Du hättest laut geweint, von Mitleid hingerissen, Wenn ich bei Dir vorbeigegangen wär! Der arme Körper war inwendig kalt und leer, Von außen war er schlecht behangen; Ein Bündel Holz trug unter jedem Arm, Das Weib, nach welcher izt so warm, So eifrig Alt und Jung verlangen. Ich schleppte mühsam mich und brach das Reisicht klein, Saß vor dem Ofen hin, und heitzte zitternd ein, Die Kinder vor dem Frost zu schützen; O Dein Gedanke sieht mich bei dem Ofen sitzen, Ein Topf mit Wasser steht bei trockner Fichtengluth; Er kocht, ich heb ihn ab, um Mehl darin zu schütten, Die Suppe, schlecht und ohne Schmalz, war gut. Izt dürfte keiner mich darauf zu Gaste bitten. Seit dem berühmten Sieg bei Leuthen tadle ich, Den Kaffee, wenn er nicht so kräftig ist, daß mich Sein wärmend Oehl beschützt vor einen bösen Husten, Den alle Suppen mir nicht zu vertreiben wusten; Jezt eben komm ich, Frau, und wenn ich Dich geküßt, So frägt mein erster Blick: ob Kaffee fertig ist!
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Du haͤtteſt laut geweint, von Mitleid hingeriſſen, Wenn ich bei Dir vorbeigegangen waͤr! Der arme Koͤrper war inwendig kalt und leer, Von außen war er ſchlecht behangen; Ein Buͤndel Holz trug unter jedem Arm, Das Weib, nach welcher izt ſo warm, So eifrig Alt und Jung verlangen. Ich ſchleppte muͤhſam mich und brach das Reiſicht klein, Saß vor dem Ofen hin, und heitzte zitternd ein, Die Kinder vor dem Froſt zu ſchuͤtzen; O Dein Gedanke ſieht mich bei dem Ofen ſitzen, Ein Topf mit Waſſer ſteht bei trockner Fichtengluth; Er kocht, ich heb ihn ab, um Mehl darin zu ſchuͤtten, Die Suppe, ſchlecht und ohne Schmalz, war gut. Izt duͤrfte keiner mich darauf zu Gaſte bitten. Seit dem beruͤhmten Sieg bei Leuthen tadle ich, Den Kaffee, wenn er nicht ſo kraͤftig iſt, daß mich Sein waͤrmend Oehl beſchuͤtzt vor einen boͤſen Huſten, Den alle Suppen mir nicht zu vertreiben wuſten; Jezt eben komm ich, Frau, und wenn ich Dich gekuͤßt, So fraͤgt mein erſter Blick: ob Kaffee fertig iſt!
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Du haͤtteſt laut geweint, von Mitleid hingeriſſen,
Wenn ich bei Dir vorbeigegangen waͤr!
Der arme Koͤrper war inwendig kalt und leer,
Von außen war er ſchlecht behangen;
Ein Buͤndel Holz trug unter jedem Arm,
Das Weib, nach welcher izt ſo warm,
So eifrig Alt und Jung verlangen.
Ich ſchleppte muͤhſam mich und brach das Reiſicht klein,
Saß vor dem Ofen hin, und heitzte zitternd ein,
Die Kinder vor dem Froſt zu ſchuͤtzen;
O Dein Gedanke ſieht mich bei dem Ofen ſitzen,
Ein Topf mit Waſſer ſteht bei trockner Fichtengluth;
Er kocht, ich heb ihn ab, um Mehl darin zu ſchuͤtten,
Die Suppe, ſchlecht und ohne Schmalz, war gut.
Izt duͤrfte keiner mich darauf zu Gaſte bitten.
Seit dem beruͤhmten Sieg bei Leuthen tadle ich,
Den Kaffee, wenn er nicht ſo kraͤftig iſt, daß mich
Sein waͤrmend Oehl beſchuͤtzt vor einen boͤſen Huſten,
Den alle Suppen mir nicht zu vertreiben wuſten;
Jezt eben komm ich, Frau, und wenn ich Dich gekuͤßt,
So fraͤgt mein erſter Blick: ob Kaffee fertig iſt!
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/409>, abgerufen am 22.11.2024.
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