res Princip der Möglichkeit des Objects ihrer unvermeid- lichen teleologischen Beurtheilung in ihrem Vermögen hat, als das, den Mechanism der Natur der Archite- ctonick eines verständigen Welturhebers unterzuordnen: das alles leistet die teleologische Weltbetrachtung sehr herrlich und zur äußersten Bewunderung. Weil aber die Data, mithin die Principien jenen Begrif einer intelligenten Weltursache (als höchsten Küns[t]lers) zu bestimmen, blos empirisch sind, so lassen sie auf keine Eigenschaften weiter schließen, als uns die Erfahrung an den Wirkungen derselben offenbahrt, welche, da sie nie die gesammte Natur als System befassen kann, oft auf, (dem Anscheine nach) jenem Begriffe und unter einander widerstreitende Beweisgründe stoßen muß, nie- mals aber, wenn wir gleich vermögend wären auch das ganze System, sofern es bloße Natur betrift, empirisch zu überschauen, uns, über die Natur, zu dem Zwecke ihrer Existenz selber, und dadurch zum bestimmten Be- griffe jener obern Jntelligenz, erheben können.
Wenn man sich die Aufgabe, um deren Auflösung einer Physicotheologie zu thun ist, klein macht, so scheint ihre Auflösung leicht. Verschwendet man nämlich den Begrif von einer Gottheit an jedes von uns gedach- tes verständiges Wesen, deren es eines oder mehrere geben mag, das viel und sehr große, aber eben nicht alle Eigenschaften habe, die zu Gründung einer mit dem größtmöglichen Zwecke übereinstimmenden Natur
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
res Princip der Moͤglichkeit des Objects ihrer unvermeid- lichen teleologiſchen Beurtheilung in ihrem Vermoͤgen hat, als das, den Mechanism der Natur der Archite- ctonick eines verſtaͤndigen Welturhebers unterzuordnen: das alles leiſtet die teleologiſche Weltbetrachtung ſehr herrlich und zur aͤußerſten Bewunderung. Weil aber die Data, mithin die Principien jenen Begrif einer intelligenten Welturſache (als hoͤchſten Kuͤnſ[t]lers) zu beſtimmen, blos empiriſch ſind, ſo laſſen ſie auf keine Eigenſchaften weiter ſchließen, als uns die Erfahrung an den Wirkungen derſelben offenbahrt, welche, da ſie nie die geſammte Natur als Syſtem befaſſen kann, oft auf, (dem Anſcheine nach) jenem Begriffe und unter einander widerſtreitende Beweisgruͤnde ſtoßen muß, nie- mals aber, wenn wir gleich vermoͤgend waͤren auch das ganze Syſtem, ſofern es bloße Natur betrift, empiriſch zu uͤberſchauen, uns, uͤber die Natur, zu dem Zwecke ihrer Exiſtenz ſelber, und dadurch zum beſtimmten Be- griffe jener obern Jntelligenz, erheben koͤnnen.
Wenn man ſich die Aufgabe, um deren Aufloͤſung einer Phyſicotheologie zu thun iſt, klein macht, ſo ſcheint ihre Aufloͤſung leicht. Verſchwendet man naͤmlich den Begrif von einer Gottheit an jedes von uns gedach- tes verſtaͤndiges Weſen, deren es eines oder mehrere geben mag, das viel und ſehr große, aber eben nicht alle Eigenſchaften habe, die zu Gruͤndung einer mit dem groͤßtmoͤglichen Zwecke uͤbereinſtimmenden Natur
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
res Princip der Moͤglichkeit des Objects ihrer unvermeid-
lichen teleologiſchen Beurtheilung in ihrem Vermoͤgen
hat, als das, den Mechanism der Natur der Archite-
ctonick eines verſtaͤndigen Welturhebers unterzuordnen:
das alles leiſtet die teleologiſche Weltbetrachtung ſehr
herrlich und zur aͤußerſten Bewunderung. Weil aber
die Data, mithin die Principien jenen Begrif einer
intelligenten Welturſache (als hoͤchſten Kuͤnſtlers) zu
beſtimmen, blos empiriſch ſind, ſo laſſen ſie auf keine
Eigenſchaften weiter ſchließen, als uns die Erfahrung
an den Wirkungen derſelben offenbahrt, welche, da ſie
nie die geſammte Natur als Syſtem befaſſen kann, oft
auf, (dem Anſcheine nach) jenem Begriffe und unter
einander widerſtreitende Beweisgruͤnde ſtoßen muß, nie-
mals aber, wenn wir gleich vermoͤgend waͤren auch das
ganze Syſtem, ſofern es bloße Natur betrift, empiriſch
zu uͤberſchauen, uns, uͤber die Natur, zu dem Zwecke
ihrer Exiſtenz ſelber, und dadurch zum beſtimmten Be-
griffe jener obern Jntelligenz, erheben koͤnnen.
Wenn man ſich die Aufgabe, um deren Aufloͤſung
einer Phyſicotheologie zu thun iſt, klein macht, ſo ſcheint
ihre Aufloͤſung leicht. Verſchwendet man naͤmlich den
Begrif von einer Gottheit an jedes von uns gedach-
tes verſtaͤndiges Weſen, deren es eines oder mehrere
geben mag, das viel und ſehr große, aber eben nicht
alle Eigenſchaften habe, die zu Gruͤndung einer mit
dem groͤßtmoͤglichen Zwecke uͤbereinſtimmenden Natur
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/462>, abgerufen am 16.07.2024.
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