Der, dem des Morgens noch sein Gut ein Abgott war. Tiefsinnig saß er da, der durch die Gluth versuchte, Wie der im Lande Uz einst seinen Tag verfluchte, Und zagend nur den Tod und die Vernichtung rief, Und den beneidete, der schon im Grabe schlief. So melancholisch hat die Ungeduld gesessen, Die ihre Seeligkeit nach einem Gut gemessen, Das jenseits hinters Grab uns nicht begleiten mag, Und diese Seeligkeit entwand ein halber Tag.
O Glogau! welch ein Tag war über dich beschlossen, Die Thräne der Natur wär gern herabgeflossen; Ach! unumwölkt und hell und trocken blieb der Tag, Der dich Gebeugte sah, die in der Asche lag. Das große Vorrathshaus, gefüllt vom Held und Weisen Sein streitbar Heer im Feld mit Ueberfluß zu speisen, Ward von der Gluth verstört, gewaltig war der Brand, Ein Berg von Korn und Mehl ward nun der Ge- genstand. Nun fraß die Schreckliche des Hauses Eingeweide, Noch lange wird der Duft vom glimmenden Getreide Durch deine Gassen ziehn, noch lange brennt das Haus, Des Feuers Grausamkeit späht die Gewölber aus, Stürmt alter Särge Thür, dringt zu den Aschenkrügen Und läßt die Todten nicht in ihren Kammern liegen.
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Der, dem des Morgens noch ſein Gut ein Abgott war. Tiefſinnig ſaß er da, der durch die Gluth verſuchte, Wie der im Lande Uz einſt ſeinen Tag verfluchte, Und zagend nur den Tod und die Vernichtung rief, Und den beneidete, der ſchon im Grabe ſchlief. So melancholiſch hat die Ungeduld geſeſſen, Die ihre Seeligkeit nach einem Gut gemeſſen, Das jenſeits hinters Grab uns nicht begleiten mag, Und dieſe Seeligkeit entwand ein halber Tag.
O Glogau! welch ein Tag war uͤber dich beſchloſſen, Die Thraͤne der Natur waͤr gern herabgefloſſen; Ach! unumwoͤlkt und hell und trocken blieb der Tag, Der dich Gebeugte ſah, die in der Aſche lag. Das große Vorrathshaus, gefuͤllt vom Held und Weiſen Sein ſtreitbar Heer im Feld mit Ueberfluß zu ſpeiſen, Ward von der Gluth verſtoͤrt, gewaltig war der Brand, Ein Berg von Korn und Mehl ward nun der Ge- genſtand. Nun fraß die Schreckliche des Hauſes Eingeweide, Noch lange wird der Duft vom glimmenden Getreide Durch deine Gaſſen ziehn, noch lange brennt das Haus, Des Feuers Grauſamkeit ſpaͤht die Gewoͤlber aus, Stuͤrmt alter Saͤrge Thuͤr, dringt zu den Aſchenkruͤgen Und laͤßt die Todten nicht in ihren Kammern liegen.
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Der, dem des Morgens noch ſein Gut ein Abgott war.
Tiefſinnig ſaß er da, der durch die Gluth verſuchte,
Wie der im Lande Uz einſt ſeinen Tag verfluchte,
Und zagend nur den Tod und die Vernichtung rief,
Und den beneidete, der ſchon im Grabe ſchlief.
So melancholiſch hat die Ungeduld geſeſſen,
Die ihre Seeligkeit nach einem Gut gemeſſen,
Das jenſeits hinters Grab uns nicht begleiten mag,
Und dieſe Seeligkeit entwand ein halber Tag.
O Glogau! welch ein Tag war uͤber dich beſchloſſen,
Die Thraͤne der Natur waͤr gern herabgefloſſen;
Ach! unumwoͤlkt und hell und trocken blieb der Tag,
Der dich Gebeugte ſah, die in der Aſche lag.
Das große Vorrathshaus, gefuͤllt vom Held und
Weiſen
Sein ſtreitbar Heer im Feld mit Ueberfluß zu ſpeiſen,
Ward von der Gluth verſtoͤrt, gewaltig war der Brand,
Ein Berg von Korn und Mehl ward nun der Ge-
genſtand.
Nun fraß die Schreckliche des Hauſes Eingeweide,
Noch lange wird der Duft vom glimmenden Getreide
Durch deine Gaſſen ziehn, noch lange brennt das Haus,
Des Feuers Grauſamkeit ſpaͤht die Gewoͤlber aus,
Stuͤrmt alter Saͤrge Thuͤr, dringt zu den Aſchenkruͤgen
Und laͤßt die Todten nicht in ihren Kammern liegen.
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/529>, abgerufen am 17.06.2024.
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