Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Du lächelst mit der fein geschnitzten Lippe
Dem Schwane, der den Hals erhebt
Und nach der weißen Alabaster-Klippe
Wollüstig mit dem Schnabel strebt.
Sein maulbeerfarbnes Auge redet Liebe,
Die ganze Macht der Buhlerei,
Den innern Aufruhr schlau versteckter Triebe
Verräth der Schwan durch Schmeichelei.
Er will dich küssen, sterbliche Beglückte!
Beneidenswerthe Leda! dich
Umfaßt mit beiden Flügeln der entzückte,
Beflammte Gott, und wünschet sich
Den süßen Rausch der Küssenden auf Erden,
Und fühlet Amors stärksten Pfeil,
Und trinket mit süßlachenden Geberden
Des Liebes-Nektars lezten Theil.


Du laͤchelſt mit der fein geſchnitzten Lippe
Dem Schwane, der den Hals erhebt
Und nach der weißen Alabaſter-Klippe
Wolluͤſtig mit dem Schnabel ſtrebt.
Sein maulbeerfarbnes Auge redet Liebe,
Die ganze Macht der Buhlerei,
Den innern Aufruhr ſchlau verſteckter Triebe
Verraͤth der Schwan durch Schmeichelei.
Er will dich kuͤſſen, ſterbliche Begluͤckte!
Beneidenswerthe Leda! dich
Umfaßt mit beiden Fluͤgeln der entzuͤckte,
Beflammte Gott, und wuͤnſchet ſich
Den ſuͤßen Rauſch der Kuͤſſenden auf Erden,
Und fuͤhlet Amors ſtaͤrkſten Pfeil,
Und trinket mit ſuͤßlachenden Geberden
Des Liebes-Nektars lezten Theil.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0191" n="31"/>
              <lg n="4">
                <l>Du la&#x0364;chel&#x017F;t mit der fein ge&#x017F;chnitzten Lippe</l><lb/>
                <l>Dem Schwane, der den Hals erhebt</l><lb/>
                <l>Und nach der weißen Alaba&#x017F;ter-Klippe</l><lb/>
                <l>Wollu&#x0364;&#x017F;tig mit dem Schnabel &#x017F;trebt.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Sein maulbeerfarbnes Auge redet Liebe,</l><lb/>
                <l>Die ganze Macht der Buhlerei,</l><lb/>
                <l>Den innern Aufruhr &#x017F;chlau ver&#x017F;teckter Triebe</l><lb/>
                <l>Verra&#x0364;th der Schwan durch Schmeichelei.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Er will dich ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;terbliche Beglu&#x0364;ckte!</l><lb/>
                <l>Beneidenswerthe Leda! dich</l><lb/>
                <l>Umfaßt mit beiden Flu&#x0364;geln der entzu&#x0364;ckte,</l><lb/>
                <l>Beflammte Gott, und wu&#x0364;n&#x017F;chet &#x017F;ich</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="7">
                <l>Den &#x017F;u&#x0364;ßen Rau&#x017F;ch der Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;enden auf Erden,</l><lb/>
                <l>Und fu&#x0364;hlet Amors &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten Pfeil,</l><lb/>
                <l>Und trinket mit &#x017F;u&#x0364;ßlachenden Geberden</l><lb/>
                <l>Des Liebes-Nektars lezten Theil.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0191] Du laͤchelſt mit der fein geſchnitzten Lippe Dem Schwane, der den Hals erhebt Und nach der weißen Alabaſter-Klippe Wolluͤſtig mit dem Schnabel ſtrebt. Sein maulbeerfarbnes Auge redet Liebe, Die ganze Macht der Buhlerei, Den innern Aufruhr ſchlau verſteckter Triebe Verraͤth der Schwan durch Schmeichelei. Er will dich kuͤſſen, ſterbliche Begluͤckte! Beneidenswerthe Leda! dich Umfaßt mit beiden Fluͤgeln der entzuͤckte, Beflammte Gott, und wuͤnſchet ſich Den ſuͤßen Rauſch der Kuͤſſenden auf Erden, Und fuͤhlet Amors ſtaͤrkſten Pfeil, Und trinket mit ſuͤßlachenden Geberden Des Liebes-Nektars lezten Theil.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/191
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/191>, abgerufen am 24.11.2024.