet wird, uns zum Leitfaden dienen.

§. 36.
Von der Aufgabe einer Deduction der
Geſchmacksurtheile
.

Mit der Wahrnehmung eines Gegenſtandes kann
unmittelbar der Begrif von einem Objecte uͤberhaupt,
von welchem jene die empiriſche Praͤdicate enthaͤlt, zu
einem Erkenntnisurtheile verbunden und dadurch ein
Erfahrungsurtheil erzeugt werden. Dieſem liegen nun
Begriffe a priori von der ſynthetiſchen Einheit des Man-
nigfaltigen der Anſchauung, um es als Beſtimmung
eines Objects zu denken, zum Grunde und dieſe Begriffe
(die Categorien) erfordern eine Deduction, die auch in
der Critik d. r. V. gegeben worden, wodurch denn auch
die Aufloͤſung der Aufgabe zu Stande kommen konnte:
Wie ſind ſynthetiſche Erkenntnisurtheile a priori moͤg-
lich? Dieſe Aufgabe betraf alſo die Principien a priori
des reinen Verſtandes und ſeiner theoretiſchen Urtheile.

Mit einer Wahrnehmung kann aber auch unmittel-
bar ein Gefuͤhl der Luſt (oder Unluſt) und ein Wohlge-
fallen verbunden werden, welches die Vorſtellung des
Objects begleitet und denſelben ſtatt Praͤdicats dient und
ſo ein aͤſthetiſches Urtheil, welches kein Erkenntnisurtheil
iſt, entſpringen. Einem ſolchen, wenn es nicht bloßes
Empfindungs- ſondern ein formales Reflexions-Urtheil

Kants Crit. d. Urtheilskr. K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0209" n="145"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Th. Critik der a&#x0364;&#x017F;theti&#x017F;chen Urtheilskraft.</fw><lb/>
mithin &#x017F;o fern an ihnen blos die logi&#x017F;che Form betrach-<lb/>
tet wird, uns zum Leitfaden dienen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#b">§. 36.<lb/>
Von der Aufgabe einer Deduction der<lb/>
Ge&#x017F;chmacksurtheile</hi>.</head><lb/>
              <p>Mit der Wahrnehmung eines Gegen&#x017F;tandes kann<lb/>
unmittelbar der Begrif von einem Objecte u&#x0364;berhaupt,<lb/>
von welchem jene die empiri&#x017F;che Pra&#x0364;dicate entha&#x0364;lt, zu<lb/>
einem Erkenntnisurtheile verbunden und dadurch ein<lb/>
Erfahrungsurtheil erzeugt werden. Die&#x017F;em liegen nun<lb/>
Begriffe <hi rendition="#aq">a priori</hi> von der &#x017F;yntheti&#x017F;chen Einheit des Man-<lb/>
nigfaltigen der An&#x017F;chauung, um es als Be&#x017F;timmung<lb/>
eines Objects zu denken, zum Grunde und die&#x017F;e Begriffe<lb/>
(die Categorien) erfordern eine Deduction, die auch in<lb/>
der Critik d. r. V. gegeben worden, wodurch denn auch<lb/>
die Auflo&#x0364;&#x017F;ung der Aufgabe zu Stande kommen konnte:<lb/>
Wie &#x017F;ind &#x017F;yntheti&#x017F;che Erkenntnisurtheile <hi rendition="#aq">a priori</hi> mo&#x0364;g-<lb/>
lich? Die&#x017F;e Aufgabe betraf al&#x017F;o die Principien <hi rendition="#aq">a priori</hi><lb/>
des reinen Ver&#x017F;tandes und &#x017F;einer theoreti&#x017F;chen Urtheile.</p><lb/>
              <p>Mit einer Wahrnehmung kann aber auch unmittel-<lb/>
bar ein Gefu&#x0364;hl der Lu&#x017F;t (oder Unlu&#x017F;t) und ein Wohlge-<lb/>
fallen verbunden werden, welches die Vor&#x017F;tellung des<lb/>
Objects begleitet und den&#x017F;elben &#x017F;tatt Pra&#x0364;dicats dient und<lb/>
&#x017F;o ein a&#x0364;&#x017F;theti&#x017F;ches Urtheil, welches kein Erkenntnisurtheil<lb/>
i&#x017F;t, ent&#x017F;pringen. Einem &#x017F;olchen, wenn es nicht bloßes<lb/>
Empfindungs- &#x017F;ondern ein formales Reflexions-Urtheil<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Kants Crit. d. Urtheilskr</hi>. K</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0209] I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft. mithin ſo fern an ihnen blos die logiſche Form betrach- tet wird, uns zum Leitfaden dienen. §. 36. Von der Aufgabe einer Deduction der Geſchmacksurtheile. Mit der Wahrnehmung eines Gegenſtandes kann unmittelbar der Begrif von einem Objecte uͤberhaupt, von welchem jene die empiriſche Praͤdicate enthaͤlt, zu einem Erkenntnisurtheile verbunden und dadurch ein Erfahrungsurtheil erzeugt werden. Dieſem liegen nun Begriffe a priori von der ſynthetiſchen Einheit des Man- nigfaltigen der Anſchauung, um es als Beſtimmung eines Objects zu denken, zum Grunde und dieſe Begriffe (die Categorien) erfordern eine Deduction, die auch in der Critik d. r. V. gegeben worden, wodurch denn auch die Aufloͤſung der Aufgabe zu Stande kommen konnte: Wie ſind ſynthetiſche Erkenntnisurtheile a priori moͤg- lich? Dieſe Aufgabe betraf alſo die Principien a priori des reinen Verſtandes und ſeiner theoretiſchen Urtheile. Mit einer Wahrnehmung kann aber auch unmittel- bar ein Gefuͤhl der Luſt (oder Unluſt) und ein Wohlge- fallen verbunden werden, welches die Vorſtellung des Objects begleitet und denſelben ſtatt Praͤdicats dient und ſo ein aͤſthetiſches Urtheil, welches kein Erkenntnisurtheil iſt, entſpringen. Einem ſolchen, wenn es nicht bloßes Empfindungs- ſondern ein formales Reflexions-Urtheil Kants Crit. d. Urtheilskr. K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/209
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/209>, abgerufen am 04.12.2024.