Jenem Waffenrasseln widerstehet Heldenklugheit, Heldenmuth; Aber wenn sich fürchterlich erhöhet Ausgetretner Ströme Wuth, Kann der König selber nicht gebieten, Der mit siegesreicher Hand Sieben Jahre lang dem Waffenwüten Vieler Feinde widerstand. Rettung nur war möglich, war zu wagen, Und wenn sie gelang, alsdann War kein Dichter stark genug, zu sagen Wonne, die der Held gewann.
Leopold, ein junger, Menschenlieber Guelfensohn, hat es gewagt -- Menschlich Mitleid riß ihn mächtig über Alle Warnung laut gesagt. Ueber alle Todesfurcht erhaben, Sprang er in den Kahn, und sprach: "Rudert rüstig fort, ihr Schifferknaben, "Folgt der Jammerstimme nach, "Die so kläglich Hülfe fodert drüben, "Hört die Todesangst und eilt! "Schon zu lange seyd ihr kalt geblieben, "Habt zu lange schon geweilt,
Jenem Waffenraſſeln widerſtehet Heldenklugheit, Heldenmuth; Aber wenn ſich fuͤrchterlich erhoͤhet Ausgetretner Stroͤme Wuth, Kann der Koͤnig ſelber nicht gebieten, Der mit ſiegesreicher Hand Sieben Jahre lang dem Waffenwuͤten Vieler Feinde widerſtand. Rettung nur war moͤglich, war zu wagen, Und wenn ſie gelang, alsdann War kein Dichter ſtark genug, zu ſagen Wonne, die der Held gewann.
Leopold, ein junger, Menſchenlieber Guelfenſohn, hat es gewagt — Menſchlich Mitleid riß ihn maͤchtig uͤber Alle Warnung laut geſagt. Ueber alle Todesfurcht erhaben, Sprang er in den Kahn, und ſprach: „Rudert ruͤſtig fort, ihr Schifferknaben, „Folgt der Jammerſtimme nach, „Die ſo klaͤglich Huͤlfe fodert druͤben, „Hoͤrt die Todesangſt und eilt! „Schon zu lange ſeyd ihr kalt geblieben, „Habt zu lange ſchon geweilt,
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Jenem Waffenraſſeln widerſtehet
Heldenklugheit, Heldenmuth;
Aber wenn ſich fuͤrchterlich erhoͤhet
Ausgetretner Stroͤme Wuth,
Kann der Koͤnig ſelber nicht gebieten,
Der mit ſiegesreicher Hand
Sieben Jahre lang dem Waffenwuͤten
Vieler Feinde widerſtand.
Rettung nur war moͤglich, war zu wagen,
Und wenn ſie gelang, alsdann
War kein Dichter ſtark genug, zu ſagen
Wonne, die der Held gewann.
Leopold, ein junger, Menſchenlieber
Guelfenſohn, hat es gewagt —
Menſchlich Mitleid riß ihn maͤchtig uͤber
Alle Warnung laut geſagt.
Ueber alle Todesfurcht erhaben,
Sprang er in den Kahn, und ſprach:
„Rudert ruͤſtig fort, ihr Schifferknaben,
„Folgt der Jammerſtimme nach,
„Die ſo klaͤglich Huͤlfe fodert druͤben,
„Hoͤrt die Todesangſt und eilt!
„Schon zu lange ſeyd ihr kalt geblieben,
„Habt zu lange ſchon geweilt,
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/378>, abgerufen am 24.11.2024.
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