Allwissenheit, Allmacht, Allgegenwart u. s. w. als dazu ge- hörige Natureigenschaften erfoderlich sind, die mit dem mo- ralischen Endzwecke der unendlich ist als verbunden mit ihm adäquat gedacht werden müssen und kan so den Begrif eines ein- zigen Welturhebers, der zu einer Theologie tauglich ist, ganz allein verschaffen.
Auf solche Weise führt eine Theologie auch unmittelbar zur Religion, d. i. der Erkenntnis unserer Pflichten, als göttlicher Gebote; weil die Erkenntnis unserer Pflicht, und des darin uns durch Vernunft auferlegten Endzwecks, den Begrif von Gott zuerst bestimmt hervorbringen konnte, der also schon in seinem Ursprunge von der Verbindlichkeit ge- gen dieses Wesen unzertrennlich ist, anstatt daß, wenn der Begrif vom Urwesen auf dem blos theoretischen Wege (näm- lich desselben als bloßer Ursache der Natur) auch bestimmt ge- funden werden könnte, es nachher noch mit großer Schwie- rigkeit, vielleicht gar Unmöglichkeit, es ohne willkührliche Einschiebung zu leisten, verbunden seyn würde, diesem We- sen eine Caussalität nach moralischen Gesetzen durch gründ- liche Beweise beyzulegen; ohne die doch jener angeblich theo- logische Begrif keine Grundlage zur Religion ausmachen kann. Selbst wenn eine Religion auf diesem theoretischen Wege ge- gründet werden könnte, würde sie in Ansehung der Gesin- nung (darinn doch ihr Wesentliches besteht) wirklich von der- jenigen unterschieden seyn, darinn der Begrif von Gott und die (practische) Ueberzengung von seinem Daseyn aus Grund- ideen der Sittlichkeit entspringt. Denn, wenn wir Allge- walt, Allwissenheit u. s. w. eines Welturhebers, als ander- wärts her uns gegebene Begriffe voraussetzen müßten, um nachher unsre Begriffe von Pflichten auf unser Verhältnis zu ihm nur anzuwenden, so müßten diese sehr stark den Anstrich von Zwang und abgenöthigter Unterwerfung bey sich führen;
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
Allwiſſenheit, Allmacht, Allgegenwart u. ſ. w. als dazu ge- hoͤrige Natureigenſchaften erfoderlich ſind, die mit dem mo- raliſchen Endzwecke der unendlich iſt als verbunden mit ihm adaͤquat gedacht werden muͤſſen und kan ſo den Begrif eines ein- zigen Welturhebers, der zu einer Theologie tauglich iſt, ganz allein verſchaffen.
Auf ſolche Weiſe fuͤhrt eine Theologie auch unmittelbar zur Religion, d. i. der Erkenntnis unſerer Pflichten, als goͤttlicher Gebote; weil die Erkenntnis unſerer Pflicht, und des darin uns durch Vernunft auferlegten Endzwecks, den Begrif von Gott zuerſt beſtimmt hervorbringen konnte, der alſo ſchon in ſeinem Urſprunge von der Verbindlichkeit ge- gen dieſes Weſen unzertrennlich iſt, anſtatt daß, wenn der Begrif vom Urweſen auf dem blos theoretiſchen Wege (naͤm- lich deſſelben als bloßer Urſache der Natur) auch beſtimmt ge- funden werden koͤnnte, es nachher noch mit großer Schwie- rigkeit, vielleicht gar Unmoͤglichkeit, es ohne willkuͤhrliche Einſchiebung zu leiſten, verbunden ſeyn wuͤrde, dieſem We- ſen eine Cauſſalitaͤt nach moraliſchen Geſetzen durch gruͤnd- liche Beweiſe beyzulegen; ohne die doch jener angeblich theo- logiſche Begrif keine Grundlage zur Religion ausmachen kann. Selbſt wenn eine Religion auf dieſem theoretiſchen Wege ge- gruͤndet werden koͤnnte, wuͤrde ſie in Anſehung der Geſin- nung (darinn doch ihr Weſentliches beſteht) wirklich von der- jenigen unterſchieden ſeyn, darinn der Begrif von Gott und die (practiſche) Ueberzengung von ſeinem Daſeyn aus Grund- ideen der Sittlichkeit entſpringt. Denn, wenn wir Allge- walt, Allwiſſenheit u. ſ. w. eines Welturhebers, als ander- waͤrts her uns gegebene Begriffe vorausſetzen muͤßten, um nachher unſre Begriffe von Pflichten auf unſer Verhaͤltnis zu ihm nur anzuwenden, ſo muͤßten dieſe ſehr ſtark den Anſtrich von Zwang und abgenoͤthigter Unterwerfung bey ſich fuͤhren;
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
Allwiſſenheit, Allmacht, Allgegenwart u. ſ. w. als dazu ge-
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adaͤquat gedacht werden muͤſſen und kan ſo den Begrif eines ein-
zigen Welturhebers, der zu einer Theologie tauglich iſt,
ganz allein verſchaffen.
Auf ſolche Weiſe fuͤhrt eine Theologie auch unmittelbar
zur Religion, d. i. der Erkenntnis unſerer Pflichten,
als goͤttlicher Gebote; weil die Erkenntnis unſerer Pflicht,
und des darin uns durch Vernunft auferlegten Endzwecks,
den Begrif von Gott zuerſt beſtimmt hervorbringen konnte,
der alſo ſchon in ſeinem Urſprunge von der Verbindlichkeit ge-
gen dieſes Weſen unzertrennlich iſt, anſtatt daß, wenn der
Begrif vom Urweſen auf dem blos theoretiſchen Wege (naͤm-
lich deſſelben als bloßer Urſache der Natur) auch beſtimmt ge-
funden werden koͤnnte, es nachher noch mit großer Schwie-
rigkeit, vielleicht gar Unmoͤglichkeit, es ohne willkuͤhrliche
Einſchiebung zu leiſten, verbunden ſeyn wuͤrde, dieſem We-
ſen eine Cauſſalitaͤt nach moraliſchen Geſetzen durch gruͤnd-
liche Beweiſe beyzulegen; ohne die doch jener angeblich theo-
logiſche Begrif keine Grundlage zur Religion ausmachen kann.
Selbſt wenn eine Religion auf dieſem theoretiſchen Wege ge-
gruͤndet werden koͤnnte, wuͤrde ſie in Anſehung der Geſin-
nung (darinn doch ihr Weſentliches beſteht) wirklich von der-
jenigen unterſchieden ſeyn, darinn der Begrif von Gott und
die (practiſche) Ueberzengung von ſeinem Daſeyn aus Grund-
ideen der Sittlichkeit entſpringt. Denn, wenn wir Allge-
walt, Allwiſſenheit u. ſ. w. eines Welturhebers, als ander-
waͤrts her uns gegebene Begriffe vorausſetzen muͤßten, um
nachher unſre Begriffe von Pflichten auf unſer Verhaͤltnis
zu ihm nur anzuwenden, ſo muͤßten dieſe ſehr ſtark den Anſtrich
von Zwang und abgenoͤthigter Unterwerfung bey ſich fuͤhren;
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/535>, abgerufen am 04.12.2024.
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