Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Hast du sie nachgezählt, die hundert tausend
Flammen,
Durch deren Glanz der Sieger fuhr?
Sanftlächelnd, wie sein Gott, wenn, auf der Weizen-
Flur
Von tausend Schnittern froh zusammen
Die Stimmen mischen sich in ein harmonisch Lied,
Und jeder Busen dankbar glüht!
Und jeder Blick emporgehoben,
Den Erndtegeber wünscht zu sehen und zu loben,
Und seiner Güte Bild weit ausgebreitet sieht:
So ausgebreitet, also mächtig fortgerissen,
Drang Freude sich von Brust zu Brust;
Es staunte, trunken von des Patrioten Lust,
Das Auge, wenn den Hercul der beschützten Preussen,
Des Amphitrions Sohn mißgünstig vor sich sah,
Wild, trozend, stand das Bild des Stierbekämpfers da,
Und schwang, mit Riesenarm die knotenreiche Keule;
Du glaubtest, daß der Schlag geschah,
Und bebtest vor dem Zungenpfeile
Des siebenköpfigen, gekrümmten, schlangengleich
Geformten Thieres, das ihm drohte,
Und größer wuchs nach jedem Streich;
O! dich erschreckte selbst die todte
D
Haſt du ſie nachgezaͤhlt, die hundert tauſend
Flammen,
Durch deren Glanz der Sieger fuhr?
Sanftlaͤchelnd, wie ſein Gott, wenn, auf der Weizen-
Flur
Von tauſend Schnittern froh zuſammen
Die Stimmen miſchen ſich in ein harmoniſch Lied,
Und jeder Buſen dankbar gluͤht!
Und jeder Blick emporgehoben,
Den Erndtegeber wuͤnſcht zu ſehen und zu loben,
Und ſeiner Guͤte Bild weit ausgebreitet ſieht:
So ausgebreitet, alſo maͤchtig fortgeriſſen,
Drang Freude ſich von Bruſt zu Bruſt;
Es ſtaunte, trunken von des Patrioten Luſt,
Das Auge, wenn den Hercul der beſchuͤtzten Preuſſen,
Des Amphitrions Sohn mißguͤnſtig vor ſich ſah,
Wild, trozend, ſtand das Bild des Stierbekaͤmpfers da,
Und ſchwang, mit Rieſenarm die knotenreiche Keule;
Du glaubteſt, daß der Schlag geſchah,
Und bebteſt vor dem Zungenpfeile
Des ſiebenkoͤpfigen, gekruͤmmten, ſchlangengleich
Geformten Thieres, das ihm drohte,
Und groͤßer wuchs nach jedem Streich;
O! dich erſchreckte ſelbſt die todte
D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0209" n="49"/>
              <lg n="2">
                <l>Ha&#x017F;t du &#x017F;ie nachgeza&#x0364;hlt, die hundert tau&#x017F;end</l><lb/>
                <l>Flammen,</l><lb/>
                <l>Durch deren Glanz der Sieger fuhr?</l><lb/>
                <l>Sanftla&#x0364;chelnd, wie &#x017F;ein Gott, wenn, auf der Weizen-</l><lb/>
                <l>Flur</l><lb/>
                <l>Von tau&#x017F;end Schnittern froh zu&#x017F;ammen</l><lb/>
                <l>Die Stimmen mi&#x017F;chen &#x017F;ich in ein harmoni&#x017F;ch Lied,</l><lb/>
                <l>Und jeder Bu&#x017F;en dankbar glu&#x0364;ht!</l><lb/>
                <l>Und jeder Blick emporgehoben,</l><lb/>
                <l>Den Erndtegeber wu&#x0364;n&#x017F;cht zu &#x017F;ehen und zu loben,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;einer Gu&#x0364;te Bild weit ausgebreitet &#x017F;ieht:</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l>So ausgebreitet, al&#x017F;o ma&#x0364;chtig fortgeri&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Drang Freude &#x017F;ich von Bru&#x017F;t zu Bru&#x017F;t;</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;taunte, trunken von des Patrioten Lu&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Das Auge, wenn den Hercul der be&#x017F;chu&#x0364;tzten Preu&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Des Amphitrions Sohn mißgu&#x0364;n&#x017F;tig vor &#x017F;ich &#x017F;ah,</l><lb/>
                <l>Wild, trozend, &#x017F;tand das Bild des Stierbeka&#x0364;mpfers da,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;chwang, mit Rie&#x017F;enarm die knotenreiche Keule;</l><lb/>
                <l>Du glaubte&#x017F;t, daß der Schlag ge&#x017F;chah,</l><lb/>
                <l>Und bebte&#x017F;t vor dem Zungenpfeile</l><lb/>
                <l>Des &#x017F;iebenko&#x0364;pfigen, gekru&#x0364;mmten, &#x017F;chlangengleich</l><lb/>
                <l>Geformten Thieres, das ihm drohte,</l><lb/>
                <l>Und gro&#x0364;ßer wuchs nach jedem Streich;</l><lb/>
                <l>O! dich er&#x017F;chreckte &#x017F;elb&#x017F;t die todte</l><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">D</fw><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0209] Haſt du ſie nachgezaͤhlt, die hundert tauſend Flammen, Durch deren Glanz der Sieger fuhr? Sanftlaͤchelnd, wie ſein Gott, wenn, auf der Weizen- Flur Von tauſend Schnittern froh zuſammen Die Stimmen miſchen ſich in ein harmoniſch Lied, Und jeder Buſen dankbar gluͤht! Und jeder Blick emporgehoben, Den Erndtegeber wuͤnſcht zu ſehen und zu loben, Und ſeiner Guͤte Bild weit ausgebreitet ſieht: So ausgebreitet, alſo maͤchtig fortgeriſſen, Drang Freude ſich von Bruſt zu Bruſt; Es ſtaunte, trunken von des Patrioten Luſt, Das Auge, wenn den Hercul der beſchuͤtzten Preuſſen, Des Amphitrions Sohn mißguͤnſtig vor ſich ſah, Wild, trozend, ſtand das Bild des Stierbekaͤmpfers da, Und ſchwang, mit Rieſenarm die knotenreiche Keule; Du glaubteſt, daß der Schlag geſchah, Und bebteſt vor dem Zungenpfeile Des ſiebenkoͤpfigen, gekruͤmmten, ſchlangengleich Geformten Thieres, das ihm drohte, Und groͤßer wuchs nach jedem Streich; O! dich erſchreckte ſelbſt die todte D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/209
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/209>, abgerufen am 26.05.2024.