Empfindungen (durchs Gehör) oder angenehmer Empfindungen erklärten. Nur nach der ersteren Er- klärungsart wird Musik gänzlich als schöne, nach der zweyten aber als angenehme Kunst (wenigstens zum Theil) vorgestellt werden.
§. 52. Von der Verbindung der schönen Künste in einem und demselben Producte.
Die Beredsamkeit kann mit einer mahlerischen Dar- stellung, ihrer Subjecte sowohl, als Gegenstände, in einem Schauspiele, die Poesie mit Musik im Ge- sange, dieser aber zugleich mit mahlerischer (theatrali- scher) Darstellung in einer Opera, das Spiel der Empfindungen in einer Musik mit dem Spiele der Ge- stalten im Tanz u. s. w. verbunden werden. Auch kann die Darstellung des Erhabenen, so fern sie zur schönen Kunst gehört, in einem gereimten Trauerspiele, einem Lehrgedichte, einem Oratorium sich mit der Schönheit vereinigen und in diesen Verbindnngen ist die schöne Kunst noch künstlicher, ob aber auch schöner, (da sich so mannigfaltige verschiedene Arten des Wohlgefal- lens einander durchkreutzen) kann in einigen dieser Fälle bezweifelt werden. Doch in aller schönen Kunst besteht das Wesentliche in der Form, welche für die Beobach- tung und Beurtheilung zweckmäßig ist, wo die Lust zu- gleich Cultur ist und den Geist zu Jdeen stimmt, mithin
O 2
I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
Empfindungen (durchs Gehoͤr) oder angenehmer Empfindungen erklaͤrten. Nur nach der erſteren Er- klaͤrungsart wird Muſik gaͤnzlich als ſchoͤne, nach der zweyten aber als angenehme Kunſt (wenigſtens zum Theil) vorgeſtellt werden.
§. 52. Von der Verbindung der ſchoͤnen Kuͤnſte in einem und demſelben Producte.
Die Beredſamkeit kann mit einer mahleriſchen Dar- ſtellung, ihrer Subjecte ſowohl, als Gegenſtaͤnde, in einem Schauſpiele, die Poeſie mit Muſik im Ge- ſange, dieſer aber zugleich mit mahleriſcher (theatrali- ſcher) Darſtellung in einer Opera, das Spiel der Empfindungen in einer Muſik mit dem Spiele der Ge- ſtalten im Tanz u. ſ. w. verbunden werden. Auch kann die Darſtellung des Erhabenen, ſo fern ſie zur ſchoͤnen Kunſt gehoͤrt, in einem gereimten Trauerſpiele, einem Lehrgedichte, einem Oratorium ſich mit der Schoͤnheit vereinigen und in dieſen Verbindnngen iſt die ſchoͤne Kunſt noch kuͤnſtlicher, ob aber auch ſchoͤner, (da ſich ſo mannigfaltige verſchiedene Arten des Wohlgefal- lens einander durchkreutzen) kann in einigen dieſer Faͤlle bezweifelt werden. Doch in aller ſchoͤnen Kunſt beſteht das Weſentliche in der Form, welche fuͤr die Beobach- tung und Beurtheilung zweckmaͤßig iſt, wo die Luſt zu- gleich Cultur iſt und den Geiſt zu Jdeen ſtimmt, mithin
O 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0275"n="211"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">I.</hi> Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.</fw><lb/>
Empfindungen (durchs Gehoͤr) oder <hirendition="#fr">angenehmer</hi><lb/>
Empfindungen erklaͤrten. Nur nach der erſteren Er-<lb/>
klaͤrungsart wird Muſik gaͤnzlich als <hirendition="#fr">ſchoͤne,</hi> nach der<lb/>
zweyten aber als <hirendition="#fr">angenehme</hi> Kunſt (wenigſtens zum<lb/>
Theil) vorgeſtellt werden.</p></div><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">§. 52.<lb/>
Von der Verbindung der ſchoͤnen Kuͤnſte in<lb/>
einem und demſelben Producte.</hi></head><lb/><p>Die Beredſamkeit kann mit einer mahleriſchen Dar-<lb/>ſtellung, ihrer Subjecte ſowohl, als Gegenſtaͤnde, in<lb/>
einem <hirendition="#fr">Schauſpiele,</hi> die Poeſie mit Muſik im <hirendition="#fr">Ge-<lb/>ſange,</hi> dieſer aber zugleich mit mahleriſcher (theatrali-<lb/>ſcher) Darſtellung in einer <hirendition="#fr">Opera,</hi> das Spiel der<lb/>
Empfindungen in einer Muſik mit dem Spiele der Ge-<lb/>ſtalten im <hirendition="#fr">Tanz</hi> u. ſ. w. verbunden werden. Auch kann<lb/>
die Darſtellung des Erhabenen, ſo fern ſie zur ſchoͤnen<lb/>
Kunſt gehoͤrt, in einem <hirendition="#fr">gereimten Trauerſpiele,</hi><lb/>
einem <hirendition="#fr">Lehrgedichte,</hi> einem <hirendition="#fr">Oratorium</hi>ſich mit der<lb/>
Schoͤnheit vereinigen und in dieſen Verbindnngen iſt die<lb/>ſchoͤne Kunſt noch kuͤnſtlicher, ob aber auch ſchoͤner, (da<lb/>ſich ſo mannigfaltige verſchiedene Arten des Wohlgefal-<lb/>
lens einander durchkreutzen) kann in einigen dieſer Faͤlle<lb/>
bezweifelt werden. Doch in aller ſchoͤnen Kunſt beſteht<lb/>
das Weſentliche in der Form, welche fuͤr die Beobach-<lb/>
tung und Beurtheilung zweckmaͤßig iſt, wo die Luſt zu-<lb/>
gleich Cultur iſt und den Geiſt zu Jdeen ſtimmt, mithin<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O 2</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[211/0275]
I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
Empfindungen (durchs Gehoͤr) oder angenehmer
Empfindungen erklaͤrten. Nur nach der erſteren Er-
klaͤrungsart wird Muſik gaͤnzlich als ſchoͤne, nach der
zweyten aber als angenehme Kunſt (wenigſtens zum
Theil) vorgeſtellt werden.
§. 52.
Von der Verbindung der ſchoͤnen Kuͤnſte in
einem und demſelben Producte.
Die Beredſamkeit kann mit einer mahleriſchen Dar-
ſtellung, ihrer Subjecte ſowohl, als Gegenſtaͤnde, in
einem Schauſpiele, die Poeſie mit Muſik im Ge-
ſange, dieſer aber zugleich mit mahleriſcher (theatrali-
ſcher) Darſtellung in einer Opera, das Spiel der
Empfindungen in einer Muſik mit dem Spiele der Ge-
ſtalten im Tanz u. ſ. w. verbunden werden. Auch kann
die Darſtellung des Erhabenen, ſo fern ſie zur ſchoͤnen
Kunſt gehoͤrt, in einem gereimten Trauerſpiele,
einem Lehrgedichte, einem Oratorium ſich mit der
Schoͤnheit vereinigen und in dieſen Verbindnngen iſt die
ſchoͤne Kunſt noch kuͤnſtlicher, ob aber auch ſchoͤner, (da
ſich ſo mannigfaltige verſchiedene Arten des Wohlgefal-
lens einander durchkreutzen) kann in einigen dieſer Faͤlle
bezweifelt werden. Doch in aller ſchoͤnen Kunſt beſteht
das Weſentliche in der Form, welche fuͤr die Beobach-
tung und Beurtheilung zweckmaͤßig iſt, wo die Luſt zu-
gleich Cultur iſt und den Geiſt zu Jdeen ſtimmt, mithin
O 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/275>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.