Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Oden.
Wenn vor dem Herscher einer halben Welt
Leib-Aerzte stummen Zweifel sagen;
Dann reitzet, neben ihn gestellt,
Ihn nicht der Glanz vor dem die Völker kniend lagen.
Nicht Geld, nicht Ruhm, verwachter Nächte Preiß!
Erkaufen uns noch Lust zu leben:
Der Jüngling zittert wie der Greiß
Und kein Erfinder kann sich Kraft zur Freude geben.
Des Kranken Ohr hört nicht auf Säyten-Klang;
Er mag im Lenz auf Rosen liegen:
Doch singt der Nachtigal Gesang
Ihm keinen Schlaf ins Aug', ins Herze kein Vergnügen.
Von seinem öden Lager heißt er sich,
Der Lüste lockend Heer entfernen;
Und Troz, der keinem Menschen wich,
Muß sich vor kleinem Schmerz gehorsam beugen lernen.
Oden.
Wenn vor dem Herſcher einer halben Welt
Leib-Aerzte ſtummen Zweifel ſagen;
Dann reitzet, neben ihn geſtellt,
Ihn nicht der Glanz vor dem die Voͤlker kniend lagen.
Nicht Geld, nicht Ruhm, verwachter Naͤchte Preiß!
Erkaufen uns noch Luſt zu leben:
Der Juͤngling zittert wie der Greiß
Und kein Erfinder kann ſich Kraft zur Freude geben.
Des Kranken Ohr hoͤrt nicht auf Saͤyten-Klang;
Er mag im Lenz auf Roſen liegen:
Doch ſingt der Nachtigal Geſang
Ihm keinen Schlaf ins Aug’, ins Herze kein Vergnuͤgen.
Von ſeinem oͤden Lager heißt er ſich,
Der Luͤſte lockend Heer entfernen;
Und Troz, der keinem Menſchen wich,
Muß ſich vor kleinem Schmerz gehorſam beugen lernen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0134" n="90"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Oden.</hi> </fw><lb/>
          <lg type="poem" n="5">
            <l>Wenn vor dem Her&#x017F;cher einer halben Welt<lb/>
Leib-Aerzte &#x017F;tummen Zweifel &#x017F;agen;<lb/>
Dann reitzet, neben ihn ge&#x017F;tellt,<lb/>
Ihn nicht der Glanz vor dem die Vo&#x0364;lker kniend lagen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="6">
            <l>Nicht Geld, nicht Ruhm, verwachter Na&#x0364;chte Preiß!<lb/>
Erkaufen uns noch Lu&#x017F;t zu leben:<lb/>
Der Ju&#x0364;ngling zittert wie der Greiß<lb/>
Und kein Erfinder kann &#x017F;ich Kraft zur Freude geben.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="7">
            <l>Des Kranken Ohr ho&#x0364;rt nicht auf Sa&#x0364;yten-Klang;<lb/>
Er mag im Lenz auf Ro&#x017F;en liegen:<lb/>
Doch &#x017F;ingt der Nachtigal Ge&#x017F;ang<lb/>
Ihm keinen Schlaf ins Aug&#x2019;, ins Herze kein Vergnu&#x0364;gen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="1">
            <l>Von &#x017F;einem o&#x0364;den Lager heißt er &#x017F;ich,<lb/>
Der Lu&#x0364;&#x017F;te lockend Heer entfernen;<lb/>
Und Troz, der keinem Men&#x017F;chen wich,<lb/>
Muß &#x017F;ich vor kleinem Schmerz gehor&#x017F;am beugen lernen.</l>
          </lg><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0134] Oden. Wenn vor dem Herſcher einer halben Welt Leib-Aerzte ſtummen Zweifel ſagen; Dann reitzet, neben ihn geſtellt, Ihn nicht der Glanz vor dem die Voͤlker kniend lagen. Nicht Geld, nicht Ruhm, verwachter Naͤchte Preiß! Erkaufen uns noch Luſt zu leben: Der Juͤngling zittert wie der Greiß Und kein Erfinder kann ſich Kraft zur Freude geben. Des Kranken Ohr hoͤrt nicht auf Saͤyten-Klang; Er mag im Lenz auf Roſen liegen: Doch ſingt der Nachtigal Geſang Ihm keinen Schlaf ins Aug’, ins Herze kein Vergnuͤgen. Von ſeinem oͤden Lager heißt er ſich, Der Luͤſte lockend Heer entfernen; Und Troz, der keinem Menſchen wich, Muß ſich vor kleinem Schmerz gehorſam beugen lernen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/134
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/134>, abgerufen am 27.11.2024.