Und ein poetisch Buch, das man ihm zugestellt, Schon seit geraumer Zeit unartig vorenthält, So oft man ihn auch schon erinnert, und gesagt: Daß man es haben will -- Als wird er hart verklagt, Und nicht entschuldiget. Es wird zugleich befohlen Durch Execution das Buch von ihm zu holen. Der Müller, der umher im Lande reiten muß, Wird zu ihm hingeschickt, er soll mit Ueberfluß Sich speisen lassen, ja, er soll ihm gar nichts schenken, Bey Tische laß er sich mit gutem Bischof tränken, Und weiche eher nicht, bis er das Buch gewiß In seinen Händen hat; auch mach' er überdies Dem Mandloff noch bekannt, wie viel er sich entzogen, Daß er die Billigkeit nicht ganz genau erwogen! Manch nagelneu Gedicht von ungemeiner Art Ist hier bekannt gemacht, das ihm verschwiegen ward: Und wird er künftig nicht die Bücher wieder geben, So soll er ohne Wein und ohne Liebe leben.
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Und ein poetiſch Buch, das man ihm zugeſtellt, Schon ſeit geraumer Zeit unartig vorenthaͤlt, So oft man ihn auch ſchon erinnert, und geſagt: Daß man es haben will — Als wird er hart verklagt, Und nicht entſchuldiget. Es wird zugleich befohlen Durch Execution das Buch von ihm zu holen. Der Muͤller, der umher im Lande reiten muß, Wird zu ihm hingeſchickt, er ſoll mit Ueberfluß Sich ſpeiſen laſſen, ja, er ſoll ihm gar nichts ſchenken, Bey Tiſche laß er ſich mit gutem Biſchof traͤnken, Und weiche eher nicht, bis er das Buch gewiß In ſeinen Haͤnden hat; auch mach’ er uͤberdies Dem Mandloff noch bekannt, wie viel er ſich entzogen, Daß er die Billigkeit nicht ganz genau erwogen! Manch nagelneu Gedicht von ungemeiner Art Iſt hier bekannt gemacht, das ihm verſchwiegen ward: Und wird er kuͤnftig nicht die Buͤcher wieder geben, So ſoll er ohne Wein und ohne Liebe leben.
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Und ein poetiſch Buch, das man ihm zugeſtellt,
Schon ſeit geraumer Zeit unartig vorenthaͤlt,
So oft man ihn auch ſchon erinnert, und geſagt:
Daß man es haben will — Als wird er hart verklagt,
Und nicht entſchuldiget. Es wird zugleich befohlen
Durch Execution das Buch von ihm zu holen.
Der Muͤller, der umher im Lande reiten muß,
Wird zu ihm hingeſchickt, er ſoll mit Ueberfluß
Sich ſpeiſen laſſen, ja, er ſoll ihm gar nichts ſchenken,
Bey Tiſche laß er ſich mit gutem Biſchof traͤnken,
Und weiche eher nicht, bis er das Buch gewiß
In ſeinen Haͤnden hat; auch mach’ er uͤberdies
Dem Mandloff noch bekannt, wie viel er ſich entzogen,
Daß er die Billigkeit nicht ganz genau erwogen!
Manch nagelneu Gedicht von ungemeiner Art
Iſt hier bekannt gemacht, das ihm verſchwiegen ward:
Und wird er kuͤnftig nicht die Buͤcher wieder geben,
So ſoll er ohne Wein und ohne Liebe leben.
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/487>, abgerufen am 26.06.2024.
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