Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Erstes Buch. Lämmer, die noch an den Müttern saugen, Blöken dem zum Lobe, dessen Augen Das Insekt im Staube kriechen sehn. Ihn muß so der Wurm im Grase preisen, Als das Herz mit ihm bekannter Weisen, Als die Räder, die den Weltbau drehn. O du Tochter seiner Lieb und Güte, Der in jedem Lenz die junge Blüthe, Und die grüne Saat sein Lob beschreibt. Höher, als der Dichtgeist in dem Fluge Preisest du mit jedem Athemzuge Einen Gott, der deine Freude bleibt! Alles singt ihm. -- Seine Nachtigallen Oft behorchend, will ich Lieder lallen Voll vom Lobe dessen, der mich schuf; Bienen, die auf Lindenwipfeln summen, Und des Fleisses Lehrer, jene Stummen Im Erdhaufen, werden mir ein Ruf! Erſtes Buch. Laͤmmer, die noch an den Muͤttern ſaugen, Bloͤken dem zum Lobe, deſſen Augen Das Inſekt im Staube kriechen ſehn. Ihn muß ſo der Wurm im Graſe preiſen, Als das Herz mit ihm bekannter Weiſen, Als die Raͤder, die den Weltbau drehn. O du Tochter ſeiner Lieb und Guͤte, Der in jedem Lenz die junge Bluͤthe, Und die gruͤne Saat ſein Lob beſchreibt. Hoͤher, als der Dichtgeiſt in dem Fluge Preiſeſt du mit jedem Athemzuge Einen Gott, der deine Freude bleibt! Alles ſingt ihm. — Seine Nachtigallen Oft behorchend, will ich Lieder lallen Voll vom Lobe deſſen, der mich ſchuf; Bienen, die auf Lindenwipfeln ſummen, Und des Fleiſſes Lehrer, jene Stummen Im Erdhaufen, werden mir ein Ruf! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0079" n="35"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erſtes Buch.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem" n="1"> <l>Laͤmmer, die noch an den Muͤttern ſaugen,<lb/> Bloͤken dem zum Lobe, deſſen Augen<lb/> Das Inſekt im Staube kriechen ſehn.<lb/> Ihn muß ſo der Wurm im Graſe preiſen,<lb/> Als das Herz mit ihm bekannter Weiſen,<lb/> Als die Raͤder, die den Weltbau drehn.</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="2"> <l>O du Tochter ſeiner Lieb und Guͤte,<lb/> Der in jedem Lenz die junge Bluͤthe,<lb/> Und die gruͤne Saat ſein Lob beſchreibt.<lb/> Hoͤher, als der Dichtgeiſt in dem Fluge<lb/> Preiſeſt du mit jedem Athemzuge<lb/> Einen Gott, der deine Freude bleibt!</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="3"> <l>Alles ſingt ihm. — Seine Nachtigallen<lb/> Oft behorchend, will ich Lieder lallen<lb/> Voll vom Lobe deſſen, der mich ſchuf;<lb/> Bienen, die auf Lindenwipfeln ſummen,<lb/> Und des Fleiſſes Lehrer, jene Stummen<lb/> Im Erdhaufen, werden mir ein Ruf!</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [35/0079]
Erſtes Buch.
Laͤmmer, die noch an den Muͤttern ſaugen,
Bloͤken dem zum Lobe, deſſen Augen
Das Inſekt im Staube kriechen ſehn.
Ihn muß ſo der Wurm im Graſe preiſen,
Als das Herz mit ihm bekannter Weiſen,
Als die Raͤder, die den Weltbau drehn.
O du Tochter ſeiner Lieb und Guͤte,
Der in jedem Lenz die junge Bluͤthe,
Und die gruͤne Saat ſein Lob beſchreibt.
Hoͤher, als der Dichtgeiſt in dem Fluge
Preiſeſt du mit jedem Athemzuge
Einen Gott, der deine Freude bleibt!
Alles ſingt ihm. — Seine Nachtigallen
Oft behorchend, will ich Lieder lallen
Voll vom Lobe deſſen, der mich ſchuf;
Bienen, die auf Lindenwipfeln ſummen,
Und des Fleiſſes Lehrer, jene Stummen
Im Erdhaufen, werden mir ein Ruf!
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