Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Bemerkt den Glanz der Majestät,
Der dem Gehorsam zärtlich winkt, vor dem die Untreu
furchtsam bebet.

Sie sehn die Großen von dem Reich
Mit zarter Ehrfurcht Dich empfangen,
Sie sehn den Kuß, und ihre Brust wird weich,
Die Zähre rollt von ihren Wangen,
Nicht Zähren banger Traurigkeit,
Nein Thränen, die die Lust gebeut,
Wodurch die Treu sich ausgedrücket.
Herr, solche Thränen weinen sie
Und haben mit vereinter Müh
Vor Dich der Wolken Höh bestürmt, Gelübd und Bit-
ten abgeschicket.
Der Himmel wurde durchgepfeilt
Und sichtbar ließ er Antwort lesen,
Das Regenmeer, die Wolke ward zertheilt,
Das Weltlicht, was verhüllt gewesen,
Wies seinen Strahl, sobald August,
Sobald der Glanz von seiner Brust
Der Fraustadt Gassen prächtig machte.
O möchte sich doch auch durch ihn
Der Sorgen schwarz Gewölk verziehn,
Was meinen Geist oft niederdrückt, indem ich bang
nach Nahrung schmachte.

Z 2

Bemerkt den Glanz der Majeſtaͤt,
Der dem Gehorſam zaͤrtlich winkt, vor dem die Untreu
furchtſam bebet.

Sie ſehn die Großen von dem Reich
Mit zarter Ehrfurcht Dich empfangen,
Sie ſehn den Kuß, und ihre Bruſt wird weich,
Die Zaͤhre rollt von ihren Wangen,
Nicht Zaͤhren banger Traurigkeit,
Nein Thraͤnen, die die Luſt gebeut,
Wodurch die Treu ſich ausgedruͤcket.
Herr, ſolche Thraͤnen weinen ſie
Und haben mit vereinter Muͤh
Vor Dich der Wolken Hoͤh beſtuͤrmt, Geluͤbd und Bit-
ten abgeſchicket.
Der Himmel wurde durchgepfeilt
Und ſichtbar ließ er Antwort leſen,
Das Regenmeer, die Wolke ward zertheilt,
Das Weltlicht, was verhuͤllt geweſen,
Wies ſeinen Strahl, ſobald Auguſt,
Sobald der Glanz von ſeiner Bruſt
Der Frauſtadt Gaſſen praͤchtig machte.
O moͤchte ſich doch auch durch ihn
Der Sorgen ſchwarz Gewoͤlk verziehn,
Was meinen Geiſt oft niederdruͤckt, indem ich bang
nach Nahrung ſchmachte.

Z 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="6">
              <pb facs="#f0515" n="355"/>
              <l>Bemerkt den Glanz der Maje&#x017F;ta&#x0364;t,</l><lb/>
              <l>Der dem Gehor&#x017F;am za&#x0364;rtlich winkt, vor dem die Untreu</l><lb/>
              <l>furcht&#x017F;am bebet.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Sie &#x017F;ehn die Großen von dem Reich</l><lb/>
              <l>Mit zarter Ehrfurcht Dich empfangen,</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;ehn den Kuß, und ihre Bru&#x017F;t wird weich,</l><lb/>
              <l>Die Za&#x0364;hre rollt von ihren Wangen,</l><lb/>
              <l>Nicht Za&#x0364;hren banger Traurigkeit,</l><lb/>
              <l>Nein Thra&#x0364;nen, die die Lu&#x017F;t gebeut,</l><lb/>
              <l>Wodurch die Treu &#x017F;ich ausgedru&#x0364;cket.</l><lb/>
              <l>Herr, &#x017F;olche Thra&#x0364;nen weinen &#x017F;ie</l><lb/>
              <l>Und haben mit vereinter Mu&#x0364;h</l><lb/>
              <l>Vor Dich der Wolken Ho&#x0364;h be&#x017F;tu&#x0364;rmt, Gelu&#x0364;bd und Bit-</l><lb/>
              <l>ten abge&#x017F;chicket.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Der Himmel wurde durchgepfeilt</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ichtbar ließ er Antwort le&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Das Regenmeer, die Wolke ward zertheilt,</l><lb/>
              <l>Das Weltlicht, was verhu&#x0364;llt gewe&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Wies &#x017F;einen Strahl, &#x017F;obald Augu&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Sobald der Glanz von &#x017F;einer Bru&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Der Frau&#x017F;tadt Ga&#x017F;&#x017F;en pra&#x0364;chtig machte.</l><lb/>
              <l>O mo&#x0364;chte &#x017F;ich doch auch durch ihn</l><lb/>
              <l>Der Sorgen &#x017F;chwarz Gewo&#x0364;lk verziehn,</l><lb/>
              <l>Was meinen Gei&#x017F;t oft niederdru&#x0364;ckt, indem ich bang</l><lb/>
              <l>nach Nahrung &#x017F;chmachte.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Z 2</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355/0515] Bemerkt den Glanz der Majeſtaͤt, Der dem Gehorſam zaͤrtlich winkt, vor dem die Untreu furchtſam bebet. Sie ſehn die Großen von dem Reich Mit zarter Ehrfurcht Dich empfangen, Sie ſehn den Kuß, und ihre Bruſt wird weich, Die Zaͤhre rollt von ihren Wangen, Nicht Zaͤhren banger Traurigkeit, Nein Thraͤnen, die die Luſt gebeut, Wodurch die Treu ſich ausgedruͤcket. Herr, ſolche Thraͤnen weinen ſie Und haben mit vereinter Muͤh Vor Dich der Wolken Hoͤh beſtuͤrmt, Geluͤbd und Bit- ten abgeſchicket. Der Himmel wurde durchgepfeilt Und ſichtbar ließ er Antwort leſen, Das Regenmeer, die Wolke ward zertheilt, Das Weltlicht, was verhuͤllt geweſen, Wies ſeinen Strahl, ſobald Auguſt, Sobald der Glanz von ſeiner Bruſt Der Frauſtadt Gaſſen praͤchtig machte. O moͤchte ſich doch auch durch ihn Der Sorgen ſchwarz Gewoͤlk verziehn, Was meinen Geiſt oft niederdruͤckt, indem ich bang nach Nahrung ſchmachte. Z 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/515
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/515>, abgerufen am 22.11.2024.