Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Viertes Buch.
Habe Mitleid! Nimm itzt deinen Köcher,
Göttern ziemet ja das Amt der Rächer
Und dein Bogen ist zur Rache stark!
Eile, räche mich! ach! Amor eile
Nicht allein die Spitze von dem Pfeile,
Gluth in mir verzehret Blut und Mark!
Jener Phaon mit den feuervollen
Schwarzen Augen, die mich tödten wollen
Und mit einem Munde rosenweich,
Findet Wollust in der Kunst zu quälen.
Zwölf betrübte Tage muß ich zählen
Jeder ist den Erndte-Tagen gleich.
O du kennst die Thäler, wo er gehet,
Dort, wo deiner Mutter Bildniß stehet
In dem Palmen-Hayn, da wandelt er!
Such ihn unter dickbelaubten Eichen,
Und will er zu Rosenhecken weichen,
Flattre um ihn, wie ein Vogel her.
Viertes Buch.
Habe Mitleid! Nimm itzt deinen Koͤcher,
Goͤttern ziemet ja das Amt der Raͤcher
Und dein Bogen iſt zur Rache ſtark!
Eile, raͤche mich! ach! Amor eile
Nicht allein die Spitze von dem Pfeile,
Gluth in mir verzehret Blut und Mark!
Jener Phaon mit den feuervollen
Schwarzen Augen, die mich toͤdten wollen
Und mit einem Munde roſenweich,
Findet Wolluſt in der Kunſt zu quaͤlen.
Zwoͤlf betruͤbte Tage muß ich zaͤhlen
Jeder iſt den Erndte-Tagen gleich.
O du kennſt die Thaͤler, wo er gehet,
Dort, wo deiner Mutter Bildniß ſtehet
In dem Palmen-Hayn, da wandelt er!
Such ihn unter dickbelaubten Eichen,
Und will er zu Roſenhecken weichen,
Flattre um ihn, wie ein Vogel her.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0297" n="253"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Viertes Buch.</hi> </fw><lb/>
          <lg type="poem" n="1">
            <l>Habe Mitleid! Nimm itzt deinen Ko&#x0364;cher,<lb/>
Go&#x0364;ttern ziemet ja das Amt der Ra&#x0364;cher<lb/>
Und dein Bogen i&#x017F;t zur Rache &#x017F;tark!<lb/>
Eile, ra&#x0364;che mich! ach! Amor eile<lb/>
Nicht allein die Spitze von dem Pfeile,<lb/>
Gluth in mir verzehret Blut und Mark!</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="2">
            <l>Jener Phaon mit den feuervollen<lb/>
Schwarzen Augen, die mich to&#x0364;dten wollen<lb/>
Und mit einem Munde ro&#x017F;enweich,<lb/>
Findet Wollu&#x017F;t in der Kun&#x017F;t zu qua&#x0364;len.<lb/>
Zwo&#x0364;lf betru&#x0364;bte Tage muß ich za&#x0364;hlen<lb/>
Jeder i&#x017F;t den Erndte-Tagen gleich.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="3">
            <l>O du kenn&#x017F;t die Tha&#x0364;ler, wo er gehet,<lb/>
Dort, wo deiner Mutter Bildniß &#x017F;tehet<lb/>
In dem Palmen-Hayn, da wandelt er!<lb/>
Such ihn unter dickbelaubten Eichen,<lb/>
Und will er zu Ro&#x017F;enhecken weichen,<lb/>
Flattre um ihn, wie ein Vogel her.</l>
          </lg><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0297] Viertes Buch. Habe Mitleid! Nimm itzt deinen Koͤcher, Goͤttern ziemet ja das Amt der Raͤcher Und dein Bogen iſt zur Rache ſtark! Eile, raͤche mich! ach! Amor eile Nicht allein die Spitze von dem Pfeile, Gluth in mir verzehret Blut und Mark! Jener Phaon mit den feuervollen Schwarzen Augen, die mich toͤdten wollen Und mit einem Munde roſenweich, Findet Wolluſt in der Kunſt zu quaͤlen. Zwoͤlf betruͤbte Tage muß ich zaͤhlen Jeder iſt den Erndte-Tagen gleich. O du kennſt die Thaͤler, wo er gehet, Dort, wo deiner Mutter Bildniß ſtehet In dem Palmen-Hayn, da wandelt er! Such ihn unter dickbelaubten Eichen, Und will er zu Roſenhecken weichen, Flattre um ihn, wie ein Vogel her.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/297
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/297>, abgerufen am 22.11.2024.