Ob Du gleich von den Musensöhnen In Pindars Ton besungen bist, Und ich im Ton des kleinen Vogels singe, Der, wenn der Tag erwacht, schon in den Lüften ist, Damit er dem ein Opfer bringe, Durch dessen Einfluß die Natur Der Menschen und der Lerchen Speise Hervorbringt auf der Weizenflur. O Dir gefällt auch dieser leise Stets wiederholte Lobgesang, Du hörst ihn oftmals Tagelang Im Erndtemond, wenn Dich die Rebenlaube decket In Deinem Garten, wo der selbstgepflanzte Kohl Vor Deinen Augen wächst und Dir so köstlich schmecket, Als jenem Römer, den in's hohe Capitol Der Siegeswagen trug, die Rübe schmecken mochte, Die er zur Friedenszeit sich selbst am Heerde kochte.
Mein Geist belauschet Dich, erhabner Ferdinand! Er siehet Dich Dein ländlich Haus bewohnen, Da fütterst Du mit eigner Hand Die Hühner die Dir durch ihr freundlich Kirren lohnen, Und Ceres sieht Dir lächelnd zu. Kein Augur, der zu Rom die heilgen Hühner speiste, Gefiel der Göttin so wie Du, Denn keiner war von solchem Geiste,
Ob Du gleich von den Muſenſoͤhnen In Pindars Ton beſungen biſt, Und ich im Ton des kleinen Vogels ſinge, Der, wenn der Tag erwacht, ſchon in den Luͤften iſt, Damit er dem ein Opfer bringe, Durch deſſen Einfluß die Natur Der Menſchen und der Lerchen Speiſe Hervorbringt auf der Weizenflur. O Dir gefaͤllt auch dieſer leiſe Stets wiederholte Lobgeſang, Du hoͤrſt ihn oftmals Tagelang Im Erndtemond, wenn Dich die Rebenlaube decket In Deinem Garten, wo der ſelbſtgepflanzte Kohl Vor Deinen Augen waͤchſt und Dir ſo koͤſtlich ſchmecket, Als jenem Roͤmer, den in’s hohe Capitol Der Siegeswagen trug, die Ruͤbe ſchmecken mochte, Die er zur Friedenszeit ſich ſelbſt am Heerde kochte.
Mein Geiſt belauſchet Dich, erhabner Ferdinand! Er ſiehet Dich Dein laͤndlich Haus bewohnen, Da fuͤtterſt Du mit eigner Hand Die Huͤhner die Dir durch ihr freundlich Kirren lohnen, Und Ceres ſieht Dir laͤchelnd zu. Kein Augur, der zu Rom die heilgen Huͤhner ſpeiſte, Gefiel der Goͤttin ſo wie Du, Denn keiner war von ſolchem Geiſte,
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Ob Du gleich von den Muſenſoͤhnen
In Pindars Ton beſungen biſt,
Und ich im Ton des kleinen Vogels ſinge,
Der, wenn der Tag erwacht, ſchon in den Luͤften iſt,
Damit er dem ein Opfer bringe,
Durch deſſen Einfluß die Natur
Der Menſchen und der Lerchen Speiſe
Hervorbringt auf der Weizenflur.
O Dir gefaͤllt auch dieſer leiſe
Stets wiederholte Lobgeſang,
Du hoͤrſt ihn oftmals Tagelang
Im Erndtemond, wenn Dich die Rebenlaube decket
In Deinem Garten, wo der ſelbſtgepflanzte Kohl
Vor Deinen Augen waͤchſt und Dir ſo koͤſtlich ſchmecket,
Als jenem Roͤmer, den in’s hohe Capitol
Der Siegeswagen trug, die Ruͤbe ſchmecken mochte,
Die er zur Friedenszeit ſich ſelbſt am Heerde kochte.
Mein Geiſt belauſchet Dich, erhabner Ferdinand!
Er ſiehet Dich Dein laͤndlich Haus bewohnen,
Da fuͤtterſt Du mit eigner Hand
Die Huͤhner die Dir durch ihr freundlich Kirren lohnen,
Und Ceres ſieht Dir laͤchelnd zu.
Kein Augur, der zu Rom die heilgen Huͤhner ſpeiſte,
Gefiel der Goͤttin ſo wie Du,
Denn keiner war von ſolchem Geiſte,
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/310>, abgerufen am 22.11.2024.
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