Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.Einleitung ner Zweckmäßigkeit der Natur ist noch zu den Naturbe-griffen gehörig, aber nur als regulatives Princip des Erkenntnisvermögens; ob zwar das ästhetische Urtheil über gewisse Gegenstände (der Natur oder der Kunst), welches ihn veranlasset, in Ansehung des Gefühls der Lust oder Unlust ein constitutives Princip ist. Die Spontaneität im Spiele der Erkenntnisvermögen, deren Zusammenstimmung den Grund dieser Lust ent- hält, macht den gedachten Begrif zur Vermittelung der Verknüpfung der Gebiete des Naturbegrifs mit dem Freyheitsbegriffe in ihren Folgen tauglich, indem diese zugleich die Empfänglichkeit des Gemüths fürs mora- lische Gefühl befördert. -- Folgende Tafel kann die Uebersicht aller oberen Vermögen ihrer systematischen Einheit nach erleichtern *). *) Man hat es bedenklich gefunden, daß meine Eintheilun-
gen in der reinen Philosophie fast immer dreytheilig ausfal- len. Das liegt aber in der Natur der Sache. Soll eine Eintheilung a priori geschehen, so wird sie entweder analy- tisch seyn, nach dem Satze des Widerspruchs und da ist sie jederzeit zweytheilig (quodlibet ens est aut A aut non A) oder sie ist synthetisch und, wenn sie in diesem Falle aus Begriffen a priori (nicht wie in der Mathematik aus der a priori dem Begriffe correspondirenden Anschauung) soll ge- führt werden, so muß, nach demjenigen, was zu der syn- thetischen Einheit überhaupt erforderlich ist, nämlich 1. Be- dingung 2. ein Bedingtes 3. der Begrif der aus der Ver- einigung des Bedingten mit seiner Bedingung entspringt, die Eintheilung nothwendig Trichotomie seyn. Einleitung ner Zweckmaͤßigkeit der Natur iſt noch zu den Naturbe-griffen gehoͤrig, aber nur als regulatives Princip des Erkenntnisvermoͤgens; ob zwar das aͤſthetiſche Urtheil uͤber gewiſſe Gegenſtaͤnde (der Natur oder der Kunſt), welches ihn veranlaſſet, in Anſehung des Gefuͤhls der Luſt oder Unluſt ein conſtitutives Princip iſt. Die Spontaneitaͤt im Spiele der Erkenntnisvermoͤgen, deren Zuſammenſtimmung den Grund dieſer Luſt ent- haͤlt, macht den gedachten Begrif zur Vermittelung der Verknuͤpfung der Gebiete des Naturbegrifs mit dem Freyheitsbegriffe in ihren Folgen tauglich, indem dieſe zugleich die Empfaͤnglichkeit des Gemuͤths fuͤrs mora- liſche Gefuͤhl befoͤrdert. — Folgende Tafel kann die Ueberſicht aller oberen Vermoͤgen ihrer ſyſtematiſchen Einheit nach erleichtern *). *) Man hat es bedenklich gefunden, daß meine Eintheilun-
gen in der reinen Philoſophie faſt immer dreytheilig ausfal- len. Das liegt aber in der Natur der Sache. Soll eine Eintheilung a priori geſchehen, ſo wird ſie entweder analy- tiſch ſeyn, nach dem Satze des Widerſpruchs und da iſt ſie jederzeit zweytheilig (quodlibet ens eſt aut A aut non A) oder ſie iſt ſynthetiſch und, wenn ſie in dieſem Falle aus Begriffen a priori (nicht wie in der Mathematik aus der a priori dem Begriffe correſpondirenden Anſchauung) ſoll ge- fuͤhrt werden, ſo muß, nach demjenigen, was zu der ſyn- thetiſchen Einheit uͤberhaupt erforderlich iſt, naͤmlich 1. Be- dingung 2. ein Bedingtes 3. der Begrif der aus der Ver- einigung des Bedingten mit ſeiner Bedingung entſpringt, die Eintheilung nothwendig Trichotomie ſeyn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0061" n="LV"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Einleitung</hi></fw><lb/> ner Zweckmaͤßigkeit der Natur iſt noch zu den Naturbe-<lb/> griffen gehoͤrig, aber nur als regulatives Princip des<lb/> Erkenntnisvermoͤgens; ob zwar das aͤſthetiſche Urtheil<lb/> uͤber gewiſſe Gegenſtaͤnde (der Natur oder der Kunſt),<lb/> welches ihn veranlaſſet, in Anſehung des Gefuͤhls der<lb/> Luſt oder Unluſt ein conſtitutives Princip iſt. Die<lb/> Spontaneitaͤt im Spiele der Erkenntnisvermoͤgen,<lb/> deren Zuſammenſtimmung den Grund dieſer Luſt ent-<lb/> haͤlt, macht den gedachten Begrif zur Vermittelung<lb/> der Verknuͤpfung der Gebiete des Naturbegrifs mit dem<lb/> Freyheitsbegriffe in ihren Folgen tauglich, indem dieſe<lb/> zugleich die Empfaͤnglichkeit des Gemuͤths fuͤrs mora-<lb/> liſche Gefuͤhl befoͤrdert. — Folgende Tafel kann die<lb/> Ueberſicht aller oberen Vermoͤgen ihrer ſyſtematiſchen<lb/> Einheit nach erleichtern <note place="foot" n="*)">Man hat es bedenklich gefunden, daß meine Eintheilun-<lb/> gen in der reinen Philoſophie faſt immer dreytheilig ausfal-<lb/> len. Das liegt aber in der Natur der Sache. Soll eine<lb/> Eintheilung <hi rendition="#aq">a priori</hi> geſchehen, ſo wird ſie entweder analy-<lb/> tiſch ſeyn, nach dem Satze des Widerſpruchs und da iſt ſie<lb/> jederzeit zweytheilig <hi rendition="#aq">(quodlibet ens eſt aut A aut non A)</hi><lb/> oder ſie iſt <hi rendition="#fr">ſynthetiſch</hi> und, wenn ſie in dieſem Falle aus<lb/><hi rendition="#fr">Begriffen</hi> <hi rendition="#aq">a priori</hi> (nicht wie in der Mathematik aus der<lb/><hi rendition="#aq">a priori</hi> dem Begriffe correſpondirenden Anſchauung) ſoll ge-<lb/> fuͤhrt werden, ſo muß, nach demjenigen, was zu der ſyn-<lb/> thetiſchen Einheit uͤberhaupt erforderlich iſt, naͤmlich 1. Be-<lb/> dingung 2. ein Bedingtes 3. der Begrif der aus der Ver-<lb/> einigung des Bedingten mit ſeiner Bedingung entſpringt,<lb/> die Eintheilung nothwendig Trichotomie ſeyn.</note>.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [LV/0061]
Einleitung
ner Zweckmaͤßigkeit der Natur iſt noch zu den Naturbe-
griffen gehoͤrig, aber nur als regulatives Princip des
Erkenntnisvermoͤgens; ob zwar das aͤſthetiſche Urtheil
uͤber gewiſſe Gegenſtaͤnde (der Natur oder der Kunſt),
welches ihn veranlaſſet, in Anſehung des Gefuͤhls der
Luſt oder Unluſt ein conſtitutives Princip iſt. Die
Spontaneitaͤt im Spiele der Erkenntnisvermoͤgen,
deren Zuſammenſtimmung den Grund dieſer Luſt ent-
haͤlt, macht den gedachten Begrif zur Vermittelung
der Verknuͤpfung der Gebiete des Naturbegrifs mit dem
Freyheitsbegriffe in ihren Folgen tauglich, indem dieſe
zugleich die Empfaͤnglichkeit des Gemuͤths fuͤrs mora-
liſche Gefuͤhl befoͤrdert. — Folgende Tafel kann die
Ueberſicht aller oberen Vermoͤgen ihrer ſyſtematiſchen
Einheit nach erleichtern *).
*) Man hat es bedenklich gefunden, daß meine Eintheilun-
gen in der reinen Philoſophie faſt immer dreytheilig ausfal-
len. Das liegt aber in der Natur der Sache. Soll eine
Eintheilung a priori geſchehen, ſo wird ſie entweder analy-
tiſch ſeyn, nach dem Satze des Widerſpruchs und da iſt ſie
jederzeit zweytheilig (quodlibet ens eſt aut A aut non A)
oder ſie iſt ſynthetiſch und, wenn ſie in dieſem Falle aus
Begriffen a priori (nicht wie in der Mathematik aus der
a priori dem Begriffe correſpondirenden Anſchauung) ſoll ge-
fuͤhrt werden, ſo muß, nach demjenigen, was zu der ſyn-
thetiſchen Einheit uͤberhaupt erforderlich iſt, naͤmlich 1. Be-
dingung 2. ein Bedingtes 3. der Begrif der aus der Ver-
einigung des Bedingten mit ſeiner Bedingung entſpringt,
die Eintheilung nothwendig Trichotomie ſeyn.
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