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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

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Sein Herr war listig und verschlagen,
Er heißt dem Koch, zu Hannsens Mittagsmahl
Die besten Aalpasteten tragen.
Das Essen war für Hannsens Wahl,
Er aß sein Tage nicht vom Aal;
Das Ding war ihm so neu, wie alle neue Dinger.
Genug er ißt und leckt die Finger *).
Der Koch trägts wieder auf den andern, dritten Tag.
So lange bis es Hanns gar nicht mehr essen mag.
Er sitzt und stochert mit dem Messer:
Wo blieb nun der Pastetenesser?
Sein Herr tritt hinter ihn und spricht
Und frägt: wie ists, Hanns! schmeckt die Aalpastete
nicht?
O! spricht der gute Hans mit ziemlichem Erröthen,
Wer Henker ißt denn gern nur immer Aalpasteten?
Man sehnt sich auch einmal nach Fleisch und Zugemüß!
Ho ho! spricht Hannsens Herr, Veränderung ist süß;
Wie du nicht jeden Tag magst Aalpastet genießen,
So mag auch ich mein Weib nicht alle Tage küssen.
Hanns hängt den Kopf, schämt sich und schweigt,
Und krazt sich hinter beiden Ohren,
Ganz von der Wahrheit überzeugt,
Daß wir zum Wechsel sind geboren!


*) Wen hier ekeln sollte, der bedenke, daß es Hanns ist.
P

Sein Herr war liſtig und verſchlagen,
Er heißt dem Koch, zu Hannſens Mittagsmahl
Die beſten Aalpaſteten tragen.
Das Eſſen war fuͤr Hannſens Wahl,
Er aß ſein Tage nicht vom Aal;
Das Ding war ihm ſo neu, wie alle neue Dinger.
Genug er ißt und leckt die Finger *).
Der Koch traͤgts wieder auf den andern, dritten Tag.
So lange bis es Hanns gar nicht mehr eſſen mag.
Er ſitzt und ſtochert mit dem Meſſer:
Wo blieb nun der Paſteteneſſer?
Sein Herr tritt hinter ihn und ſpricht
Und fraͤgt: wie iſts, Hanns! ſchmeckt die Aalpaſtete
nicht?
O! ſpricht der gute Hans mit ziemlichem Erroͤthen,
Wer Henker ißt denn gern nur immer Aalpaſteten?
Man ſehnt ſich auch einmal nach Fleiſch und Zugemuͤß!
Ho ho! ſpricht Hannſens Herr, Veraͤnderung iſt ſuͤß;
Wie du nicht jeden Tag magſt Aalpaſtet genießen,
So mag auch ich mein Weib nicht alle Tage kuͤſſen.
Hanns haͤngt den Kopf, ſchaͤmt ſich und ſchweigt,
Und krazt ſich hinter beiden Ohren,
Ganz von der Wahrheit uͤberzeugt,
Daß wir zum Wechſel ſind geboren!


*) Wen hier ekeln ſollte, der bedenke, daß es Hanns iſt.
P
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[225/0385] Sein Herr war liſtig und verſchlagen, Er heißt dem Koch, zu Hannſens Mittagsmahl Die beſten Aalpaſteten tragen. Das Eſſen war fuͤr Hannſens Wahl, Er aß ſein Tage nicht vom Aal; Das Ding war ihm ſo neu, wie alle neue Dinger. Genug er ißt und leckt die Finger *). Der Koch traͤgts wieder auf den andern, dritten Tag. So lange bis es Hanns gar nicht mehr eſſen mag. Er ſitzt und ſtochert mit dem Meſſer: Wo blieb nun der Paſteteneſſer? Sein Herr tritt hinter ihn und ſpricht Und fraͤgt: wie iſts, Hanns! ſchmeckt die Aalpaſtete nicht? O! ſpricht der gute Hans mit ziemlichem Erroͤthen, Wer Henker ißt denn gern nur immer Aalpaſteten? Man ſehnt ſich auch einmal nach Fleiſch und Zugemuͤß! Ho ho! ſpricht Hannſens Herr, Veraͤnderung iſt ſuͤß; Wie du nicht jeden Tag magſt Aalpaſtet genießen, So mag auch ich mein Weib nicht alle Tage kuͤſſen. Hanns haͤngt den Kopf, ſchaͤmt ſich und ſchweigt, Und krazt ſich hinter beiden Ohren, Ganz von der Wahrheit uͤberzeugt, Daß wir zum Wechſel ſind geboren! *) Wen hier ekeln ſollte, der bedenke, daß es Hanns iſt. P

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Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/385>, abgerufen am 24.11.2024.