Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Drittes Buch. Nichts sind auf Stirne Mund und Wangen, Die Lilien, und Rosen nichts Sind Augen voller Tag, wenn sie gleich Sonnen prangen Am Himmel eines Angesichts. Wenn Sittsamkeit nicht aus der Seele Sich in die sanften Blicke gießt, Und nicht der schöne Mund, wie ein Gefäß mit Oele, Aus Herzens-Quellen überfließt. Dann haß ich alles; selbst dem Witze Des Lasterhaften fluch ich laut, Und wäre gleich sein Kopf, auf eine Marmor-Stütze Des weissen Halses, schön gebaut. Doch müst ich, ihn verachtend, lieben, Dich himmlisch fühlend, sanftes Kind Auf dessen Antlitz ward, von der Natur geschrieben Wie fein des Herzens Reize sind. Drittes Buch. Nichts ſind auf Stirne Mund und Wangen, Die Lilien, und Roſen nichts Sind Augen voller Tag, wenn ſie gleich Sonnen prangen Am Himmel eines Angeſichts. Wenn Sittſamkeit nicht aus der Seele Sich in die ſanften Blicke gießt, Und nicht der ſchoͤne Mund, wie ein Gefaͤß mit Oele, Aus Herzens-Quellen uͤberfließt. Dann haß ich alles; ſelbſt dem Witze Des Laſterhaften fluch ich laut, Und waͤre gleich ſein Kopf, auf eine Marmor-Stuͤtze Des weiſſen Halſes, ſchoͤn gebaut. Doch muͤſt ich, ihn verachtend, lieben, Dich himmliſch fuͤhlend, ſanftes Kind Auf deſſen Antlitz ward, von der Natur geſchrieben Wie fein des Herzens Reize ſind. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0171" n="127"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem" n="2"> <l>Nichts ſind auf Stirne Mund und Wangen,<lb/> Die Lilien, und Roſen nichts<lb/> Sind Augen voller Tag, wenn ſie gleich Sonnen prangen<lb/> Am Himmel eines Angeſichts.</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="3"> <l>Wenn Sittſamkeit nicht aus der Seele<lb/> Sich in die ſanften Blicke gießt,<lb/> Und nicht der ſchoͤne Mund, wie ein Gefaͤß mit Oele,<lb/> Aus Herzens-Quellen uͤberfließt.</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="4"> <l>Dann haß ich alles; ſelbſt dem Witze<lb/> Des Laſterhaften fluch ich laut,<lb/> Und waͤre gleich ſein Kopf, auf eine Marmor-Stuͤtze<lb/> Des weiſſen Halſes, ſchoͤn gebaut.</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="5"> <l>Doch muͤſt ich, ihn verachtend, lieben,<lb/> Dich himmliſch fuͤhlend, ſanftes Kind<lb/> Auf deſſen Antlitz ward, von der Natur geſchrieben<lb/> Wie fein des Herzens Reize ſind.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [127/0171]
Drittes Buch.
Nichts ſind auf Stirne Mund und Wangen,
Die Lilien, und Roſen nichts
Sind Augen voller Tag, wenn ſie gleich Sonnen prangen
Am Himmel eines Angeſichts.
Wenn Sittſamkeit nicht aus der Seele
Sich in die ſanften Blicke gießt,
Und nicht der ſchoͤne Mund, wie ein Gefaͤß mit Oele,
Aus Herzens-Quellen uͤberfließt.
Dann haß ich alles; ſelbſt dem Witze
Des Laſterhaften fluch ich laut,
Und waͤre gleich ſein Kopf, auf eine Marmor-Stuͤtze
Des weiſſen Halſes, ſchoͤn gebaut.
Doch muͤſt ich, ihn verachtend, lieben,
Dich himmliſch fuͤhlend, ſanftes Kind
Auf deſſen Antlitz ward, von der Natur geſchrieben
Wie fein des Herzens Reize ſind.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |