Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. Critik der teleologischen Urtheilskraft.
eben derselben Materie, als einer Caussalität nach Zwe-
cken zu handeln, eben dasselbe Product ableiten. Um-
gekehrt, wenn ich dasselbe Product als Naturzweck an-
nehme, kann ich nicht auf eine mechanische Erzeugungs-
art desselben rechnen und solche als constitutives Princip
zur Beurtheilung desselben seiner Möglichkeit nach anneh-
men und so beyde Principien vereinigen. Denn eine
Erklärungsart schließt die andere aus, gesetzt auch, daß
objectiv beyde Gründe der Möglichkeit eines solchen Pro-
ducts auf einem einzigen beruheten, wir aber auf diesen
nicht Rücksicht nähmen. Das Princip, welches die
Vereinbarkeit beyder in Beurtheilung der Natur nach
denselben möglich machen soll, muß in dem was ausser-
halb beyden (mithin auch ausser der möglichen empiri-
schen Naturvorstellung) liegt, von dieser aber doch den
Grund enthält, d. i. im Uebersinnlichen gesetzt und eine
jede beyder Erklärungsarten darauf bezogen werden.
Da wir nun von diesem nichts als den unbestimmten
Begrif eines Grundes haben können, der die Beurthei-
lung der Natur nach empirischen Gesetzen möglich macht,
übrigens aber ihn durch kein Prädicat näher bestimmen
können, so folgt, daß die Vereinigung beyder Principien
nicht auf einem Grunde der Erklärung (Explication)
der Möglichkeit eines Products nach gegebenen Gesetzen
für die bestimmende, sondern nur auf einem Grunde
der Erörterung (Exposition) derselben für die reflecti-
rende Urtheilskraft beruhen könne. -- Denn Erklären

Kants Crit d. Urtheilskr. Z

II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
eben derſelben Materie, als einer Cauſſalitaͤt nach Zwe-
cken zu handeln, eben daſſelbe Product ableiten. Um-
gekehrt, wenn ich daſſelbe Product als Naturzweck an-
nehme, kann ich nicht auf eine mechaniſche Erzeugungs-
art deſſelben rechnen und ſolche als conſtitutives Princip
zur Beurtheilung deſſelben ſeiner Moͤglichkeit nach anneh-
men und ſo beyde Principien vereinigen. Denn eine
Erklaͤrungsart ſchließt die andere aus, geſetzt auch, daß
objectiv beyde Gruͤnde der Moͤglichkeit eines ſolchen Pro-
ducts auf einem einzigen beruheten, wir aber auf dieſen
nicht Ruͤckſicht naͤhmen. Das Princip, welches die
Vereinbarkeit beyder in Beurtheilung der Natur nach
denſelben moͤglich machen ſoll, muß in dem was auſſer-
halb beyden (mithin auch auſſer der moͤglichen empiri-
ſchen Naturvorſtellung) liegt, von dieſer aber doch den
Grund enthaͤlt, d. i. im Ueberſinnlichen geſetzt und eine
jede beyder Erklaͤrungsarten darauf bezogen werden.
Da wir nun von dieſem nichts als den unbeſtimmten
Begrif eines Grundes haben koͤnnen, der die Beurthei-
lung der Natur nach empiriſchen Geſetzen moͤglich macht,
uͤbrigens aber ihn durch kein Praͤdicat naͤher beſtimmen
koͤnnen, ſo folgt, daß die Vereinigung beyder Principien
nicht auf einem Grunde der Erklaͤrung (Explication)
der Moͤglichkeit eines Products nach gegebenen Geſetzen
fuͤr die beſtimmende, ſondern nur auf einem Grunde
der Eroͤrterung (Expoſition) derſelben fuͤr die reflecti-
rende Urtheilskraft beruhen koͤnne. — Denn Erklaͤren

Kantſ Crit d. Urtheilskr. Z
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0417" n="353"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Th. Critik der teleologi&#x017F;chen Urtheilskraft.</fw><lb/>
eben der&#x017F;elben Materie, als einer Cau&#x017F;&#x017F;alita&#x0364;t nach Zwe-<lb/>
cken zu handeln, eben da&#x017F;&#x017F;elbe Product ableiten. Um-<lb/>
gekehrt, wenn ich da&#x017F;&#x017F;elbe Product als Naturzweck an-<lb/>
nehme, kann ich nicht auf eine mechani&#x017F;che Erzeugungs-<lb/>
art de&#x017F;&#x017F;elben rechnen und &#x017F;olche als con&#x017F;titutives Princip<lb/>
zur Beurtheilung de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;einer Mo&#x0364;glichkeit nach anneh-<lb/>
men und &#x017F;o beyde Principien vereinigen. Denn eine<lb/>
Erkla&#x0364;rungsart &#x017F;chließt die andere aus, ge&#x017F;etzt auch, daß<lb/>
objectiv beyde Gru&#x0364;nde der Mo&#x0364;glichkeit eines &#x017F;olchen Pro-<lb/>
ducts auf einem einzigen beruheten, wir aber auf die&#x017F;en<lb/>
nicht Ru&#x0364;ck&#x017F;icht na&#x0364;hmen. Das Princip, welches die<lb/>
Vereinbarkeit beyder in Beurtheilung der Natur nach<lb/>
den&#x017F;elben mo&#x0364;glich machen &#x017F;oll, muß in dem was au&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
halb beyden (mithin auch au&#x017F;&#x017F;er der mo&#x0364;glichen empiri-<lb/>
&#x017F;chen Naturvor&#x017F;tellung) liegt, von die&#x017F;er aber doch den<lb/>
Grund entha&#x0364;lt, d. i. im Ueber&#x017F;innlichen ge&#x017F;etzt und eine<lb/>
jede beyder Erkla&#x0364;rungsarten darauf bezogen werden.<lb/>
Da wir nun von die&#x017F;em nichts als den unbe&#x017F;timmten<lb/>
Begrif eines Grundes haben ko&#x0364;nnen, der die Beurthei-<lb/>
lung der Natur nach empiri&#x017F;chen Ge&#x017F;etzen mo&#x0364;glich macht,<lb/>
u&#x0364;brigens aber ihn durch kein Pra&#x0364;dicat na&#x0364;her be&#x017F;timmen<lb/>
ko&#x0364;nnen, <hi rendition="#g">&#x017F;o</hi> folgt, daß die Vereinigung beyder Principien<lb/>
nicht auf einem Grunde der <hi rendition="#fr">Erkla&#x0364;rung</hi> (Explication)<lb/>
der Mo&#x0364;glichkeit eines Products nach gegebenen Ge&#x017F;etzen<lb/>
fu&#x0364;r die <hi rendition="#fr">be&#x017F;timmende</hi>, &#x017F;ondern nur auf einem Grunde<lb/>
der <hi rendition="#fr">Ero&#x0364;rterung</hi> (Expo&#x017F;ition) der&#x017F;elben fu&#x0364;r die reflecti-<lb/>
rende Urtheilskraft beruhen ko&#x0364;nne. &#x2014; Denn Erkla&#x0364;ren<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Kant&#x017F; Crit d. Urtheilskr</hi>. Z</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0417] II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft. eben derſelben Materie, als einer Cauſſalitaͤt nach Zwe- cken zu handeln, eben daſſelbe Product ableiten. Um- gekehrt, wenn ich daſſelbe Product als Naturzweck an- nehme, kann ich nicht auf eine mechaniſche Erzeugungs- art deſſelben rechnen und ſolche als conſtitutives Princip zur Beurtheilung deſſelben ſeiner Moͤglichkeit nach anneh- men und ſo beyde Principien vereinigen. Denn eine Erklaͤrungsart ſchließt die andere aus, geſetzt auch, daß objectiv beyde Gruͤnde der Moͤglichkeit eines ſolchen Pro- ducts auf einem einzigen beruheten, wir aber auf dieſen nicht Ruͤckſicht naͤhmen. Das Princip, welches die Vereinbarkeit beyder in Beurtheilung der Natur nach denſelben moͤglich machen ſoll, muß in dem was auſſer- halb beyden (mithin auch auſſer der moͤglichen empiri- ſchen Naturvorſtellung) liegt, von dieſer aber doch den Grund enthaͤlt, d. i. im Ueberſinnlichen geſetzt und eine jede beyder Erklaͤrungsarten darauf bezogen werden. Da wir nun von dieſem nichts als den unbeſtimmten Begrif eines Grundes haben koͤnnen, der die Beurthei- lung der Natur nach empiriſchen Geſetzen moͤglich macht, uͤbrigens aber ihn durch kein Praͤdicat naͤher beſtimmen koͤnnen, ſo folgt, daß die Vereinigung beyder Principien nicht auf einem Grunde der Erklaͤrung (Explication) der Moͤglichkeit eines Products nach gegebenen Geſetzen fuͤr die beſtimmende, ſondern nur auf einem Grunde der Eroͤrterung (Expoſition) derſelben fuͤr die reflecti- rende Urtheilskraft beruhen koͤnne. — Denn Erklaͤren Kantſ Crit d. Urtheilskr. Z

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/417
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/417>, abgerufen am 05.12.2024.