Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Buch.
Umsonst verläugnen deiner Stirne Falten
Der Seele Bild; ich kenne die Gestalten
Von den Empfindungen zu gut;
O, mir entwischt nicht was die Menschen fühlen!
Die Lehrer auf der Weisheit hohen Stühlen,
Sind, so wie Dichter, Fleisch und Blut.
Der Frühling kommt mit Reizen für das Herze,
Das Deine schwimmt noch halb in seinem Schmerze,
Reiß es heraus und werde dein!
Ganz dein! dich hat der Gram genug durchdrungen,
Hör' die Natur in ihren Foderungen,
Und laß die Liebe Herrin seyn!
Vernünftig, göttlich, Engeln wohlgefällig,
Treu, dauerhaft, mit Tugenden gesellig
War deine Liebe ehedem.
So wird sie jetzt neu dich bewohnen kommen,
Und für die Zeit, von Trauren dir genommen,
Macht sie die Zukunft angenehm!
Drittes Buch.
Umſonſt verlaͤugnen deiner Stirne Falten
Der Seele Bild; ich kenne die Geſtalten
Von den Empfindungen zu gut;
O, mir entwiſcht nicht was die Menſchen fuͤhlen!
Die Lehrer auf der Weisheit hohen Stuͤhlen,
Sind, ſo wie Dichter, Fleiſch und Blut.
Der Fruͤhling kommt mit Reizen fuͤr das Herze,
Das Deine ſchwimmt noch halb in ſeinem Schmerze,
Reiß es heraus und werde dein!
Ganz dein! dich hat der Gram genug durchdrungen,
Hoͤr’ die Natur in ihren Foderungen,
Und laß die Liebe Herrin ſeyn!
Vernuͤnftig, goͤttlich, Engeln wohlgefaͤllig,
Treu, dauerhaft, mit Tugenden geſellig
War deine Liebe ehedem.
So wird ſie jetzt neu dich bewohnen kommen,
Und fuͤr die Zeit, von Trauren dir genommen,
Macht ſie die Zukunft angenehm!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0183" n="139"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi> </fw><lb/>
          <lg type="poem" n="1">
            <l>Um&#x017F;on&#x017F;t verla&#x0364;ugnen deiner Stirne Falten<lb/>
Der Seele Bild; ich kenne die Ge&#x017F;talten<lb/>
Von den Empfindungen zu gut;<lb/>
O, mir entwi&#x017F;cht nicht was die Men&#x017F;chen fu&#x0364;hlen!<lb/>
Die Lehrer auf der Weisheit hohen Stu&#x0364;hlen,<lb/>
Sind, &#x017F;o wie Dichter, Flei&#x017F;ch und Blut.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="2">
            <l>Der Fru&#x0364;hling kommt mit Reizen fu&#x0364;r das Herze,<lb/>
Das Deine &#x017F;chwimmt noch halb in &#x017F;einem Schmerze,<lb/>
Reiß es heraus und werde dein!<lb/>
Ganz dein! dich hat der Gram genug durchdrungen,<lb/>
Ho&#x0364;r&#x2019; die Natur in ihren Foderungen,<lb/>
Und laß die Liebe Herrin &#x017F;eyn!</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="3">
            <l>Vernu&#x0364;nftig, go&#x0364;ttlich, Engeln wohlgefa&#x0364;llig,<lb/>
Treu, dauerhaft, mit Tugenden ge&#x017F;ellig<lb/>
War deine Liebe ehedem.<lb/>
So wird &#x017F;ie jetzt neu dich bewohnen kommen,<lb/>
Und fu&#x0364;r die Zeit, von Trauren dir genommen,<lb/>
Macht &#x017F;ie die Zukunft angenehm!</l>
          </lg><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0183] Drittes Buch. Umſonſt verlaͤugnen deiner Stirne Falten Der Seele Bild; ich kenne die Geſtalten Von den Empfindungen zu gut; O, mir entwiſcht nicht was die Menſchen fuͤhlen! Die Lehrer auf der Weisheit hohen Stuͤhlen, Sind, ſo wie Dichter, Fleiſch und Blut. Der Fruͤhling kommt mit Reizen fuͤr das Herze, Das Deine ſchwimmt noch halb in ſeinem Schmerze, Reiß es heraus und werde dein! Ganz dein! dich hat der Gram genug durchdrungen, Hoͤr’ die Natur in ihren Foderungen, Und laß die Liebe Herrin ſeyn! Vernuͤnftig, goͤttlich, Engeln wohlgefaͤllig, Treu, dauerhaft, mit Tugenden geſellig War deine Liebe ehedem. So wird ſie jetzt neu dich bewohnen kommen, Und fuͤr die Zeit, von Trauren dir genommen, Macht ſie die Zukunft angenehm!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/183
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/183>, abgerufen am 24.11.2024.