Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Oden. Vom Lindenbaum, wenn vor den Ungewittern, Der losgelaßne Sturm ihn schwenkt, Und einen Gott mit unterdrücktem Zittern Der Sünder fühlet und denkt. O du Geliebter! ahnde nicht mein Schweigen; Gezwungne Sünden räche nicht! Gieb mir, gieb mir oft deiner Liebe Zeugen. Das harte Siegel zerbricht Von meinem Kuß, der heftig aufgedrücket Von Lippen wird, die geizig dich Erwarten, Freund! wie werd ich dann entzücket! An deine heften sie sich; Und rednerisch wird unter tausend Küssen Mein Herz, mit Wollust vollgetränkt, Dir süsse Nahmen herzustammeln wissen, Die Sapho selber nicht denkt. Oden. Vom Lindenbaum, wenn vor den Ungewittern, Der losgelaßne Sturm ihn ſchwenkt, Und einen Gott mit unterdruͤcktem Zittern Der Suͤnder fuͤhlet und denkt. O du Geliebter! ahnde nicht mein Schweigen; Gezwungne Suͤnden raͤche nicht! Gieb mir, gieb mir oft deiner Liebe Zeugen. Das harte Siegel zerbricht Von meinem Kuß, der heftig aufgedruͤcket Von Lippen wird, die geizig dich Erwarten, Freund! wie werd ich dann entzuͤcket! An deine heften ſie ſich; Und redneriſch wird unter tauſend Kuͤſſen Mein Herz, mit Wolluſt vollgetraͤnkt, Dir ſuͤſſe Nahmen herzuſtammeln wiſſen, Die Sapho ſelber nicht denkt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0282" n="238"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Oden.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem" n="6"> <l>Vom Lindenbaum, wenn vor den Ungewittern,<lb/> Der losgelaßne Sturm ihn ſchwenkt,<lb/> Und einen Gott mit unterdruͤcktem Zittern<lb/> Der Suͤnder fuͤhlet und denkt.</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="7"> <l>O du Geliebter! ahnde nicht mein Schweigen;<lb/> Gezwungne Suͤnden raͤche nicht!<lb/> Gieb mir, gieb mir oft deiner Liebe Zeugen.<lb/> Das harte Siegel zerbricht</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="1"> <l>Von meinem Kuß, der heftig aufgedruͤcket<lb/> Von Lippen wird, die geizig dich<lb/> Erwarten, Freund! wie werd ich dann entzuͤcket!<lb/> An deine heften ſie ſich;</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="2"> <l>Und redneriſch wird unter tauſend Kuͤſſen<lb/> Mein Herz, mit Wolluſt vollgetraͤnkt,<lb/> Dir ſuͤſſe Nahmen herzuſtammeln wiſſen,<lb/> Die Sapho ſelber nicht denkt.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [238/0282]
Oden.
Vom Lindenbaum, wenn vor den Ungewittern,
Der losgelaßne Sturm ihn ſchwenkt,
Und einen Gott mit unterdruͤcktem Zittern
Der Suͤnder fuͤhlet und denkt.
O du Geliebter! ahnde nicht mein Schweigen;
Gezwungne Suͤnden raͤche nicht!
Gieb mir, gieb mir oft deiner Liebe Zeugen.
Das harte Siegel zerbricht
Von meinem Kuß, der heftig aufgedruͤcket
Von Lippen wird, die geizig dich
Erwarten, Freund! wie werd ich dann entzuͤcket!
An deine heften ſie ſich;
Und redneriſch wird unter tauſend Kuͤſſen
Mein Herz, mit Wolluſt vollgetraͤnkt,
Dir ſuͤſſe Nahmen herzuſtammeln wiſſen,
Die Sapho ſelber nicht denkt.
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Zitationshilfe: | Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/282>, abgerufen am 18.07.2024. |