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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

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Mit allen Gaben, die vor Alters
Der König Israels gehabt,
Der jede Nachwelt mit den Hymnen seines Psalters
Und seines Harfenspiels begabt,
Und streitbar war und bei der Landesstrafe
Sich tief gebückt auf seiner Bahn,
Gen Himmel rief und frug: "Was haben diese Schafe
Dir Herzenskündiger gethan?
Dir, du Vergelter! dir, du Rächer!
So sprach der König Israels, so spricht
Der König Friedrich, wenn ein stolzer Friedenbrecher
Ihn in das Feld getrotzt, wo ihm das Herze bricht
Bei so viel Menschenblutvergießen.
Vielleicht geschiehts, daß diesesmal
Sein Feind ihn um Versöhnung wird begrüßen,
Eh noch vom Blut ein Böhmerthal
Wird überschwemmt und Berge zittern
Vom Fall der Helden in der Schlacht,
Wie wenn aus Gottes Ungewittern
Der Bliz bald hier bald da die Bäume niederkracht,
Mit der Gewalt des Sturms vereinet --
Alsdann singst Du ein Wonnelied,
Worüber Braut und Mutter weinet,
Die ihren Liebling wiedersieht --


Q 4

Mit allen Gaben, die vor Alters
Der Koͤnig Iſraels gehabt,
Der jede Nachwelt mit den Hymnen ſeines Pſalters
Und ſeines Harfenſpiels begabt,
Und ſtreitbar war und bei der Landesſtrafe
Sich tief gebuͤckt auf ſeiner Bahn,
Gen Himmel rief und frug: „Was haben dieſe Schafe
Dir Herzenskuͤndiger gethan?
Dir, du Vergelter! dir, du Raͤcher!
So ſprach der Koͤnig Iſraels, ſo ſpricht
Der Koͤnig Friedrich, wenn ein ſtolzer Friedenbrecher
Ihn in das Feld getrotzt, wo ihm das Herze bricht
Bei ſo viel Menſchenblutvergießen.
Vielleicht geſchiehts, daß dieſesmal
Sein Feind ihn um Verſoͤhnung wird begruͤßen,
Eh noch vom Blut ein Boͤhmerthal
Wird uͤberſchwemmt und Berge zittern
Vom Fall der Helden in der Schlacht,
Wie wenn aus Gottes Ungewittern
Der Bliz bald hier bald da die Baͤume niederkracht,
Mit der Gewalt des Sturms vereinet —
Alsdann ſingſt Du ein Wonnelied,
Woruͤber Braut und Mutter weinet,
Die ihren Liebling wiederſieht —


Q 4
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[247/0407] Mit allen Gaben, die vor Alters Der Koͤnig Iſraels gehabt, Der jede Nachwelt mit den Hymnen ſeines Pſalters Und ſeines Harfenſpiels begabt, Und ſtreitbar war und bei der Landesſtrafe Sich tief gebuͤckt auf ſeiner Bahn, Gen Himmel rief und frug: „Was haben dieſe Schafe Dir Herzenskuͤndiger gethan? Dir, du Vergelter! dir, du Raͤcher! So ſprach der Koͤnig Iſraels, ſo ſpricht Der Koͤnig Friedrich, wenn ein ſtolzer Friedenbrecher Ihn in das Feld getrotzt, wo ihm das Herze bricht Bei ſo viel Menſchenblutvergießen. Vielleicht geſchiehts, daß dieſesmal Sein Feind ihn um Verſoͤhnung wird begruͤßen, Eh noch vom Blut ein Boͤhmerthal Wird uͤberſchwemmt und Berge zittern Vom Fall der Helden in der Schlacht, Wie wenn aus Gottes Ungewittern Der Bliz bald hier bald da die Baͤume niederkracht, Mit der Gewalt des Sturms vereinet — Alsdann ſingſt Du ein Wonnelied, Woruͤber Braut und Mutter weinet, Die ihren Liebling wiederſieht — Q 4

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Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/407>, abgerufen am 16.06.2024.