der Vernunft hier mit seinen Begriffen es gleich zu thun, ist blos: daß für ihn, als menschlichem Verstande, das über- schwenglich, (d. i. den subjectiven Bedingungen seines Er- kenntnisses unmöglich) ist, was doch die Vernunft als zum Object gehörig zum Prinzip macht. -- Hiebey gilt nun immer die Maxime, daß wir alle Objecte, da wo ihr Er- kenntnis das Vermögen des Verstandes übersteigt, nach den subjectiven, unserer, d. i. der menschlichen Natur, nothwen- dig anhängenden Bedingungen der Ausübung ihrer Vermö- gen denken und, wenn die auf die Art gefällete Urtheile (wie es auch in Ansehung der überschwenglichen Begriffe nicht an- ders seyn kann) nicht constitutive Principien, die das Ob- ject, wie es beschaffen ist, bestimmen, seyn können, so wer- den es doch regulative, in der Ausübung immanente und sichere, der menschlichen Absicht angemessene Principien bleiben.
So wie die Vernunft in theoretischer Betrachtung der Natur die Jdee einer unbedingten Nothwendigkeit ihres Ur- grundes annehmen muß, so setzt sie auch in practischer ihre eigene (in Ansehung der Natur) unbedingte Caussalität, d. i. Freyheit, voraus, indem sie sich ihres moralischen Gebots bewußt ist. Weil nun aber hier die objective Nothwendig- keit der Handlung, als Pflicht, derjenigen, die sie, als Be- gebenheit, haben würde, wenn ihr Grund in der Natur und nicht in der Freyheit (d. i. der Vernunftcaussalität) läge, ent- gegengesetzt und die moralisch-schlechthin-nothwendige Hand- lung physisch als ganz zufällig angesehen wird, (d. i. daß das was nothwendig geschehen sollte, doch öfters nicht ge- schicht) so ist klar, daß es nur von der subjectiven Beschaffen- heit unseres practischen Vermögens herrührt, daß die mora- lische Gesetze als Gebote (und die ihnen gemäße Handlun- gen als Pflichten) vorgestellt werden müssen und die Ver-
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
der Vernunft hier mit ſeinen Begriffen es gleich zu thun, iſt blos: daß fuͤr ihn, als menſchlichem Verſtande, das uͤber- ſchwenglich, (d. i. den ſubjectiven Bedingungen ſeines Er- kenntniſſes unmoͤglich) iſt, was doch die Vernunft als zum Object gehoͤrig zum Prinzip macht. — Hiebey gilt nun immer die Maxime, daß wir alle Objecte, da wo ihr Er- kenntnis das Vermoͤgen des Verſtandes uͤberſteigt, nach den ſubjectiven, unſerer, d. i. der menſchlichen Natur, nothwen- dig anhaͤngenden Bedingungen der Ausuͤbung ihrer Vermoͤ- gen denken und, wenn die auf die Art gefaͤllete Urtheile (wie es auch in Anſehung der uͤberſchwenglichen Begriffe nicht an- ders ſeyn kann) nicht conſtitutive Principien, die das Ob- ject, wie es beſchaffen iſt, beſtimmen, ſeyn koͤnnen, ſo wer- den es doch regulative, in der Ausuͤbung immanente und ſichere, der menſchlichen Abſicht angemeſſene Principien bleiben.
So wie die Vernunft in theoretiſcher Betrachtung der Natur die Jdee einer unbedingten Nothwendigkeit ihres Ur- grundes annehmen muß, ſo ſetzt ſie auch in practiſcher ihre eigene (in Anſehung der Natur) unbedingte Cauſſalitaͤt, d. i. Freyheit, voraus, indem ſie ſich ihres moraliſchen Gebots bewußt iſt. Weil nun aber hier die objective Nothwendig- keit der Handlung, als Pflicht, derjenigen, die ſie, als Be- gebenheit, haben wuͤrde, wenn ihr Grund in der Natur und nicht in der Freyheit (d. i. der Vernunftcauſſalitaͤt) laͤge, ent- gegengeſetzt und die moraliſch-ſchlechthin-nothwendige Hand- lung phyſiſch als ganz zufaͤllig angeſehen wird, (d. i. daß das was nothwendig geſchehen ſollte, doch oͤfters nicht ge- ſchicht) ſo iſt klar, daß es nur von der ſubjectiven Beſchaffen- heit unſeres practiſchen Vermoͤgens herruͤhrt, daß die mora- liſche Geſetze als Gebote (und die ihnen gemaͤße Handlun- gen als Pflichten) vorgeſtellt werden muͤſſen und die Ver-
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
der Vernunft hier mit ſeinen Begriffen es gleich zu thun, iſt
blos: daß fuͤr ihn, als menſchlichem Verſtande, das uͤber-
ſchwenglich, (d. i. den ſubjectiven Bedingungen ſeines Er-
kenntniſſes unmoͤglich) iſt, was doch die Vernunft als zum
Object gehoͤrig zum Prinzip macht. — Hiebey gilt nun
immer die Maxime, daß wir alle Objecte, da wo ihr Er-
kenntnis das Vermoͤgen des Verſtandes uͤberſteigt, nach den
ſubjectiven, unſerer, d. i. der menſchlichen Natur, nothwen-
dig anhaͤngenden Bedingungen der Ausuͤbung ihrer Vermoͤ-
gen denken und, wenn die auf die Art gefaͤllete Urtheile (wie
es auch in Anſehung der uͤberſchwenglichen Begriffe nicht an-
ders ſeyn kann) nicht conſtitutive Principien, die das Ob-
ject, wie es beſchaffen iſt, beſtimmen, ſeyn koͤnnen, ſo wer-
den es doch regulative, in der Ausuͤbung immanente und
ſichere, der menſchlichen Abſicht angemeſſene Principien
bleiben.
So wie die Vernunft in theoretiſcher Betrachtung der
Natur die Jdee einer unbedingten Nothwendigkeit ihres Ur-
grundes annehmen muß, ſo ſetzt ſie auch in practiſcher ihre
eigene (in Anſehung der Natur) unbedingte Cauſſalitaͤt, d. i.
Freyheit, voraus, indem ſie ſich ihres moraliſchen Gebots
bewußt iſt. Weil nun aber hier die objective Nothwendig-
keit der Handlung, als Pflicht, derjenigen, die ſie, als Be-
gebenheit, haben wuͤrde, wenn ihr Grund in der Natur und
nicht in der Freyheit (d. i. der Vernunftcauſſalitaͤt) laͤge, ent-
gegengeſetzt und die moraliſch-ſchlechthin-nothwendige Hand-
lung phyſiſch als ganz zufaͤllig angeſehen wird, (d. i. daß
das was nothwendig geſchehen ſollte, doch oͤfters nicht ge-
ſchicht) ſo iſt klar, daß es nur von der ſubjectiven Beſchaffen-
heit unſeres practiſchen Vermoͤgens herruͤhrt, daß die mora-
liſche Geſetze als Gebote (und die ihnen gemaͤße Handlun-
gen als Pflichten) vorgeſtellt werden muͤſſen und die Ver-
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/402>, abgerufen am 26.06.2024.
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