zeugten Producte mit unsern Begriffen vom Zwecke, mithin für die Technik, sondern selbst für die Bestim- mung der Ursachen dieser Erzeugung nach Bewegungs- gesetzen, mithin ihre Mechanik, der blinde Zufall zum Erklärungsgrunde angenommen, also nichts, auch nicht einmal der Schein in unserm teleologischen Urtheile er- klärt, mithin der vorgebliche Jdealism in denselben kei- nesweges dargethan wird.
Andererseits will Spinoza uns aller Nachfrage nach dem Grunde der Möglichkeit der Zwecke der Natur dadurch überheben und dieser Jdee alle Realität nehmen, daß er sie überhaupt nicht für Producte, sondern für einem Urwesen inhärirende Accidenzen gelten läßt, und diesem Wesen, als Substrat jener Naturdinge in An- sehung derselben nicht Caussalität, sondern blos Subsi- stenz beylegt und, (wegen der unbedingten Nothwendig- keit desselben, samt allen Naturdingen, als ihm inhäri- renden Accidenzen) den Naturformen zwar die Einheit des Grundes, die zu aller Zweckmäßigkeit erforderlich ist, sichert, aber zugleich die Zufälligkeit derselben, ohne die keine Zweckeinheit gedacht werden kann, entreißt und mit ihr alles Absichtliche, so wie dem Urgrunde der Naturdinge allen Verstand, wegnimmt.
Der Spinozism leistet aber das nicht was er will. Er will einen Erklärungsgrund der Zweckverknüpfung (die er nicht läugnet) der Dinge der Natur angeben und nennt blos die Einheit des Subjects, dem sie alle inhä-
Kants Crit. d. Urtheilskr. X
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
zeugten Producte mit unſern Begriffen vom Zwecke, mithin fuͤr die Technik, ſondern ſelbſt fuͤr die Beſtim- mung der Urſachen dieſer Erzeugung nach Bewegungs- geſetzen, mithin ihre Mechanik, der blinde Zufall zum Erklaͤrungsgrunde angenommen, alſo nichts, auch nicht einmal der Schein in unſerm teleologiſchen Urtheile er- klaͤrt, mithin der vorgebliche Jdealism in denſelben kei- nesweges dargethan wird.
Andererſeits will Spinoza uns aller Nachfrage nach dem Grunde der Moͤglichkeit der Zwecke der Natur dadurch uͤberheben und dieſer Jdee alle Realitaͤt nehmen, daß er ſie uͤberhaupt nicht fuͤr Producte, ſondern fuͤr einem Urweſen inhaͤrirende Accidenzen gelten laͤßt, und dieſem Weſen, als Subſtrat jener Naturdinge in An- ſehung derſelben nicht Cauſſalitaͤt, ſondern blos Subſi- ſtenz beylegt und, (wegen der unbedingten Nothwendig- keit deſſelben, ſamt allen Naturdingen, als ihm inhaͤri- renden Accidenzen) den Naturformen zwar die Einheit des Grundes, die zu aller Zweckmaͤßigkeit erforderlich iſt, ſichert, aber zugleich die Zufaͤlligkeit derſelben, ohne die keine Zweckeinheit gedacht werden kann, entreißt und mit ihr alles Abſichtliche, ſo wie dem Urgrunde der Naturdinge allen Verſtand, wegnimmt.
Der Spinozism leiſtet aber das nicht was er will. Er will einen Erklaͤrungsgrund der Zweckverknuͤpfung (die er nicht laͤugnet) der Dinge der Natur angeben und nennt blos die Einheit des Subjects, dem ſie alle inhaͤ-
Kants Crit. d. Urtheilskr. X
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
zeugten Producte mit unſern Begriffen vom Zwecke,
mithin fuͤr die Technik, ſondern ſelbſt fuͤr die Beſtim-
mung der Urſachen dieſer Erzeugung nach Bewegungs-
geſetzen, mithin ihre Mechanik, der blinde Zufall zum
Erklaͤrungsgrunde angenommen, alſo nichts, auch nicht
einmal der Schein in unſerm teleologiſchen Urtheile er-
klaͤrt, mithin der vorgebliche Jdealism in denſelben kei-
nesweges dargethan wird.
Andererſeits will Spinoza uns aller Nachfrage
nach dem Grunde der Moͤglichkeit der Zwecke der Natur
dadurch uͤberheben und dieſer Jdee alle Realitaͤt nehmen,
daß er ſie uͤberhaupt nicht fuͤr Producte, ſondern fuͤr
einem Urweſen inhaͤrirende Accidenzen gelten laͤßt, und
dieſem Weſen, als Subſtrat jener Naturdinge in An-
ſehung derſelben nicht Cauſſalitaͤt, ſondern blos Subſi-
ſtenz beylegt und, (wegen der unbedingten Nothwendig-
keit deſſelben, ſamt allen Naturdingen, als ihm inhaͤri-
renden Accidenzen) den Naturformen zwar die Einheit
des Grundes, die zu aller Zweckmaͤßigkeit erforderlich iſt,
ſichert, aber zugleich die Zufaͤlligkeit derſelben, ohne die
keine Zweckeinheit gedacht werden kann, entreißt und
mit ihr alles Abſichtliche, ſo wie dem Urgrunde der
Naturdinge allen Verſtand, wegnimmt.
Der Spinozism leiſtet aber das nicht was er will.
Er will einen Erklaͤrungsgrund der Zweckverknuͤpfung
(die er nicht laͤugnet) der Dinge der Natur angeben und
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/385>, abgerufen am 05.12.2024.
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