Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Kaum kann der Mai mehr auszuschütteln haben,
Wenn ihn die Zeit sein Füllhorn schwingen läßt;
Kaum giebt der Herbst uns mehr Erquickungsgaben,
Als dir Berlin zum süßen Labefest.
Im Umfang ihrer Mauern wohnet keiner,
Der nicht für dich zum Wohlthun ward gerührt;
Die Nation gedenkt auch thätig deiner,
Die mächtig aus Egypten ward geführt *). --
Nimm was da kömmt, und eile Dank zu sagen
(Im Tempel, den die Flamme nicht berührt)
Der Vaterhand, die dich so hart geschlagen,
Und dir zum Heil die Herzen jezt regiert.
Sie hats der Flamme, hats dem Sturm geboten:
Bis hieher und nicht weiter sollt ihr gehn,
Sie heißt im Glanz, wie auferweckte Todten,
Die Häuser und die Tempel neu entstehn.


mals sahe man die angeborne Güte des menschlichen Her-
zens so allgemein, als bei dieser traurigen Gelegenheit.
*) Die löbliche Judenschaft.
H 4
Kaum kann der Mai mehr auszuſchuͤtteln haben,
Wenn ihn die Zeit ſein Fuͤllhorn ſchwingen laͤßt;
Kaum giebt der Herbſt uns mehr Erquickungsgaben,
Als dir Berlin zum ſuͤßen Labefeſt.
Im Umfang ihrer Mauern wohnet keiner,
Der nicht fuͤr dich zum Wohlthun ward geruͤhrt;
Die Nation gedenkt auch thaͤtig deiner,
Die maͤchtig aus Egypten ward gefuͤhrt *). —
Nimm was da koͤmmt, und eile Dank zu ſagen
(Im Tempel, den die Flamme nicht beruͤhrt)
Der Vaterhand, die dich ſo hart geſchlagen,
Und dir zum Heil die Herzen jezt regiert.
Sie hats der Flamme, hats dem Sturm geboten:
Bis hieher und nicht weiter ſollt ihr gehn,
Sie heißt im Glanz, wie auferweckte Todten,
Die Haͤuſer und die Tempel neu entſtehn.


mals ſahe man die angeborne Guͤte des menſchlichen Her-
zens ſo allgemein, als bei dieſer traurigen Gelegenheit.
*) Die loͤbliche Judenſchaft.
H 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0279" n="119"/>
              <lg n="7">
                <l>Kaum kann der Mai mehr auszu&#x017F;chu&#x0364;tteln haben,</l><lb/>
                <l>Wenn ihn die Zeit &#x017F;ein Fu&#x0364;llhorn &#x017F;chwingen la&#x0364;ßt;</l><lb/>
                <l>Kaum giebt der Herb&#x017F;t uns mehr Erquickungsgaben,</l><lb/>
                <l>Als dir Berlin zum &#x017F;u&#x0364;ßen Labefe&#x017F;t.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="8">
                <l>Im Umfang ihrer Mauern wohnet keiner,</l><lb/>
                <l>Der nicht fu&#x0364;r dich zum Wohlthun ward geru&#x0364;hrt;</l><lb/>
                <l>Die Nation gedenkt auch tha&#x0364;tig deiner,</l><lb/>
                <l>Die ma&#x0364;chtig aus Egypten ward gefu&#x0364;hrt <note place="foot" n="*)">Die lo&#x0364;bliche Juden&#x017F;chaft.</note>. &#x2014;</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="9">
                <l>Nimm was da ko&#x0364;mmt, und eile Dank zu &#x017F;agen</l><lb/>
                <l>(Im Tempel, den die Flamme nicht beru&#x0364;hrt)</l><lb/>
                <l>Der Vaterhand, die dich &#x017F;o hart ge&#x017F;chlagen,</l><lb/>
                <l>Und dir zum Heil die Herzen jezt regiert.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="10">
                <l>Sie hats der Flamme, hats dem Sturm geboten:</l><lb/>
                <l>Bis hieher und nicht weiter &#x017F;ollt ihr gehn,</l><lb/>
                <l>Sie heißt im Glanz, wie auferweckte Todten,</l><lb/>
                <l>Die Ha&#x0364;u&#x017F;er und die Tempel neu ent&#x017F;tehn.</l>
              </lg><lb/>
              <l>
                <note xml:id="seg2pn_1_2" prev="#seg2pn_1_1" place="foot" n="*)">mals &#x017F;ahe man die angeborne Gu&#x0364;te des men&#x017F;chlichen Her-<lb/>
zens &#x017F;o allgemein, als bei die&#x017F;er traurigen Gelegenheit.</note>
              </l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">H 4</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0279] Kaum kann der Mai mehr auszuſchuͤtteln haben, Wenn ihn die Zeit ſein Fuͤllhorn ſchwingen laͤßt; Kaum giebt der Herbſt uns mehr Erquickungsgaben, Als dir Berlin zum ſuͤßen Labefeſt. Im Umfang ihrer Mauern wohnet keiner, Der nicht fuͤr dich zum Wohlthun ward geruͤhrt; Die Nation gedenkt auch thaͤtig deiner, Die maͤchtig aus Egypten ward gefuͤhrt *). — Nimm was da koͤmmt, und eile Dank zu ſagen (Im Tempel, den die Flamme nicht beruͤhrt) Der Vaterhand, die dich ſo hart geſchlagen, Und dir zum Heil die Herzen jezt regiert. Sie hats der Flamme, hats dem Sturm geboten: Bis hieher und nicht weiter ſollt ihr gehn, Sie heißt im Glanz, wie auferweckte Todten, Die Haͤuſer und die Tempel neu entſtehn. *) *) Die loͤbliche Judenſchaft. *) mals ſahe man die angeborne Guͤte des menſchlichen Her- zens ſo allgemein, als bei dieſer traurigen Gelegenheit. H 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/279
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/279>, abgerufen am 22.11.2024.