Ein Kribbelköpfchen ist der kleine liebe Sohn, Nicht selten läuft die Gall ihm über, Allein er stirbt doch nicht davon, Vielmehr verdünnt sie ihm den dickgewordnen Saft, Macht seine Nieren rein, und giebt ihm neue Kraft. Bedächtig sprach also der Götter Medicus; Der Knabe ward gesund, und Venus gab den Kuß! Die Götter spotteten, da sie den Kuß ihm gab. Mit Dank nahm er ihn an und bat um einen noch, Und lachend, wie ein Schalk, rief Amor: Sehet doch, Die Mutter küßt den Aeskulap. Mein Rhode sage mir, was willst Du lieber malen: Wie ernsthaft Aeskulap beim kranken Amor ist? Wie? oder wie ihn Venus küßt? Mit einem Kusse soll Belinde Dich bezahlen.
Ein Kribbelkoͤpfchen iſt der kleine liebe Sohn, Nicht ſelten laͤuft die Gall ihm uͤber, Allein er ſtirbt doch nicht davon, Vielmehr verduͤnnt ſie ihm den dickgewordnen Saft, Macht ſeine Nieren rein, und giebt ihm neue Kraft. Bedaͤchtig ſprach alſo der Goͤtter Medicus; Der Knabe ward geſund, und Venus gab den Kuß! Die Goͤtter ſpotteten, da ſie den Kuß ihm gab. Mit Dank nahm er ihn an und bat um einen noch, Und lachend, wie ein Schalk, rief Amor: Sehet doch, Die Mutter kuͤßt den Aeskulap. Mein Rhode ſage mir, was willſt Du lieber malen: Wie ernſthaft Aeskulap beim kranken Amor iſt? Wie? oder wie ihn Venus kuͤßt? Mit einem Kuſſe ſoll Belinde Dich bezahlen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0356"n="196"/><lgn="3"><l>Ein Kribbelkoͤpfchen iſt der kleine liebe Sohn,</l><lb/><l>Nicht ſelten laͤuft die Gall ihm uͤber,</l><lb/><l>Allein er ſtirbt doch nicht davon,</l><lb/><l>Vielmehr verduͤnnt ſie ihm den dickgewordnen Saft,</l><lb/><l>Macht ſeine Nieren rein, und giebt ihm neue Kraft.</l><lb/><l>Bedaͤchtig ſprach alſo der Goͤtter Medicus;</l><lb/><l>Der Knabe ward geſund, und Venus gab den Kuß!</l><lb/><l>Die Goͤtter ſpotteten, da ſie den Kuß ihm gab.</l><lb/><l>Mit Dank nahm er ihn an und bat um einen noch,</l><lb/><l>Und lachend, wie ein Schalk, rief Amor: Sehet doch,</l><lb/><l>Die Mutter kuͤßt den Aeskulap.</l><lb/><l>Mein Rhode ſage mir, was willſt Du lieber malen:</l><lb/><l>Wie ernſthaft Aeskulap beim kranken Amor iſt?</l><lb/><l>Wie? oder wie ihn Venus kuͤßt?</l><lb/><l>Mit einem Kuſſe ſoll Belinde Dich bezahlen.</l></lg></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[196/0356]
Ein Kribbelkoͤpfchen iſt der kleine liebe Sohn,
Nicht ſelten laͤuft die Gall ihm uͤber,
Allein er ſtirbt doch nicht davon,
Vielmehr verduͤnnt ſie ihm den dickgewordnen Saft,
Macht ſeine Nieren rein, und giebt ihm neue Kraft.
Bedaͤchtig ſprach alſo der Goͤtter Medicus;
Der Knabe ward geſund, und Venus gab den Kuß!
Die Goͤtter ſpotteten, da ſie den Kuß ihm gab.
Mit Dank nahm er ihn an und bat um einen noch,
Und lachend, wie ein Schalk, rief Amor: Sehet doch,
Die Mutter kuͤßt den Aeskulap.
Mein Rhode ſage mir, was willſt Du lieber malen:
Wie ernſthaft Aeskulap beim kranken Amor iſt?
Wie? oder wie ihn Venus kuͤßt?
Mit einem Kuſſe ſoll Belinde Dich bezahlen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/356>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.