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Kautsky, Karl; Schönlank, Bruno: Grundsätze und Forderungen der Sozialdemokratie. 4. Aufl. Berlin, 1907.

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würden die Vorteile des Großbetriebes jedermann zugute kommen. Unter der
Herrschaft des Privateigentums an den Produktionsmitteln bleiben sie das
Vorrecht einiger Weniger, die ausschließlich imstande sind, die Produktionsmittel
der Großbetriebe zu erwerben und auszubeuten. Diese werden das Monopol
einer kleinen Anzahl Personen - der Kapitalisten und Großgrund-
besitzer
.*))

Je mehr der Großbetrieb sich entwickelt, je mehr die Wissenschaft sich seiner
bemächtigt und die alten Erzeugungsweisen umwälzt, um so größer wird aber
auch der Unterschied zwischen der Leistungsfähigkeit des Arbeiters im Groß-
betriebe und des Arbeiters im Kleinbetriebe; und je mehr die Großproduktion
die herrschende Form der Produktion wird, desto mehr werden ihre Verhältnisse
maßgebend für die Bewertung der Produkte. Ohne daß die Produktivität der
Arbeit im Kleinbetrieb erheblich wächst, findet ein stetes und bedeutendes Sinken
der Wertgrößen der verschiedenen Produkte statt. Jmmer geringer wird der
Wert, den der Arbeiter des Kleinbetriebes in einem bestimmten Zeitraum, etwa
einer Arbeitsstunde, erzeugt. Es kann so weit kommen, daß er in einem ganzen
Tage nur ebensoviel Wert produziert, wie ein Arbeiter im Großbetriebe (des
gleichen Jndustriezweiges) in einer Stunde oder noch kürzerer Zeit.

Um mit dem Großbetriebe konkurrieren zu können, sieht er sich gezwungen,
seinen Arbeitstag immer mehr und mehr zu verlängern. Er arbeitet 14, 16,
18 Stunden, mitunter noch mehr, bis zu völliger Erschöpfung. Er spannt alle
seine Kräfte aufs äußerste an, arbeitet hastig, ohne Unterlaß, ohne Unter-
brechungen, ohne Feiertage. Aber das genügt nicht, ihn ebenso leistungsfähig
zu machen wie den Arbeiter an der Maschine. Er sucht sich zu verdoppeln und zu
verdreifachen, indem er Arbeitskräfte ins Joch spannt, die ihm (als Arbeits-
kraft) nichts kosten: Weib und Kind. Seiner Frau wird zur Last der Haus-
haltung noch die der Erwerbsarbeit aufgebürdet, der Haushalt verkommt, die
Frau wird erdrückt von der Menge ihrer Aufgaben, und sie wird unfähig, die
wichtigste derselben, ihre Mutterpflichten, zu erfüllen. Den Kindern raubt er die
Jugend; im zartesten Alter werden sie dem Spiel, oft auch der Schule entzogen,
um zu aufreibenden, Geist und Körper ertötenden Handreichungen gepreßt zu
werden.

So opfert der Handwerker und Bauer im Kampfe gegen den Großbetrieb
um des Lebens willen alles, was das Leben wert macht, gelebt zu werden.
Aber umsonst. Wie sehr er auch sich und die Seinen schinden mag, es gelingt
ihm nicht, die Leistungsfähigkeit des Arbeiters im Großbetriebe zu erlangen,
diese eilt der seinen immer weiter voraus, der Wert seiner Produkte sinkt immer
mehr und mehr, ihre Kaufkraft wird immer geringer, der Hungerriemen muß
immer enger und enger gezogen werden.

Das dankt er dem Privateigentum an den Produktionsmitteln. Dieses ist
heute nicht bloß zu einem Mittel geworden, den "kleinen Mann" auszuschließen
von den ungeheueren Vorteilen, welche die Entwickelung der modernen Technik
mit sich bringt, es ist ein Mittel, welches ihn immer tiefer herabdrückt von der
Stufe, die er einst erklommen.

Seit einem halben Jahrhundert redet man von der Notwendigkeit, den Hand-
werkern und Bauern zu helfen. Die verschiedensten Parteien, liberale und
konservative, sind in den verschiedensten Ländern nacheinander am Ruder
gewesen. Geholfen hat keine. Es ist eben unmöglich, das Handwerk und die
kleine Bauernwirtschaft, diese namentlich nicht im Ackerbau, dem Großbetriebe

*) Die Großgrundbesitzer werden von den Kapitalisten unterschieden, weil das Grund-
eigentum in vielen Beziehungen anderen Gesetzen folgt als das Kapital. Von diesen
Unterschieden kann jedoch im obigen Zusammenhange abgesehen werden, so daß, was von
den Kapitalisten gesagt wird, hier (und auch später in der Regel) für die Großgrund-
besitzer mit gilt.

würden die Vorteile des Großbetriebes jedermann zugute kommen. Unter der
Herrschaft des Privateigentums an den Produktionsmitteln bleiben sie das
Vorrecht einiger Weniger, die ausschließlich imstande sind, die Produktionsmittel
der Großbetriebe zu erwerben und auszubeuten. Diese werden das Monopol
einer kleinen Anzahl Personen – der Kapitalisten und Großgrund-
besitzer
.*))

Je mehr der Großbetrieb sich entwickelt, je mehr die Wissenschaft sich seiner
bemächtigt und die alten Erzeugungsweisen umwälzt, um so größer wird aber
auch der Unterschied zwischen der Leistungsfähigkeit des Arbeiters im Groß-
betriebe und des Arbeiters im Kleinbetriebe; und je mehr die Großproduktion
die herrschende Form der Produktion wird, desto mehr werden ihre Verhältnisse
maßgebend für die Bewertung der Produkte. Ohne daß die Produktivität der
Arbeit im Kleinbetrieb erheblich wächst, findet ein stetes und bedeutendes Sinken
der Wertgrößen der verschiedenen Produkte statt. Jmmer geringer wird der
Wert, den der Arbeiter des Kleinbetriebes in einem bestimmten Zeitraum, etwa
einer Arbeitsstunde, erzeugt. Es kann so weit kommen, daß er in einem ganzen
Tage nur ebensoviel Wert produziert, wie ein Arbeiter im Großbetriebe (des
gleichen Jndustriezweiges) in einer Stunde oder noch kürzerer Zeit.

Um mit dem Großbetriebe konkurrieren zu können, sieht er sich gezwungen,
seinen Arbeitstag immer mehr und mehr zu verlängern. Er arbeitet 14, 16,
18 Stunden, mitunter noch mehr, bis zu völliger Erschöpfung. Er spannt alle
seine Kräfte aufs äußerste an, arbeitet hastig, ohne Unterlaß, ohne Unter-
brechungen, ohne Feiertage. Aber das genügt nicht, ihn ebenso leistungsfähig
zu machen wie den Arbeiter an der Maschine. Er sucht sich zu verdoppeln und zu
verdreifachen, indem er Arbeitskräfte ins Joch spannt, die ihm (als Arbeits-
kraft) nichts kosten: Weib und Kind. Seiner Frau wird zur Last der Haus-
haltung noch die der Erwerbsarbeit aufgebürdet, der Haushalt verkommt, die
Frau wird erdrückt von der Menge ihrer Aufgaben, und sie wird unfähig, die
wichtigste derselben, ihre Mutterpflichten, zu erfüllen. Den Kindern raubt er die
Jugend; im zartesten Alter werden sie dem Spiel, oft auch der Schule entzogen,
um zu aufreibenden, Geist und Körper ertötenden Handreichungen gepreßt zu
werden.

So opfert der Handwerker und Bauer im Kampfe gegen den Großbetrieb
um des Lebens willen alles, was das Leben wert macht, gelebt zu werden.
Aber umsonst. Wie sehr er auch sich und die Seinen schinden mag, es gelingt
ihm nicht, die Leistungsfähigkeit des Arbeiters im Großbetriebe zu erlangen,
diese eilt der seinen immer weiter voraus, der Wert seiner Produkte sinkt immer
mehr und mehr, ihre Kaufkraft wird immer geringer, der Hungerriemen muß
immer enger und enger gezogen werden.

Das dankt er dem Privateigentum an den Produktionsmitteln. Dieses ist
heute nicht bloß zu einem Mittel geworden, den „kleinen Mann“ auszuschließen
von den ungeheueren Vorteilen, welche die Entwickelung der modernen Technik
mit sich bringt, es ist ein Mittel, welches ihn immer tiefer herabdrückt von der
Stufe, die er einst erklommen.

Seit einem halben Jahrhundert redet man von der Notwendigkeit, den Hand-
werkern und Bauern zu helfen. Die verschiedensten Parteien, liberale und
konservative, sind in den verschiedensten Ländern nacheinander am Ruder
gewesen. Geholfen hat keine. Es ist eben unmöglich, das Handwerk und die
kleine Bauernwirtschaft, diese namentlich nicht im Ackerbau, dem Großbetriebe

*) Die Großgrundbesitzer werden von den Kapitalisten unterschieden, weil das Grund-
eigentum in vielen Beziehungen anderen Gesetzen folgt als das Kapital. Von diesen
Unterschieden kann jedoch im obigen Zusammenhange abgesehen werden, so daß, was von
den Kapitalisten gesagt wird, hier (und auch später in der Regel) für die Großgrund-
besitzer mit gilt.
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[8/0010] würden die Vorteile des Großbetriebes jedermann zugute kommen. Unter der Herrschaft des Privateigentums an den Produktionsmitteln bleiben sie das Vorrecht einiger Weniger, die ausschließlich imstande sind, die Produktionsmittel der Großbetriebe zu erwerben und auszubeuten. Diese werden das Monopol einer kleinen Anzahl Personen – der Kapitalisten und Großgrund- besitzer. *)) Je mehr der Großbetrieb sich entwickelt, je mehr die Wissenschaft sich seiner bemächtigt und die alten Erzeugungsweisen umwälzt, um so größer wird aber auch der Unterschied zwischen der Leistungsfähigkeit des Arbeiters im Groß- betriebe und des Arbeiters im Kleinbetriebe; und je mehr die Großproduktion die herrschende Form der Produktion wird, desto mehr werden ihre Verhältnisse maßgebend für die Bewertung der Produkte. Ohne daß die Produktivität der Arbeit im Kleinbetrieb erheblich wächst, findet ein stetes und bedeutendes Sinken der Wertgrößen der verschiedenen Produkte statt. Jmmer geringer wird der Wert, den der Arbeiter des Kleinbetriebes in einem bestimmten Zeitraum, etwa einer Arbeitsstunde, erzeugt. Es kann so weit kommen, daß er in einem ganzen Tage nur ebensoviel Wert produziert, wie ein Arbeiter im Großbetriebe (des gleichen Jndustriezweiges) in einer Stunde oder noch kürzerer Zeit. Um mit dem Großbetriebe konkurrieren zu können, sieht er sich gezwungen, seinen Arbeitstag immer mehr und mehr zu verlängern. Er arbeitet 14, 16, 18 Stunden, mitunter noch mehr, bis zu völliger Erschöpfung. Er spannt alle seine Kräfte aufs äußerste an, arbeitet hastig, ohne Unterlaß, ohne Unter- brechungen, ohne Feiertage. Aber das genügt nicht, ihn ebenso leistungsfähig zu machen wie den Arbeiter an der Maschine. Er sucht sich zu verdoppeln und zu verdreifachen, indem er Arbeitskräfte ins Joch spannt, die ihm (als Arbeits- kraft) nichts kosten: Weib und Kind. Seiner Frau wird zur Last der Haus- haltung noch die der Erwerbsarbeit aufgebürdet, der Haushalt verkommt, die Frau wird erdrückt von der Menge ihrer Aufgaben, und sie wird unfähig, die wichtigste derselben, ihre Mutterpflichten, zu erfüllen. Den Kindern raubt er die Jugend; im zartesten Alter werden sie dem Spiel, oft auch der Schule entzogen, um zu aufreibenden, Geist und Körper ertötenden Handreichungen gepreßt zu werden. So opfert der Handwerker und Bauer im Kampfe gegen den Großbetrieb um des Lebens willen alles, was das Leben wert macht, gelebt zu werden. Aber umsonst. Wie sehr er auch sich und die Seinen schinden mag, es gelingt ihm nicht, die Leistungsfähigkeit des Arbeiters im Großbetriebe zu erlangen, diese eilt der seinen immer weiter voraus, der Wert seiner Produkte sinkt immer mehr und mehr, ihre Kaufkraft wird immer geringer, der Hungerriemen muß immer enger und enger gezogen werden. Das dankt er dem Privateigentum an den Produktionsmitteln. Dieses ist heute nicht bloß zu einem Mittel geworden, den „kleinen Mann“ auszuschließen von den ungeheueren Vorteilen, welche die Entwickelung der modernen Technik mit sich bringt, es ist ein Mittel, welches ihn immer tiefer herabdrückt von der Stufe, die er einst erklommen. Seit einem halben Jahrhundert redet man von der Notwendigkeit, den Hand- werkern und Bauern zu helfen. Die verschiedensten Parteien, liberale und konservative, sind in den verschiedensten Ländern nacheinander am Ruder gewesen. Geholfen hat keine. Es ist eben unmöglich, das Handwerk und die kleine Bauernwirtschaft, diese namentlich nicht im Ackerbau, dem Großbetriebe *) Die Großgrundbesitzer werden von den Kapitalisten unterschieden, weil das Grund- eigentum in vielen Beziehungen anderen Gesetzen folgt als das Kapital. Von diesen Unterschieden kann jedoch im obigen Zusammenhange abgesehen werden, so daß, was von den Kapitalisten gesagt wird, hier (und auch später in der Regel) für die Großgrund- besitzer mit gilt.

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2018-12-08T17:50:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-12-08T17:50:02Z)

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Zitationshilfe: Kautsky, Karl; Schönlank, Bruno: Grundsätze und Forderungen der Sozialdemokratie. 4. Aufl. Berlin, 1907, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kautsky_grundsaetze_1907/10>, abgerufen am 03.12.2024.