Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Vermischte Gedichte. "Es ist ein Gott, der laue Winde schickte,"Den Schnee zerschmolz, das Eis zerbrach, "Mit jungem Grün das Ufer schmückte "Und diese Sonne scheinen läßt! Nach sanft gefallnem Frühlingsregen Quackt der erweckte Frosch sein Fest, Und Fische scherzen ihr entgegen! Der Hirt heißt seine Heerde leben! Sie weidet jugendliches Graß, Blöckt ihre Freuden laut, und hört ohn Unterlaß Sich Thal und Hügel Antwort geben! Die Honigträgerin verläßt ihr kleines Haus Und saugt den Veilchen, wenn sie düften, Die Süßigkeit des kleinen Kelches aus. Die Schwalbe kommt aus Sumpf, wie aus ver- schloßnen Grüften Einst unsre Leiber neu hervor, Sie baut ihr Haus von Stroh und fetter Erde, Vermiſchte Gedichte. ”Es iſt ein Gott, der laue Winde ſchickte,”Den Schnee zerſchmolz, das Eis zerbrach, ”Mit jungem Gruͤn das Ufer ſchmuͤckte ”Und dieſe Sonne ſcheinen laͤßt! Nach ſanft gefallnem Fruͤhlingsregen Quackt der erweckte Froſch ſein Feſt, Und Fiſche ſcherzen ihr entgegen! Der Hirt heißt ſeine Heerde leben! Sie weidet jugendliches Graß, Bloͤckt ihre Freuden laut, und hoͤrt ohn Unterlaß Sich Thal und Huͤgel Antwort geben! Die Honigtraͤgerin verlaͤßt ihr kleines Haus Und ſaugt den Veilchen, wenn ſie duͤften, Die Suͤßigkeit des kleinen Kelches aus. Die Schwalbe kommt aus Sumpf, wie aus ver- ſchloßnen Gruͤften Einſt unſre Leiber neu hervor, Sie baut ihr Haus von Stroh und fetter Erde, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem" n="1"> <l><pb facs="#f0368" n="324"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vermiſchte Gedichte.</hi></fw><lb/> ”Es iſt ein Gott, der laue Winde ſchickte,<lb/> ”Den Schnee zerſchmolz, das Eis zerbrach,<lb/> ”Mit jungem Gruͤn das Ufer ſchmuͤckte<lb/> ”Und dieſe Sonne ſcheinen laͤßt!<lb/> Nach ſanft gefallnem Fruͤhlingsregen<lb/> Quackt der erweckte Froſch ſein Feſt,<lb/> Und Fiſche ſcherzen ihr entgegen!<lb/> Der Hirt heißt ſeine Heerde leben!<lb/> Sie weidet jugendliches Graß,<lb/> Bloͤckt ihre Freuden laut, und hoͤrt ohn Unterlaß<lb/> Sich Thal und Huͤgel Antwort geben!<lb/> Die Honigtraͤgerin verlaͤßt ihr kleines Haus<lb/> Und ſaugt den Veilchen, wenn ſie duͤften,<lb/> Die Suͤßigkeit des kleinen Kelches aus.<lb/> Die Schwalbe kommt aus Sumpf, wie aus ver-<lb/><hi rendition="#et">ſchloßnen Gruͤften</hi><lb/> Einſt unſre Leiber neu hervor,<lb/> Sie baut ihr Haus von Stroh und fetter Erde,<lb/></l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [324/0368]
Vermiſchte Gedichte.
”Es iſt ein Gott, der laue Winde ſchickte,
”Den Schnee zerſchmolz, das Eis zerbrach,
”Mit jungem Gruͤn das Ufer ſchmuͤckte
”Und dieſe Sonne ſcheinen laͤßt!
Nach ſanft gefallnem Fruͤhlingsregen
Quackt der erweckte Froſch ſein Feſt,
Und Fiſche ſcherzen ihr entgegen!
Der Hirt heißt ſeine Heerde leben!
Sie weidet jugendliches Graß,
Bloͤckt ihre Freuden laut, und hoͤrt ohn Unterlaß
Sich Thal und Huͤgel Antwort geben!
Die Honigtraͤgerin verlaͤßt ihr kleines Haus
Und ſaugt den Veilchen, wenn ſie duͤften,
Die Suͤßigkeit des kleinen Kelches aus.
Die Schwalbe kommt aus Sumpf, wie aus ver-
ſchloßnen Gruͤften
Einſt unſre Leiber neu hervor,
Sie baut ihr Haus von Stroh und fetter Erde,
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